Gott erkennen - Predigt zu Ex.33 am 15.1. 2023

2. Mose (Ex) 33,18-23

18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen! 19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will ausrufen[1] den Namen des HERRN vor dir: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.


 Liebe Gemeinde,

… und armer Mose: Seit Monaten führt er schon sein Volk Israel an. Aus der Sklaverei in Ägypten hin in ein gelobtes Land, wo Milch und Honig fließen sollen.  Er  Mose ist kein Revoluzzer, keiner der mit eigenen Ideen die Leute fesselt. Mose ist von Gott auserwählt worden, um eine bessere Zukunft zu erreichen. Sogar gegen den eigenen Willen. Damals, als Gott ihm den Auftrag aus dem brennenden Dornbusch gab, fragte Mose, wie soll ich Dich – Gott - den Leuten erklären? Und Gott sagte nur: Ich werde sein, der ich sein werde! Schwierig zu verstehen ist er dieser Gott. Immerhin war Gott da, als Israel in der Sklaverei war. 10 Plagen schickte Gott und der Pharao ließ die Israeliten gehen. Beeindruckend war dieser Gott! Doch dann kam der Rückschlag: Die ägyptischen Truppen rückten mit einem Mal doch nach. Das Volk war in Panik! Hinter ihnen lag das verhasste Sklavenland, vor ihnen war das Schilfmeer und die Wüste. Die Leute fragten Mose: Wo ist dein Gott jetzt? In letzter Minute konnten die Israeliten durch das Schilfmeer fliehen. Doch statt das gelobte Land zu erreichen, befindet es sich nun in der Wüste. Kein gelobtes Land. Nur Sand und Fels wohin das Auge schaut. Das Volk mault und klagt Mose an: Wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben. Und als Mose auf den Berg Sinai steigt um die 10 Gebote zu erhalten, bauen sich die Israeliten einen eigenen Gott: Goldglänzend, kraftvoll wie ein Stier, Zukunft verheißend wie der aus Bronze gegossene Bulle an der Frankfurter Börse. So stellen die Leute, nicht nur die Israeliten sich Gott vor: Mit Gott geht alles besser, wird alles gut.  Warum sollte man etwas anbeten, was man nicht sehen, nicht fassen und nicht hören kann? Mose ist zornig! Was ist das für ein halsstarriges Volk? Es meckert ständig herum, sieht nicht die Anstrengungen des Anführers, will alles haben, aber wenig dafür tun. Dire Menschen bauen sich ihre Religion so zurecht, dass es für sie passt. Unter die Hand des Gottes, der in keine Idee und kein Bild passt, beugen sie sich nicht.

Und wieder bricht ein neuer Morgen heran. Mose schaut aus seinem Zelt. Wieder nur Sand und Fels. Es wird wieder ein harter Tag. Welche Attacke wird heute kommen? Was wird das Leben heute schwer machen?

Mose redet mit Gott: Lass mich bloß nicht alleine hier. Gib mir Klarheit, wie es weitergeht. Zeige mir dein Angesicht, damit ich wirklich weiß, dass du mich nicht alleine lässt. Gott antwortet. Immerhin! Ja er wird sein Angesicht vorangehen lassen, denn Gott ist gnädig, zugewandt. Er sagt noch: Mose, ich kennen dich doch sogar mit Namen!

Doch diese ständigen Andeutungen Gottes reichen Mose nicht. Auch er braucht etwas Handfestes für seinen Glauben und spricht: Lass mich deine Herrlichkeit sehen!

„Herrliches Wetter!“ sagen wir, wenn keine Wolke den Himmel trübt, wenn kein Tiefdruck in Sicht ist, wenn kein Sturm alles durcheinander wirbelt; wenn alles klar ist!

Lass mich deine Herrlichkeit sehen! Gott, nur einmal wissen, wie du wirklich bist! Einmal ohne Symbolik und blumige Umschreibungen. Keine gesichtslose Stimme aus dem Dornbusch, keine Feuer- oder Wolkensäule; keine Krippe und kein Kreuz. Gott wie bist du? Zeige Dich doch einmal gänzlich unverhüllt, damit ich sehe und spüre: Du bist wirklich da in meinem Leben und dem der Menschen, die um mich sind. Ich finde diese Sehnsucht verständlich:

Ich frage mich das manchmal auch: Gott wer bist du eigentlich? Lieber Gott? Zorniger Gott? Erkennbarer Gott oder verborgen? Gott im Himmel oder in menschlicher Gestalt unter uns Menschen auf Erden? Bist Du da, wenn Menschen sich wie in einer Wüste fühlen? Wenn das Leben staubig schmeckt und nicht einmal der Horizont ein Lebenszeichen erkennen lässt? Bist Du da, wenn Bomben fallen und Raketen einschlagen? Bist Du da, wenn ein Mensch stirbt? Bist Du da, wenn eine schlimme Diagnose das Leben auf den Kopf stellt? Bist Du noch da, wenn die Erde sich immer weiter erwärmt? Bist Du da, wenn das Dumme und Böse immer wieder übermächtig erscheint? Bist Du da, wenn das gelobte Land so unendlich weit und unsichtbar bleibt?

Immer wieder beten wir die Worte Jesu, die mit der Feststellung enden: Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit…

Lass uns deine Herrlichkeit sehen, damit wir Klarheit und Eindeutigkeit haben. Und es wäre nicht schlecht, wenn du Gott, wie ein glänzender Stier, einmal das Übel und die Bösen zurechtweisen würdest und zeigst, wer letztlich das Sagen hat.

Doch Gott sagt: Kein Mensch wird leben, der mich sieht. Es muss dir Mose und dir Mensch reichen, wenn ich verspreche verlässlich zu sein: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. Mose, ich werde an dir vorrübergehen. Hinter mir darfst du her sehen. Aber du wirst mich nicht kommen sehen.

Es bringt nichts, sich Gott wie ein Bild auszumalen. Gott wäre dann wie die Buddhastatue aus der Gartenabteilung eines Baumarktes. Ein Produkt aus menschlicher Herstellung mit religiösem Touch ohne lebendige Gnade oder Barmherzigkeit, ohne persönliche Zuwendung, ohne Verheißung. – Wir sehen Gott nicht kommen, wir sehen, hören und fühlen ihn nicht. Wir können aber seine Spuren feststellen, wie einer, der vorübergegangen ist.

Im Vorgespräch für diese Predigt haben wir einmal versucht darüber zu reden, wo wir Gottes Spuren in unserem Leben entdeckt haben. Das ist gar nicht so leicht darüber zu reden. Jemand berichtete von einer Heilungsgeschichte, die ein echtes Wunder war; noch dazu, weil vorher so intensiv gebetet wurde. Eine Spur Gottes. Zufall sagen andere. Wenn Menschen Spuren Gottes in ihrem Leben entdeckt haben, dann muss das für andere kein nachvollziehbarer Beweis für die Existenz Gottes sein. Aber für denjenigen, der das glaubt, ist es ein erkennbares Stück von der Herrlichkeit Gottes.

Ich selber war von Geburt an gehbehindert. Nach einem Unfall konnte ich 2 Jahre schließlich gar nicht mehr gehen. Heute bin ich Montags euer Wanderführer. Der liebe Gott hat mich im wahrsten Sinne des Wortes nicht sitzen gelassen. Das war dein Ehrgeiz sagen andere. Mag sein. Vielleicht kommt es auf die innere Bereitschaft an, Gottes Spuren überhaupt erkennen zu wollen, mit Gott zu rechnen.

Das lerne ich von Mose: Er ist bereit mit Gott zu rechnen. Trotz aller Zweifel, die es gibt, wenn man nur Wüste sieht und das Ziel des Lebens nicht erkennt. Er redet mit Gott und er hat das gewisse Gespür, Gottes Worte auch zu hören oder zu erahnen. Offenbar hat das Volk nicht immer dieses Gespür. Sonst würde es nicht ständig meckern und alles in Zweifel ziehen.

Und offenbar braucht es Menschen wie Mose, die allen Anfeindungen und Kritiken zum Trotz Gott immer wieder suchen. Nur so findet Mose letztlich den Weg durch die Wüste für sich und seine Leute. Es ist nicht der kürzeste Weg, den Gott vorgibt. Und selbst wenn, dann gehen wir manchmal eigene Umwege, weil wir nicht rechtzeitig verstehen, was Gott mit uns vor hat. Wir sehen ihn eben nicht von vorne kommen. Wir können nur darauf vertrauen, dass er uns vorausgeht oder uns begleitet. Menschen, die ein Gespür für Gottes Gegenwart haben, für seine Gnade und Barmherzigkeit, können dann auch Fehler zugeben, können die Kraft aufbringen, umzukehren und neue Wege zu wagen.

Als Christen haben wir einen Vorteil gegenüber Mose und den Israeliten: In Jesus Christus wird deutlich, was es heißt auf Gottes Spuren zu gehen: Vertrauen wagen, helfen, wo es geht; zurechtweisen wo es angebracht ist und vergeben, wenn jemand Fehler zugibt. Die Würde des anderen achten und das eigene Leben wertschätzen. Daran glauben, dass das Leben mehr ist als die Zeit zwischen geboren werden und sterben. Darauf vertrauen, dass wir von Gott geliebte Menschen sind. Wenn das umfassend gelänge, würden wir sehr viel von der Herrlichkeit Gottes sehen und erleben. Aber so perfekte Christen sind wir in der Regel nicht.

Deshalb stellen wir uns wie einst Mose in die Felsnische und vertrauen darauf, dass Gottes Hand über uns ist und dass er uns vorausgeht, auch wenn wir ihn nicht sehen.

Amen!

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