Lukas 21,25-33 Gegen den Weltuntergang

Andreas ist Christ. Täglich geht er nach der Arbeit zur Gemeinschaft der Gläubigen. Aber was er hört, macht ihm Angst. Erst berichtet man ihm von der Hinrichtung des Apostel Paulus in Rom. Dann haben die Römischen Soldaten brutal einen Aufstand der Juden in Jerusalem niedergeschlagen. Der Tempel ist zerstört worden. Und nun erzählt man sich, dass man zuerst dem Kaiser huldigen muss und danach darf man erst seinen Gott anbeten. „Es gibt doch nur einen Gott, den man anbeten darf“, denkt Andreas. Aber dann hört er, wie Leute hingerichtet wurden, die sich nicht an das Edikt des Kaisers halten. Ist das das Ende der Zeit? Die große Apokalypse, das Ende dieser Welt? Überall heißt es, das Ende ist nah. Heute ist der Evangelist Lukas zu Gast in der Gemeinschaft. Er spricht zu den ängstlichen Männern und Frauen:

Lk. 21,25-28
25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, 26 und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. 27 Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. 28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.


Die Gemeinde nimmt Haltung an. Eigentlich wünschen sie den Römern den Tod an den Hals. Aber das entspricht nicht der Nächstenliebe, nicht dem, was Jesus gepredigt und gelebt hat. Sie beten noch intensiver. Und sie kümmern sich um die Alten und Kranken. „Die Zeit ist böse!“ denkt Andreas. „Und wenn die Erlösung naht, dann werde ich das nicht aufgeben woran ich glaube und ich werde nicht anders handeln, als wie Jesus es gelehrt hat.“

Das römische Reich ist vergangen. Christus ist nicht wiedergekommen. Doch die Worte bleiben…

1300 Jahre später…
…Albertus ist Stadtschreiber. Er ist für die Annalen, die Jahresberichte zuständig. Er berichtet über Kriege und Friedenszeiten, über die Einkünfte und notiert die Hochzeiten und Taufen. Natürlich auch Beerdigungen. Albertus bekommt bei dem Gedanken an die Beerdigungen Schweißperlen auf die Stirn. Es sind so viele in letzter Zeit. Man verscharrt sie nicht mehr. Man verbrennt sie draußen vor dem Stadttor. Der schwarze Tod hat Einzug gehalten: Die Pest. Niemand kann sie aufhalten. Kein Gebet, keine Isolation. Ein Alptraum! Das Ende der Zeit? Die Apokalypse? Albertus kann es nicht glauben: „Wenn dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich Eure Erlösung naht!“ Vielleicht danach… denkt Albertus. Im ewigen Leben; da könnte es Erlösung geben. Doch jetzt, die Pest! Das ist die Strafe Gottes! Frauen wurden Hexen genannt und für das Elend verantwortlich gemacht. Auch Juden und Ausländer, alle die irgendwie anders zu sein schienen.

Die Welt ist hat unter der Pest furchtbar gelitten, aber sie ist dadurch nicht untergegangen. Aber auch Christus ist wieder nicht erschienen. Doch die Worte sind geblieben: Erhebt Eure Häupter!
Irgendwann hat man auf Sauberkeit geachtet, auf Hygiene. Die Ratten waren aus der Stadt vertrieben und mit Ihnen auch die Pest. Irgendjemand hatte dazu die Idee und danach angefangen zu handeln. Braucht man für kluges Handeln Gott? Nein. Aber einer hat dem ganzen Spuk eines Hexen der Teufelswahns, Verschwörungstheorien und Schuldzuweisung etwas entgegengesetzt. Die Erlösung naht manchmal anders als man es erwartet.

Dann der Bombenhagel auf die deutschen Städte. Tausende Tote und Verwundete. Trümmer wohin man blickte. Feuersturm…Die Sonne, der Mond, die Sterne… alles rauchverhüllt. Schreie und Trauer.. Menschen vergehen vor Furcht. Was, wenn nicht das, sollte die Apokalypse sein? Doch dann: Inmitten der Verwüstung ein Feigenbaum. Ganz winzig ist eine grüne Knospe zu erkennen.

Lukas 21,29-33

29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an: 30 wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so wisst ihr selber, dass der Sommer schon nahe ist. 31 So auch ihr: Wenn ihr seht, dass dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist. 32 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht.33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.


Als ich Jugendlicher war, hörte ich die Nachrichten im Radio. Es gab eine Sturmflutwarnung für die Nordseeküste. Als Norddeutscher kennt man das. Aber dieses Mal, 1974, sollte es schlimmer kommen als sonst. Schlimmer noch als 1961. Einige Elbdeiche waren schon gebrochen. Der für uns wichtige Wümmedeich war schon überspült. Wenn der brechen sollte, würden wir absaufen. In der Bremer Neustadt müsste man einen Bahndamm sprengen, damit das Wasser auf die Wiesen strömen konnte. Apokalyptisch. Danach hat man Sperrwerke gebaut und die Deiche erhöht. Doch das wird jetzt nicht mehr reichen. Der Meeresspiegel steigt weiter an. Es gibt Regionen auf dieser Erde, da sind Dörfer und sogar Städte aufgegeben worden. Es ist Zeit zu handeln! Die Zeichen der Zeit sind unübersehbar. Die Klimaerwärmung? Unsere Apokalypse? Die Bilder sind durchaus furchteinflößend!

Doch wer hat ein Bild der Hoffnung? Ein Bild, dass den schrecklichen Bildern entgegengehalten werden kann und standhält? Panik kennt nur die Bilder der Angst. Zorn kennt nur die Bilder des Hasses. Blinde können die Farben nicht erkennen, weder die dunklen noch die hellen. Wenn Menschen die Zeichen der Zeit nicht erkennen und weitermachen wie bisher, und wenn diese Menschen dann auch noch die Zukunft in der Hand halten wollen, dann muss den Völkern bange werden vor dem Brausen und dem Wogen des Meeres. Wer also malt die Hoffnung? Wer steht fest, wenn die Kräfte der Himmel ins Wanken kommen?

Lukas malt ein Bild vom Feigenbaum. Wenn Du kein Leben mehr am Stamm erkennen kannst, dann treibt er mit einem mal doch wieder aus. Das Leben siegt. Und er malt das Bild vom Menschensohn. Wie er da steht. Unverrückbar, voller Hoffnung, geht er auf die Menschen zu, inmitten einer aus den Fugen geratenen Weltgeschichte.

Martin Luther malte ein Bild mit einem Apfelbäumchen. Wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen, soll er gesagt haben: Haltung annehmen und Handeln, voller Gottvertrauen. 

Auch wir malen heute wieder ein Licht in die Dunkelheit. Nicht diese grellen, hässlich bunten Lichtverschmutzer an den Balkonen: die blinken und blenden. Nein am Adventskranz: Ein stilles Licht. Manchmal flackert es. Aber es gilt, was wir im Advent auch singen:
Wie soll ich Dich empfangen und wie begegnen Dir …. O Jesu, Jesu setze mir selbst die Fackel bei, damit was Dich ergötze, mir kund und wissend sei.

Erhebet Eure Häupter, Haltung annehmen, Glauben ernst nehmen, beten und handeln. Inmitten dieser schönen und oftmals doch so gefährdeten Welt brauchen wir Zeichen, die uns nicht verzweifeln oder in Panik verfallen lassen. Zeichen der Nachdenklichkeit. Zeit für Ideen, wie Christen diese Welt mit gestalten können. Bilder, die sich in die Herzen malen lassen. Und Licht, damit wir einander sehen, ermutigen und trösten.

Es ist Advent. Christus spricht: Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

Amen!

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