Weihnachtspredigt 2022 zu Kol.2,4-10

 Liebe Gemeinde,

Ohne Weihnachtsbaum wäre Weihnachten nicht vollständig. Ich dachte es geht ohne. Geht aber nicht. Die bekannten Lieder gehören auch dazu. Weihnachten ohne „Stille Nacht“ oder „O Du Fröhliche“? Undenkbar. Die einen brauchen Geschenke, die anderen schätzen den Familienbesuch. Es gibt so Gewohnheiten, Symbole, Geschichten und Lieder, die uns Weihnachten zu einem fröhlichen und reichhaltigen Fest werden lassen.

Der Apostel Paulus hat das alles nicht gehabt. Er kannte keinen Weihnachtsmann und keine Weihnachtsbäckerei. Er kannte keine besinnlichen Weihnachtslieder und hatte nie eine Weihnachtskrippe sehen dürfen. Sogar die Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas kannte er noch nicht. Hirten oder die Weisen aus dem Morgenland? Ein Fest wegen der Geburt Jesu? Paulus hätte verständnislos mit dem Kopf geschüttelt.

 

Vielleicht hätte er heute gesagt: Wie man die Botschaft von Weihnachten verpackt soll jedem selbst überlassen sein. Gans oder Bockwurst mit Kartoffelsalat, Lametta oder schmucklos, leise rieselnder Schnee oder Teneriffa… Sogar ob man im Kreis der Lieben feiert oder alleine ist: Letztlich ist das alles Verpackung. Auf den Kern kommt es an: Gott hat in Jesus Christus menschliche Gestalt angenommen. An ihn glauben und das Leben danach ausrichten: Das ist alles.

 

In den Worten des Apostels klingt das dann so: Ich lese den Predigttext für den heutigen Weihnachtsfeiertag aus dem 2. Kapitel des Kolosserbriefes:

 

Kol.2,3-10


3 In ihm liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. 4 Ich sage das, damit euch niemand betrüge mit verführerischen Reden. 5 Denn obwohl ich leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und freue mich, wenn ich eure Ordnung und euren festen Glauben an Christus sehe. 6 Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so lebt auch in ihm, 7 verwurzelt und gegründet in ihm und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und voller Dankbarkeit. 8 Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie und leeren Trug, die der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt folgen und nicht Christus. 9 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, 10 und ihr seid erfüllt durch ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist.

 

Eigentlich müsste Paulus mir ja als Norddeutscher und Protestant gefallen: Sich auf das Wesentliche konzentrieren; Schnick und Schnack brauchen wir nicht. Christus in den Mittelpunkt stellen, das ist gut protestantisch; Wir Evangelischen beten nur zu Jesus Christus und verehren keine Heiligen auch keine Maria. Maria war eine junge Frau. Die Legende von der Jungfrau ist letztlich ein trügerisches Kirchendogma auch wenn diese Tatsache den Katholiken und Orthodoxen Schwestern und Brüdern weh tut. Auf den Glauben an Gott und Jesus kommt es an, nicht auf die Konfessionszugehörigkeit oder das Einhalten von moralischen Grundsätzen.

 

In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Fertig!


Trotzdem behagt mir diese nüchterne und so richtige Theologie des Paulus nicht. Sie ist wie trockenes Brot, das zwar immer noch Brot ist, aber eben nicht schmeckt und schwer verdaulich ist. Es ist richtig: Die weihnachtlichen Verpackungen dürfen den christlichen Inhalt, den Schatz nicht verdrängen. Jedoch zeigen sie die Sehnsucht, die in uns wohnt nach ein wenig Glanz in oft staubiger Lebenswirklichkeit; Krippenspiele, das Miteinander in den Familien oder unter Freunden zeigen den Traum von einer friedlichen und segensreichen Zeit; mindestens an den Weihnachtsfeiertagen, wenn es denn schon nicht das Jahr über friedlich ist. Wir wünschen uns wahrgenommen zu werden, packen Geschenke aus oder nehmen den anderen als Geschenk wahr. Der Zauber der Weihnachtstage lässt auch Muslime und Juden, Buddhisten oder Hindus nicht kalt. Die Weihnachtsbotschaft rührt zu großer Spendenbereitschaft auch über kulturelle oder weltanschaulichen Grenzen hinweg. Die Sterndeuter aus dem Orient und die jüdischen Hirten begegnen dem Christuskind. Das sind die Geschichten, die uns träumen lassen, die uns hoffen lassen, dass die Menschen dieser Welt eigentlich in Frieden und Gerechtigkeit zusammenleben wollen und dass das auch möglich sein müsste.

Wo wird die Hoffnung auf ein beschütztes und erfülltes Leben mehr spürbar, als beim Anblick eines kleinen Kindes? Das Leben ist zerbrechlich. Das Leben ist angewiesen auf Liebe, Zuneigung und Wärme. In der Krippe von Bethlehem wird unser eigenes Leben, wird Gottes Schöpfung sichtbar. In Jesus Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Gott hat ein Interesse daran, dass unser Leben beschützt und erfüllt ist. Wie gottlos sind die, die Kinder missbrauchen oder wie einst der König Herodes Kinder um der eigenen Macht willen abschlachten lassen? Das ist ja nicht nur biblische Geschichte. Das geschieht auch noch am Weihnachtsfest 2022. Gottlos ist die Welt an vielen Stellen. Ohne Gott wird die Welt menschenverachtend. Deshalb gibt es umso größere Freude und Dankbarkeit, wenn wir uns verkündigen lassen: Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr! Gott ist da. Deshalb feiern wir Weihnachten. Wir verpacken, was uns kostbar und wichtig ist. Den Zerstörern des Lebens halten wir unsere geschmückten Häuser entgegen; den Hiobsbotschaften singen wir o du Fröhliche, den Brutalen zeigen wir die Krippe von Bethlehem; die Traurigen entdecken irgendwo einen Engel. 

 

Weihnachten wohnt die ganze Fülle der Gottheit inne. Manche Symbolik empfinde ich als Kitsch. Hektisch blinkende Lichterketten oder flanierende Menschen mit leuchtendem Rentiergeweih oder der Mütze des Coca Cola Weihnachtsmannes auf dem Schädel. Weihnachtlich finde ich das nicht. Das hat mit inhaltsleeren Geschichten zu tun. 

Ich merke immer mehr: Weihnachten ist auch Protest für mehr Menschlichkeit. Alle Verpackungen deuten letztlich auf den Kern hin: Gott hat die Welt geliebt und ist Mensch geworden mitten unter uns! Christen gehen gegen die gottlosen Mächte  voran und freuen sich über alle, die mitziehen: denn wir sind erfüllt durch ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist. In Christus wohnt die ganze Fülle Gottes. 

Und deshalb geht es Weihnachten auch immer um Zukunft. Wer sich zu der letzten Generation zählt verweigert die biblische Botschaft von Weihnachten. Wer sich festklebt, will Stillstand. Der kann sich nicht aufmachen wie die Hirten oder die Weisen aus dem Morgenland. Und wer sogar den Weihnachtsgottesdienst in Stuttgart stören wollte, hat seine eigene Philosophie nicht nur über das Recht gestellt, sondern vor allem gegen die Verbreitung der Weihnachtsbotschaft. Es ist ein gutes Gefühl, dass die Weihnachtsbotschaft auch in Stuttgart gesiegt hat. Christus ist das Haupt aller Mächte und Gewalten!

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre und stärke Eure Herzen und Sinn in Christus Jesus. Amen!

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