Der unbekannte Gott ist näher als Du denkst: Apg.17,16-34

 Liebe Gemeinde,

Habt Ihr mal die griechischen Sagen gelesen? Alle sehr verwirrend, finde ich: Zeus ist der Göttervater, Hera seine Frau. Poseidon ist der Bruder des Zeus und der Gott der Meere. Ares ist der Kriegsgott und der Sohn von Zeus und Hares. Demeter ist die Göttin des Ackerbaus und Tochter von Zeus und Hera. Sie hat aber auch eine Tochter mit ihrem Vater… Die Welt der griechischen Götter ist vielfältig, chaotisch und teilweise sehr menschenähnlich. Sie stehen für vielfältige Situationen der Menschen. Und es ist ratsam, den Göttern trotz allem Chaos Ehre zu erweisen, weil sonst Unglücke zu befürchten sind. In Athen stehen deshalb sehr viele Tempel, damit man jedem Gott die Ehre erweisen kann. Aber was ist, wenn keiner der bekannten Götter zuständig ist für neue Lebenssituationen? Was ist, wenn es einen unbekannten Gott gibt? Womöglich gar ein Gott, der aus einer anderen Götterwelt stammt?

Für diesen unbekannten Gott bauten die Athener auch einen Altar mitten in der Stadt. Man kann ja nie wissen…

            Vielleicht kommt uns die antike Götterwelt fremd vor. Und doch scheint es ein menschlicher Hang zu sein, das anzubeten und gnädig zu stimmen, was uns im Leben helfen könnte, egal wie vernünftig das auch sein mag. Die katholische Kirche kennt zwar nicht die bunte Götterwelt, dafür aber die bunte Welt der Heiligen, die für und gegen alles mögliche angerufen werden können: Maria oder Josef, Pangratius, der heilige Antonius usw. Sie helfen den Kindern, sie sind die Versicherung bei Schwüren, helfen bei Hunger, Schweinepest usw… In meiner vorletzten Gemeinde, in Sigmaringen, wäre ich heute am 24. April in die katholische Kirche Sankt Johann zu Ehren des Stadtpatrons, Sankt Fidelis, eingeladen worden.

Moderne Menschen können oft nichts mit dem Christentum anfangen. Trotzdem gibt es Verehrungen von allem Möglichen.  Buddhafiguren gibt es im christlichen Abendland zuhauf sogar im Gartenmarkt, esoterische Bücher stehen in jeder Buchhandlung und die Frage, ob eine vegane oder vegetar-ische Lebensweise die einzig richtige Lebensform ist, hat ja durchaus religiöse Züge. Kurzum: Die Begegnung von Paulus mit einer bunten religiösen Welt könnte sich nicht nur in Athen abgespielt haben, sondern auch mitten unter uns. Was ist also die christliche Antwort auf die ständig neue Frage nach Absicherung im Leben? Was ist unsere Antwort auf die Frage, was richtig ist und was falsch?

Paulus gibt diese Antwort:

            Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Denn ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Hän-den gemacht sind. Auch lässt er sich nicht von Menschenhän-den dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, dass sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns…

Paulus geht sehr klug vor. Er verdammt nicht die Religiosität der Athener, obwohl es ihn sehr geärgert hat, was es da alles an wirren Götzendarstellungen gab. In seiner Rede macht er deutlich, dass alle Bemühungen, die Götter gnädig zu stimmen, sich eigentlich um die eine Frage drehen: Können wir Menschen verhindern, dass uns Unglück widerfährt? Paulus sagt nein! Unser Wohl hängt nicht von der selbst-geschmiedeten Götterwelt ab, sondern von unserem Bemü-hen nach Gerechtigkeit. Und weil Menschen immer auch Fehler machen, sind wir auf die Liebe und Gnade des Gottes angewiesen, der in Jesus Christus Gerechtigkeit und Liebe gelebt hat. Wir sollen unsere Sinne ändern. Buße tun, über-setzt die Lutherbibel. Gott hat jedermann und jeder frau den Glauben angeboten, in dem er Jesus von den Toten aufge-weckt hat.

Jetzt wird es schwierig: Die griechischen Zuhörer „fangen an zu spotten“ heißt es im Bibeltext. Eine Auferstehung der Toten gibt es in ihrer Gedankenwelt nicht. Und wenn es so wäre, dann würde die bunte Götterwelt ja überflüssig sein. Dann wäre das, woran man geglaubt hatte falsch. Es ist aber schwierig, alte Vorstellungen zu begraben und das Leben wirklich neu auszurichten, die Sinne neu auszurichten, Buße zu tun.

Und auch für unsere heutige Welt wäre es schwierig. Die Fürsprecherwelt von Heiligen und Seligen wäre überflüssig, die Ideologien einer richtigen Lebensweise und die Fülle von esoterischen Bemühungen für persönliches Glück, hätten keine Bedeutung mehr.

Würde man Paulus in Athen folgen, dann müsste man sich wirklich etwas demütiger verhalten: Liebevoller sein im Umgang miteinander, anstatt immer alles besser zu wissen. Man müsste barmherziger sein, anstatt immer gleich zu ver-urteilen. Man würde den Nächsten lieben wie sich selbst, also nicht nur sich selbst. Man würde nicht irgendwelche Statuen verehren oder Ideologien folgen, denn es gibt nur einen Gott, der unbekannt aber doch ganz nahe ist. Ja, der christliche Glaube verlangt tatsächlich zu vertrauen. Das kann unsicher machen. Darum sagt Paulus auch: Fürwahr, Gott ist nicht fern von uns! Der unbekannte Gott, er ist näher und gnädiger, liebevoller und barmherziger als wir uns das vorstellen können. Es lohnt sich davon zu erzählen, gerade in einer Welt, die sich so unüberschaubar und auch unsicher anfühlt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, segne und bewahre unsere Herzen in Christus Jesus. Amen!

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