Jona -darum geht es... Predigt am 1.Sonntag nach Trinitatis Jona 1,1-2,2+11

Liebe Gemeinde,

Jona und der Walfisch: Das ist eine der bekanntesten Geschichten aus dem Alten Testament. Ich lese die für heute vorgeschlagene Kurzfassung aus den ersten beiden Kapiteln beim Propheten Jona:

 

Jona, 1,1 – 2,2+11

 

 1 Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amittais: 2 Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen. 3 Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem HERRN nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren, weit weg vom HERRN. 4 Da ließ der HERR einen großen Wind aufs Meer kommen, und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen. 5 Und die Schiffsleute fürchteten sich und schrien, ein jeder zu seinem Gott, und warfen die Ladung, die im Schiff war, ins Meer, dass es leichter würde. Aber Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, lag und schlief. 6 Da trat zu ihm der Schiffsherr und sprach zu ihm: Was schläfst du? Steh auf, rufe deinen Gott an! Vielleicht wird dieser Gott an uns gedenken, dass wir nicht verderben. 7 Und einer sprach zum andern: Kommt, wir wollen losen, dass wir erfahren, um wessentwillen es uns so übel geht. Und als sie losten, traf's Jona. 8 Da sprachen sie zu ihm: Sage uns, um wessentwillen es uns so übel geht? Was ist dein Gewerbe, und wo kommst du her? Aus welchem Lande bist du, und von welchem Volk bist du? 9 Er sprach zu ihnen: Ich bin ein Hebräer und fürchte den HERRN, den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat. 10 Da fürchteten sich die Leute sehr und sprachen zu ihm: Was hast du da getan? Denn sie wussten, dass er vor dem HERRN floh; denn er hatte es ihnen gesagt. 11 Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir denn mit dir tun, dass das Meer stille werde und von uns ablasse? Denn das Meer ging immer ungestümer. 12 Er sprach zu ihnen: Nehmt mich und werft mich ins Meer, so wird das Meer still werden und von euch ablassen. Denn ich weiß, dass um meinetwillen dies große Ungewitter über euch gekommen ist. 13 Doch die Leute ruderten, dass sie wieder ans Land kämen; aber sie konnten nicht, denn das Meer ging immer ungestümer gegen sie an. 14 Da riefen sie zu dem HERRN und sprachen: Ach, HERR, lass uns nicht verderben um des Lebens dieses Mannes willen und rechne uns nicht unschuldiges Blut zu; denn du, HERR, tust, wie dir's gefällt. 15 Und sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Da wurde das Meer still und ließ ab von seinem Wüten. 16 Und die Leute fürchteten den HERRN sehr und brachten dem HERRN Opfer dar und taten Gelübde. 1 Aber der HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte. 2 Und Jona betete zu dem HERRN, seinem Gott, im Leibe des Fisches. 11 Und der HERR sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.


Worum geht es?

Klar: Um Jona und den Wal. Aber die Geschichte beginnt wo-)anders. In Ninive. Die Ruinen von Ninive stehen in der irakischen Stadt Mossul., am Fluss Tigris. Da gibt es keine Wale. Einst war Ninive die Hauptstadt des Assyrerreiches. Im Gedächtnis des Volkes Israel ist Ninive mit den Eroberungszügen des Assyrreiches verbunden. Auch der Norden Israels wurde von Ninive aus erobert. Ninive steht für Großmachtstreben. Auch für Reichtum, andere Gottheiten. Das Buch Jona hat nur einen Namen dafür: Ninive ist von Bosheit geprägt. Und weil die Historie im Buch Jona nicht zählt, geht es um alle Orte, an denen es nicht gut läuft; in denen Gottlosigkeit, Sorglosigkeit, Rücksichtslosigkeit und andere Losigkeiten das Leben bestimmen. Egoismus allenthalben...Das kann und soll so nicht weitergehen, sagt Gott: Jona soll gegen Ninive predigen.

Jona weiß, dass die Leute ungern Kritik hören wollen oder ertragen können. Ganz egal wo! Er weiß, wie das ist, wenn man sich einmischt. Das Geringste wäre, verspottet zu werden. Vielleicht wird man auch geschlagen oder gar getötet. Ninive, Belarus, Honkkong; vielleicht sogar manchmal bei uns. 
Darum geht es also auch im Buch Jona: Wo mischen wir uns ein? Wo sind wir zu feige? Wo schauen wir weg? Wo sagen wir: das geht mich ja eigentlich nichts an? Wann widersprechen wir, wenn einer in unsere Nähe dumpfe Parolen von sich gibt? Wann protestieren wir, wenn einer sagt: Die Ausländer sind Schuld oder die Juden oder Corona ist nur eine harmlose Grippe? Wann fordern wir auf, sich gut zu informieren, anstatt das zu glauben, was einfach scheint und für uns unkritisch ist? Darum geht es. Um Zivilcourage. Um Recht, Anstand, Gottesfurcht. Gott will, dass Jona sich einmischt. Aber Jona traut sich das nicht zu. Er hat Angst. Er fühlt sich überfordert. Darum geht es also auch: Um unsere Ängste und Sorgen; um das, was uns überlastet und an die Grenzen bringt.

Jona flieht vor seiner Aufgabe und er flieht vor Gott. Von Ninive ganz im Osten flieht er ans andere Ende der damaligen Welt. Nach Tarsis, im heutigen Andalusien in Spanien. Er kauft ein Ticket für die Fähre, geht an Bord. Einfach weg von allem, was die Seele belastet. Auch weg von Gott und dem was man eigentlich tun sollte.

Doch vor Gott kann man nicht einfach fliehen. Gott ist nicht nur in Ninive und nicht nur in Israel. Gott lässt das Meer toben. Das Schiff kommt auf dem Mittelmeer in Seenot.

Seeleute sind raue Leute, aber sie sind durchaus religiös. Sie fürchten den Klabautermann und sagen: Eine Frau an Bord bringt Unglück. Seeleute kommen auf einem modernen Handelsschiff heute aus allen möglichen Ländern. Kein Wunder, dass jeder von ihnen seinen Gott anruft, damit das Unwetter sie verschone. Jona schläft, doch der Kapitän weckt ihn, damit Jona seinen Gott anrufe. Darum geht es also in der Jonageschichte auch:

Um diese Multikultiwelt. Alle Glaubensrichtungen und Religionen zählen an Bord gleichviel. Das klingt gut in unseren toleranten Ohren. Aber es bringt nichts. Bringt keine Orientierung, wenn jeder tut und denkt, was er will ohne miteinander ins Gespräch zu kommen. 

Seeleute brauchen aberOrientierung, brauchen einen Kurs; sie sind klug. Sie fragen deshalb Jona alles mögliche: Woher kommst du? was machst du beruflich? zu welchem Volk gehörst du? Miteinanderreden, das bringt etwas. Wissen, wer der andere oder die andere da neben mir ist. Woran man glaubt und woran vielleicht nicht. Was einem wichtig ist und was egal. Seeleute machen das, was heute oft verloren geht: Sie interessieren sich nicht nur für sich selbst sondern auch für den anderen. 

So erfahren sie auch, dass Jona geflohen ist vor Gott und seinem Auftrag. Sie erfahren von Jona, dass Gott wohl wegen Jonas Ungehorsam zürnt und deshalb das Meer tobt. Jona gibt auf: Werft mich ins Meer!

Aber Seeleute sind anständige Leute. Sie werfen Jona nicht ins Meer. Noch nicht. Sie rudern gen Land. Sie geben keinen auf, auch den nicht, der die Ursache für große Not ist. Aber gegen Gottes Ungestüm kommen auch sie nicht an. Als sie dann doch zum letzten Mittel greifen und Jona über Bord werfen, bitten sie um Vergebung. Sie beten zum Gott Jonas. Und als das Meer sich tatsächlich beruhigt, fürchten sie den Herrn und bringen ihm Opfer dar. Gott hat manchmal sonderbare Wege, um Menschen zum Glauben zu bewegen. Auch darum geht es in der Jonageschichte…

Nun ja, und dann ist da noch die unglaubliche Sache mit dem Wal. Jona wird verschluckt. Nicht von den Wellen, sondern vom Wal. Drei Tage und drei Nächte. Jona betet zu Gott im Bauch des Fisches. Wir erinnern uns: Das Jonabuch lehrt, dass es keinen Ort auf dieser Erde gibt, an dem man nicht zu Gott beten könnte.

Von einem Hamburger Pfarrer las ich, dass er in der Zeit des Lockdowns seine Kirche geöffnet hatte. Ein geschlossener Raum, dunkel zwar, aber deshalb auch abgeschirmt von dieser sonderbaren, schönen und manchmal anstrengenden Welt da draussen. Menschen kamen. Sie zündeten eine Kerze an, sie suchten ein Gespräch. Sie beteten. Sie waren eine Zeitlang im Bauch dieser Kirche, wie Jona im Bauch des Wals.

Dann gingen sie wieder hinaus in diese sonderbare, schöne und manchmal anstrengende Welt – ausgespuckt aus dem Bauch, aber gesegnet und oft mit festerem Boden unter den Füßen. Wie bei Jona. Nach dem Unwetter des Lebens: gefallen und aufgefangen, wieder ausgespuckt auf das Land, aber gesegnet von Gott.

Darum geht es auch im Buch Jona. Das wir merken: Gott gibt uns nicht auf. Er sucht uns. Und wenn wir eine Adresse für unsere Sorgen kennen, wenn wir zum Gott Jonas und Jesu Christi beten, selbst wenn wir dabei stammeln: wir können doch wieder sicherer durch das Leben gehen. Wenn wir glauben, dass Gott uns nicht fallen lässt, nicht in das Meer der Sorgen und nicht in die Verzweiflung, den Anforderungen nicht gerecht zu werden, dann haben wir wieder festen Boden unter den Füßen.

Es lohnt sich, diese kleine Geschichte in der Bibel zu lesen, denn: Es geht um Dich und um mich und es geht um den Gott, der seine Menschen nicht aufgibt. Amen!

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