Ostersymbolik verstehen Predigt zu Joh.21,1-14

 Liebe Gemeinde,

Es ist schon sonderbar, dass man manche Dinge einigen Leuten mindestens dreimal erklären muss. So ist das auch im Johannesevangelium bei der Ostergeschichte. Zuerst lesen wir, wie Maria Magdala am ersten Tag der Woche nach der Kreuzigung Jesu früh morgens das leere Grab findet und wie anschließend Petrus und ein Jünger, den Jesus besonders lieb hatte, sich ebenfalls in einer Art Wettlauf zum leeren Grab aufmachen.

Danach wird eine weitere Geschichte erzählt:  wie Jesus nach 8 Tagen durch die verschlossenen Türen zu seinen Jüngern tritt und dem zweifelnden Thomas seine Wundmale zeigt. Jesus sagt: Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben. Das ist die Geschichte die für uns Christen erzählt wird, die Jesus ja nicht live miterlebt haben, die ihn nicht sehen und doch glauben sollen. Eigentlich müsste es nun gut sein. Aber im Johannesevangelium gibt es noch ein Schlusskapitel, indem zum dritten Mal eine wundersame und wunderbare Ostergeschichte, eine Geschichte mit dem auferstandenen Jesus, berichtet wird:

 

Joh.21,1-14


DER AUFERSTANDENE AM SEE VON TIBERIAS

211Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so:
2Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und 
Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. 3Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. 4Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. 7Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. 8Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen.9Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot. 10Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! 11Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. 12Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. 13Da kommt Jesus und 
nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch. 14Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.

 

Zwischenruf A

Moment mal. Das waren doch 12 Jünger, oder? Und ohne Judas, der Jesus ja verraten hatte, müssten es zumindest 11 sein. Ich zähle aber nur 7 Jünger: Petrus, Thomas, Nathanael, die beiden Söhne des Zebedäus und noch zwei. Das sind 7! Warum 7?

 

Ja das ist auffällig. 12 Jünger, das entsprach den 12 Stämmen Israels. Aber hier geht es wohl nicht mehr vorrangig um die alte Symbolik. Ostern beginnt schon ein besonderes, neues Kapitel der Geschichte. Das Christentum kennt seit alters her viele Zeichen, die eine eigene Sprache haben. Die Zahl Sieben gehört dazu: 7 Tage hat die Woche, weil Gott in 7 Tagen die Welt geschaffen hat, wie es am Anfang der Bibel steht. Damit wäre eigentlich alles erledigt. Aber die Geschichte Jesu geht darüber hinaus:

Am ersten Tag der Woche finden die Frauen das leere Grab. Der erste Tag der neuen Woche ist der Tag nach dem Sabbat, also unser Sonntag. In Zahlen heißt das: 7+1. Und deshalb sind es nicht nur 7 Jünger in der Geschichte, sondern es kommt noch einer dazu. Das ist der Jünger, der nie mit Namen genannt wird; der, den Jesus besonders lieb hatte. Der, der zuerst merkt, dass der Unbekannte da am Ufer Jesus ist, ist der achte Jünger im Boot.  Am Sonntag, am ersten Tag der neuen Woche bekennt dieser achte Jünger den Auferstandenen als den Herrn. Genau deshalb feiern wir Sonntag übrigens Gottesdienst. Biblisch gesehen ist der Sonntag der erste Tag der Woche. Jeder Sonntag ist ein bisschen Ostern. Jeden Sonntag bekennen wir: Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn!

(Übrigens: Viele alte Taufbecken haben eine achteckige Form, ebenso Kirchtürme. Die italienischen romanischen Taufkirchen, die Baptisterien sind alle achteckig gebaut…)

 

Zwischenruf B

Ach zu den Zahlen hätte ich auch noch eine Frage:

Es heißt: In dem Netz der Jünger waren 153 Fische. Wieso ausgerechnet 153. Haben die Jünger die wirklich alle gezählt?

 

Auch das ist Symbolik. 180 Jahre nach Christus gab es einen griechischen Forscher, namens Oppian. Er schrieb ein Buch über Fische. Er erkannte damals 153 Fischarten. 153 ist also wieder eine Zahl der Fülle und Vollständigkeit. Und es ist bezeichnend, dass ausgerechnet Petrus dieses Netz voller Fische an Land zieht. Petrus hatte ja den Auftrag oberster Menschenfischer zu sein. Petrus nimmt hier symbolisch vorweg, was das Ziel des Reiches Gottes ist: Das alle Menschen zu Gott kommen können, unabhängig von ihrer Art, der Größe, der Schönheit; sozusagen: Unabhängig davon, welche Sorte „Fisch“ sie sind.

 

Zwischenruf A:

Ok, aber wir sind ja nun keine Fische. Wieso ist in den Geschichten von Jesus so oft von Fischen die Rede?

 

Zum einen waren die ersten Jünger Fischer von Beruf. Jesus begegnet ihnen am See Genezareth, der noch heute als besonders fischreich gilt. Aber es gibt auch hier wieder eine symbolische Bedeutung: Wir kennen den Fisch ja auch in einfacher Form z.B. als Autoaufkleber. Auch einige Türgriffe von Kirchen haben die Fischform. Der Fisch war ein Symbol der ersten Christen und in Zeichen der Verfolgung so etwas wie ein Geheimcode. Das griechische Wort für Fisch heißt „Ichtys“. Die einzelnen Buchstaben dieses griechischen Wortes stehen nacheinander für ein Glaubensbekenntnis: Jesous Christos,Theos Yios, soter: Jesus Christus, Gottes Sohn ist Retter! Wenn die ersten Christen an einer Tür den Fisch sahen, wussten, sie das in diesem Haus ein Christ wohnte und das dort der nächste Gottesdienst stattfinden würde.

Natürlich ist der Fisch auch ein wichtiges Nahrungsmittel gewesen. Wer biblische Geschichten gut kennt, wird sich an die Speisung der 5000 erinnern. Die Menschen haben Jesus zugehört und nun sind sie hungrig. Aber nirgendwo ist etwas zu essen. Nur ein kleiner Junge hat 5 Brote und 2 Fische. Jesus sorgt dafür, dass alle etwas zu essen bekommen. Jesus gibt nicht nur geistliche Nahrung, sondern will auch, dass Menschen keinen leiblichen Hunger leiden. Er hat schon für ein Essen gesorgt, als die Jünger nach und nach an Land kommen: Auf einem Kohlefeuer wird Fisch gegrillt und Brot ist auch dabei. Wie bei der Speisung der 5000. Wenn wir also Jesus als den Herrn bekennen, kann es uns nicht egal sein, wenn Menschen auf dieser Welt hungern. Glauben und Handeln: Das gehört zusammen.

 

Zwischenruf B:

Eine Frage habe ich noch: Wieso rudern die Jünger nicht gemeinsam an Land. Wieso wirft sich Petrus zuvor in den See und schwimmt zu Jesus an Land, wo es doch nur kaum 100m zum Ufer waren? Die anderen Jünger waren viel vernünftiger.

 

Ja, vielleicht waren sie vernünftiger. Aber Petrus hat ja wie gesagt eine besondere Rolle. Er, der doch der oberste Menschenfischer sein sollte, war ja der, der Jesus nach seiner Verhaftung dreimal verleugnet hatte.  Ihn plagten sicherlich Gewissensbisse. Sollte das so sein, dass sein Versagen, seine Angst vergeben war? Jesus ist in seiner Nähe trotz aller Schuld? Diese Nähe will Petrus erleben. Da hat er es besonders eilig. Im Licht der Auferstehung können Menschen neu anfangen. Es ist so wie bei uns auch:

Die einen brauchen länger als andere, um an Gott zu glauben. Einige sind ganz enthusiastisch, andere eher rational. In der Mahlgemeinschaft mit Jesus am Ufer des See Genezareth spielt das aber keine Rolle mehr. Das ist die Antwort der Bibel auf die Streitigkeiten zwischen den einzelnen christlichen Gruppen. Sie streiten um den richtigen Weg zum Glauben. Das wäre nicht schlimm, aber schlimm ist es, wenn wir den Weg anderer zum Glauben als unwahr abstreiten. Vielleicht muss diese Ostergeschichte vom Fischfang noch erzählt werden, damit Ökumene gelingt; damit wir nicht mehr andere vom Abendmahl ausschließen; damit wir alle Gäste sind: Frauen und Männer, Kinder und Alte; schon lange Überzeugte und solche, die noch auf der Suche sind. Damals am See hat Jesus jedenfalls keinen ausgeschlossen.            Amen!

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