Gute Früchte für Gott Predigt zu Mk.12,1-12 am 5.3.2023

 Liebe Gemeinde,

 

Was bedeutet Dir eigentlich Jesus? Wer ist er für Dich?

Gottes Sohn! Der Heiland!

Das ist alles richtig, aber solche Begriffe bleiben für moderne, unreligiöse Menschen doch immer noch nebulös.

Wer ist für Dich also konkret Jesus?

Ein Mensch mit einer beeindruckenden Ethik, voller Barmherzigkeit, voller Versöhnungsbereitschaft, voller Friedenssehnsucht.

Wer ist für Dich Jesus?

Ein Heiler, ein Wundertäter. Einer der Blinde sehend macht und Lahme gehend, Taube hörend und Wahnsinnige zur Vernunft bringt.

Er ist einer, der Ausgestoßene besucht und Anstößige nicht verurteilt. Nicht alle, aber immerhin viele…

Das ist alles richtig.

Und doch ist es noch nicht alles.

Jesus ist nicht nur der, der Wunden verbindet. Er ist auch derjenige, der die, die Verwundungen an Körper und Seele verursachen beim Namen nennt. Jesus ist durchaus ein radikaler und politischer Mensch, der in unseren überlieferten Jesusvorstellungen allerdings wenig Platz findet. 

Doch das Markusevangelium berichtet von diesem Jesus sehr genau: Ich fasse zusammen…

Jesus bleibt nicht in seiner Heimat in Galiläa. Er zieht mit seinen Jüngern nach Jerusalem, ins Zentrum der Macht. Auf dem Weg nach Jerusalem begegnet er einem Feigenbaum. Jesus hat Hunger und sucht an dem Baum nach Früchten. Aber es gibt keine. Logisch. Es ist keine Zeit der Ernte. Trotzdem verflucht Jesus diesen Baum. Es ist als, ob Jesus erwarten würde, dass gute Früchte nicht abhängig von bestimmten Zeiten sein sollten. Beim Obst geht das nicht anders; aber Menschen können gute Früchte erbringen. Und das sollte ständig geschehen.

Der Feigenbaum wird zum Sinnbild dessen, was nun in Jerusalem passiert:

Jesus geht in den Tempel. Jesus wird handgreiflich und wirft alle Händler und Geldwechsler heraus und stößt ihre Tische um. Der Tempel soll ein Bethaus für alle Völker sein und kein Ort für Nepp und üble Geschäfte mit Devotionalien oder Opfergegenständen. Kein Wunder, dass die, die am Tempel mit den religiösen Pilgern selbst kräftige Geschäfte machen, diesen Jesus nicht gut finden. Auch die Hohenpriester und Schriftgelehrten gehören dazu. Sie überlegen schon, wie sie diesen radikalen Jesus aus dem Weg räumen können. Zusammen mit dem Ältestenrat am Tempel stellen sie Jesus zur Rede: Wer hat Dir erlaubt, so zu reden und zu handeln?

 

Jesus antwortet mit einem Gleichnis. Das ist heute der Predigttext:

 

Mk.12,1-12

DAS GLEICHNIS VON DEN BÖSEN WEINBERGSPÄCHTERN

121Dann wandte sich Jesus mit einem Gleichnis an sie. Er sagte:»Ein Mann legte einen Weinberg an, machte einen Zaun darum, baute eine Weinpresse und errichtete einen Wachtturm. Dann verpachtete er den Weinberg und verreiste.2Zur gegebenen Zeit schickte er einen Boten zu den Pächtern, um seinen Anteil am Ertrag des Weinbergs abholen zu lassen. 3Die Pächter aber verprügelten den Boten und ließen ihn unverrichteter Dinge abziehen.4Der Besitzer schickte einen zweiten, dem schlugen sie den Kopf blutig und behandelten ihn auf die schimpflichste Weise.5Da schickte er einen weiteren Boten. Den brachten sie sogar um. Und so machten sie es noch mit vielen anderen, die er schickte: Die einen wurden misshandelt, die anderen umgebracht. 6Schließlich blieb ihm nur noch sein eigener Sohn, dem seine ganze Liebe galt. Den schickte er zu den Pächtern, weil er sich sagte: ›Vor meinem Sohn werden sie Respekt haben.‹ 7Aber die Pächter sagten zueinander: ›Das ist der Erbe! Wir bringen ihn um, dann gehört seine Erbschaft, der Weinberg, uns!‹ 8So töteten sie ihn und warfen die Leiche aus dem Weinberg hinaus. 9Was wird nun der Besitzer des Weinbergs tun? Er wird selbst kommen, die Pächter töten und den Weinberg anderen anvertrauen. 10Ihr kennt ja wohl die Stelle in den Heiligen Schriften, wo es heißt:

›Der Stein, den die Bauleute als wertlos weggeworfen haben, ist zum Eckstein geworden.11Der Herr hat dieses Wunder vollbracht, und wir haben es gesehen.‹«

12Die führenden Priester, die Gesetzeslehrer und die Ratsältesten hätten Jesus gerne festgenommen; denn sie merkten, dass das Gleichnis auf sie gemünzt war. Aber sie hatten Angst vor der Menge. So ließen sie ihn unbehelligt und gingen weg.

 

In Russland, in der Türkei, in China oder dem Iran wäre Jesus wohl sofort festgenommen worden. Wer die Obrigkeit kritisiert, wer die Ruhe stört, wer Fehler aufdeckt und Gerechtigkeit fordert macht sich bei denen unbeliebt, die mit Korruption und Gewalt an der Macht kleben. Gerade von religiösen Führern sollte man gute Früchte erwarten können. Aber auch da herrschen oft Machtbesessenheit, Korruption und Vertuschungen…

 

Jesus deckt auf. Diese Auseinandersetzung ist für Jesus gerade noch mal gut gegangen. Aber das Gleichnis hat gesessen. Die obersten Religionsführer haben begriffen, dass Jesus ihnen mit diesem Gleichnis den Spiegel vorhält. Aus Jesaja kennen sie das Gleichnis vom Weinberg. Der Besitzer ist Gott, die religiösen Führer sind die Pächter, die aus dem Anvertrauten Gutes hervorbringen sollen. Sie sollen den Weinberg pflegen und hegen. Und sie sollen immer wissen, dass nicht sie die Besitzer sind, sondern dass Gott ihnen das Land und die Menschen nur anvertraut hat. Aber sie haben den eigenen Vorteil gesucht.

Immer wieder hat es Boten gegeben, die genau geschaut haben, wie die religiösen und politischen Führer mit Gottes Schöpfung und den Menschen umgegangen sind. Zu den Boten gehören die Propheten, aber man hat sie verspottet und mit leeren Händen fortgeschickt. Allen in Erinnerung war Johannes der Täufer, der Buße gefordert hat und nicht nur das Vollziehen glaubensleerer Rituale. Ihn hatte man nicht nur zurückgewiesen sondern tatsächlich verhaftet und ermordet. Und nun wird sogar der geliebte Sohn umgebracht.

 

Vielleicht haben die Hohenpriester und der Rat der Ältesten am Tempel das noch nicht verstanden: Wir aber wissen, dass Gott seinen eigenen Sohn Jesus Christus geschickt hat. Zumindest vor ihm, der Menschen geheilt hat, der den Ausgestoßenen und Verachteten Gottes Liebe gezeigt hat, der der Hoffnungsträger so vieler war, vor dem werden sie doch wohl Respekt haben. Wir wissen, dass es nicht so war. Jesu Weg wird am Kreuz enden, weil die Hüter der Macht sich durchgesetzt haben.

 

Ich erkenne in diesem Teil der Bibel einen Jesus, der sich nicht nur auf Innerlichkeit begrenzt. Ich erkenne nicht nur den diakonisch tätigen Jesus. Jesus ist nicht nur ein Prediger der Herzen. Jesus geht direkt und durchaus undiplomatisch an die Ursachen von Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit. Der römische Kaiser macht Druck auf das Volk. Die örtlichen Könige versuchen ihre Privilegien zu finanzieren und die religiösen Führer sind um nichts besser und pressen auch noch das Letzte aus dem Volk heraus. Jesus klagt an: Gerade die, die sich auf Gott berufen, sollten doch Vorbilder sein und gute Früchte liefern können und zwar jederzeit.

 

Nun könne man sagen: Wow, was für ein Jesus! Aber mit mir hat das doch nichts zu tun!

Der geliebte Sohn des Weinbergbesitzers, Jesus ist zwar am Kreuz ermordet worden, aber damit ist der Weinberg noch immer Eigentum des Besitzers, also Gott. Er vertraut ihn anderen an. Hüten wir uns davor, dem jüdischen Volk den Weinberg abreden zu wollen. Die religiösen und politischen Führer haben damals versagt. Nicht die Menschen in Israel, die darunter zu leiden hatten. Die Weinstöcke haben immer noch jüdische Wurzeln.

Überhaupt sollten wir nie mit dem Finger nur auf andere zeigen, denn bekanntlich weisen drei Finger mindestens auf einen selber zurück. Also:

Wie gehen wir mit dem uns von Gott anvertrauten Weinberg um? Was machen wir als Christen? Wo sind unsere guten Früchte erkennbar? Jeder für sich selbst oder als Gemeinde?

Können wir jederzeit gute Früchte vorweisen, wenn Gott vorbeischaut und wissen will, wie es in seinem Weinberg aussieht?

Ich bin froh darüber, dass wir zumindest nicht mit leeren Händen da stehen. Ich finde, das, was wir hier als Kirchengemeinde im Süden Teneriffas vorzeigen können, beachtlich. Viele Gruppen und eine oftmals volle Kirche. Ich wünsche mir immer, dass Menschen fröhlicher oder getroster aus der Kirche herausgehen, als sie hineingegangen sind. Manche sagen mir das auch so am Ausgang, andere behalten das für sich. Aber dass wir eine lebendige Gemeinde sind, die weiß, dass wir Pächter von Gottes Weinberg sind und nicht die Besitzer, wird immer wieder deutlich in dem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement. Ihr alle, die ihr im großen oder kleinen zur Ehre Gottes und zum Wohl der Menschen mitwirkt, sorgt für gute Früchte.

Aber das reicht alles nicht für ein selbstzufriedenes Denkmal. Wir wissen auch um unsere Unzulänglichkeiten. Wir wissen, dass Mühe allein oft nicht genügt. Wir stoßen auf Widerspruch, wir merken unsere Grenzen. Wir spüren unsere vergeblichen Bemühungen und manchmal auch bittere Niederlagen.

Um im Bild zu sprechen: Auch im Weinberg kann es mal Missernten geben. Dann ist aber die Frage, ob wir aufgeben? Ob wir aus Angst um Misserfolg feige weglaufen? 

Jesus ist nicht weggelaufen. Er hat Kritik klar benannt, auch da wo es wehtut. Er ist seinen Weg konsequent gegangen nach Jerusalem obwohl er wusste: Das kann am Kreuz enden. Diesen mutigen und konsequenten Jesus habe ich heute im Predigttext entdeckt. Ich weiß nicht, ob ich so mutig und so konsequent sein kann. Trotz mancher Sorge und fehlendem Mut möchte ich im Weinberg Gottes weiterarbeiten dürfen. Trotzdem möchte ich darauf vertrauen, dass Gott mich nicht hinauswirft, wenn er bei mir vorbeischaut und ich meine Unzulänglichkeiten aufgezeigt bekomme. Ich wünsche mir und meiner Kirche, dass wir heilen und verbinden, dass wir Ausgestoßene und Verachtete nicht gering schätzen, aber ich wünsche mir auch eine Kirche, die den Mut findet, Einspruch zu erheben, wenn Egoismus und Selbstherrlichkeit zu faulen Früchten führen. 

Übrigens: Ein Winzer hat immer ein wachsames Auge auf seine Rebstöcke. Wenn er klug ist, beseitigt er Schädlinge und korrigiert Maßnahmen, wenn sie sich als falsch herausgestellt haben. Auch diese Bereitschaft zur eigenen Kritik wünsche ich mir und uns allen gerade in der Kirche.

Amen!

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