Frohe Botschaft ohne Spektakel Predigt am Sonntag nach Epiphanias über 2. Kor.4,1-6

 Liebe Gemeinde,

Reyes heißt der 6. Januar in Spanien. Heilige drei Könige in den deutschsprachigen katholischen Gegenden. Auch auf den Kanaren bekommen die Kinder am 6. Januar Geschenke: Von den Heiligen Dreikönigen und nicht vom Weihnachtsmann. Unzählige Traditionen haben sich herausgebildet: Die heiligen drei Könige kommen mit dem Schiff, sie landeten schon am 5. Januar mit dem Hubschrauber in Adeje in ein Stadion; auf dem großen Umzug (der Cabalgata) in Toledo verteilen die Heiligen Dreikönige 5000 Kilo Süßigkeiten an die Kinder. Tausende Menschen und Touristen kommen da zusammen. Kein Wunder, dass wir Evangelischen da ziemlich alt aussehen. Ich weiß noch, wie ich ratlos in einer fast leeren Kirche Gottesdienst feiern wollte, obwohl es sonst immer voll war. Die Leute sind beim Umzug vom Dreikönigstag in Adeje verriet man mir. 

Wir Evangelischen nennen das Fest Epiphanias. Das versteht heute kein Mensch mehr. Es wird auch nicht besser, wenn man das übersetzt: Erscheinungsfest. Für uns ist es der letzte Sonntag der Weihnachtszeit. Die Erscheinung Gottes wird mit dem Licht symbolisiert. Der 6. Januar ist gleichzeitig das Datum, in dem der Weihnachtsbaum entsorgt wird. Ende der Weihnachtszeit. So schmucklos ist evangelische Theologie.

 

Natürlich haben wir Evangelischen Recht: Die Bibel erzählt nicht von Königen, sondern von Magiern aus dem Orient. Die Bibel erwähnt keine Anzahl. Die Legende von den 3 Königen kam erst dreihundert Jahre nach Christus auf. Und Heilig gesprochen wurden Kaspar Melchior und Kaspar von der katholischen Kirche nie. Und doch wären unsere Kirchen wohl voller, wenn wir mehr Tradition, mehr Show, mehr farbenfrohes Spektakel inszenieren würden, wie zum Beispiel in Adeje oder Toledo.

 

Nicht spektakulär genug sein für die Leute! Mit solchen Vorwürfen musste sich auch der Apostel Paulus rumschlagen. Seine Predigten seien zu ernst, zu christologisch. Andere würden besser predigen, würden mehr Eindruck schinden. Die anderen orientieren sich mehr am Erfolg, an der eigenen Größe und Schönheit, selbst wenn es geschauspielert oder übertrieben ist. Was für ein Botschafter ist dagegen Paulus, der immer wieder im Gefängnis sitzt und oft kränkelt.

 

Paulus, so würden sie heute sagen: Flieg doch mit dem Hubschrauber nach Korinth und lande vor der Gemeinde. Das Spektakel lässt sich dann keiner entgehen. Verteile 5000 Kilogramm Süßigkeiten und nicht nur die Kinder werden dir zujubeln. Begleite deine Worte mit fetziger Musik, dann werden die Leute mit schunkeln oder tanzen.

 

Aber Paulus antwortet: (Predigttext 2.Kor.4,1-6)

Der Auftrag des Paulus1 Darum, weil wir dieses Amt haben nach der Barmherzigkeit, die uns widerfahren ist, werden wir nicht müde, 2 sondern wir haben uns losgesagt von schändlicher Heimlichkeit und gehen nicht mit List um, verfälschen auch nicht Gottes Wort, sondern durch Offenbarung der Wahrheit empfehlen wir uns dem Gewissen aller Menschen vor Gott. 3 Ist aber unser Evangelium verdeckt, so ist’s denen verdeckt, die verloren werden, 4 den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes. 5 Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. 6 Denn Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.

 

Keine Heimlichkeit, keine List, keine Verfälschung von Gottes Wort. Paulus ist ganz protestantisch. Nur durch die Offenbarung der Wahrheit empfehlen wir uns dem Gewissen aller Menschen vor Gott.

 

Allerdings haben wir Evangelischen auch bestimmte Bilder von Gott transportiert: In fast allen Kirchen sieht man irgendwo den gekreuzigten Christus. Als ob das das einzige wäre, was Jesus ausmacht. Wo ist der feiernde Jesus, der  Wasser in Wein verwandelt? Wo ist der Jesus, der mit den Menschen von den Hecken und Zäunen eine Party feiert? Wo ist der vergebende Jesus in unseren Kirchen zu sehen? Weshalb gibt es gerade bei den Evangelischen den Spruch: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort? Der Gekreuzigte ist ein wichtiger Teil der Wahrheit, aber doch auch der Auferstandene. Welches Bild von Jesus haben wir im Kopf? Was ist davon Tradition, was ist uns einmal überliefert worden? Was ist davon tatsächlich Gottes Wort? Was für ein Bild von Jesus haben die Weisen aus dem Morgenland, nachdem sie dem Kindlein begegnet sind, mit auf ihren Weg genommen?

 

Eigentlich geht es doch am Erscheinungsfest tatsächlich darum, das helle Licht des Evangeliums, wie Paulus es nennt, in den Mittelpunkt zu stellen und nicht unsere Wunschvorstellungen oder mehr oder weniger sinnvollen Überlieferungen und Spektakel.

Wir predigen nicht uns selbst, schreibt Paulus, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist. Gott selbst sagt: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.

 

Der niederländische Sänger und Künstler Herman van Veen hat einmal eine wunderbare Geschichte erzählt: Als Gott einmal auf die Erde kam… Vor allem wundert Gott sich, dass eine Kirche, wenn sie denn Haus Gottes sein will, oft so dunkel und muffig ist. Sie müsste doch hell sein und lebendig voller Farben. Ein Licht in der Finsternis. Ein Ort an dem ein heller Schein die Herzen erfüllt.

 

Paulus kritisiert all diejenigen, die das Evangelium verdecken: Durch Irrlehren und Legenden, Hinterlist, durch Spektakel, die vom Eigentlichen nichts mehr erzählen können. Paulus sieht da eine regelrechte Gefahr: Menschen bekommen den Sinn verblendet, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums.

 

Und Verblendete haben wir leider mehr als genug. Die Kriegstreiber und die Gierigen, diejenigen, die keinen Respekt vor Menschen, aber auch nicht vor Religionen und deren Werten haben. Für mich sind diejenigen, die Silvester Polizei und Feuerwehr angegriffen haben kriminelle Verbrecher. Ein deutscher Kriminologe sieht in ihnen dagegen Menschen, die sich vernachlässigt fühlen. 

 

Wo leben wir, dass Menschen nicht mehr klaren Verstand und Respekt haben? Mir macht das Angst und große Sorge. Paulus spricht alternativlos vom Gewissen der Menschen vor Gott. Und er sagt ebenso alternativlos, dass Menschen die das Evangelium von der Menschwerdung Gottes verdecken und deshalb auch nicht entdecken - verloren sind. Mit anderen Worten: Wo es keine Werte mehr gibt, da ist eben auch alles wertlos. Wo Gott nicht gekannt wird, feiert der Teufel fröhliche Feste. Wo das Licht des Evangeliums nicht die Herzen erleuchtet, da siegen finstere Gedanken. Da rückt man Eigeninteressen in den Mittelpunkt und verliert die Demut vor Gott und der Schöpfung. Was also tun?

 

Die Weisen aus dem Morgenland  zeigen es: Sie kommen aus dem Orient. Sie folgen aber nicht den eigenen Überlieferungen und Traditionen, sie folgen nicht der eigenen Sucht nach Macht. Sie merken, dass Gott nicht zu finden ist, wo die Zentren der Macht und Gewalt sind. Sie merken die Hinterlist und Scheinheiligkeit des König Herodes. Sie gehen den Schleimern und Verschwörungstheoretikern nicht auf den Leim. Sie können auf materielle Werte verzichten und werden dadurch nicht ärmer. Gold, Myrrhe, Weihrauch. Was ist das letztlich, wenn man es nur in eigenen Händen behält? Der Mensch zählt! Das merken sie, als sie das Kind sehen und es anbeten. Hohn und Gewalt haben keinen Platz. Respekt und Demut schon.

 

Es gibt einiges an diesem Erscheinungsfest zu entdecken. Es lohnt sich Epiphanias zu feiern. Von mir aus auch heilige Dreikönige, wenn denn das Evangelium dadurch ans Licht kommt und das Wesentliche nicht verdeckt wird.

 

Wir sollen Gott nicht auf ein Bild festlegen. Das wäre Ideologie. Es reicht zu glauben, dass mit Jesus Christus Finsteres in ein anderes Licht gerückt wird; ja dass das Licht die Aufgabe hat, Dunkles zu vertreiben. An die segensreiche Kraft des Evangeliums möchte ich glauben mit Euch zusammen!

 

So gehen wir in dieses neue Jahr. Trotz allen finsteren Nachrichten - mit dem Licht des Evangeliums im Herzen -zuversichtlich! Bleibt behütet und mutig. Amen!

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