Leben gewinnen! Predigt am Snntag Lätare, 14.3.21

Joh.12,20-26

Die Ankündigung der Verherrlichung

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. 21 Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen. 22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen's Jesus. 23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. 24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. 25 Wer sein Leben lieb hat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's bewahren zum ewigen Leben. 26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.


Liebe Gemeinde,

Man müsste König sein oder Königin. Dann hätte man die Macht alles so zu regeln, dass das Leben Sinn und Spaß macht. Oder man müsste zumindest Prinz oder Prinzessin sein, weil man dann genug Geld hat, sich alles zu kaufen, was einen glücklich sein lässt. Mit den echten Kaisern und Königen waren die meisten Menschen zu Jesu Zeiten nicht glücklich. Sie sorgten sich vor allem um ihre Macht, ließen keinen an sich ran. Da kam so einer wie Jesus gerade richtig. Einer, der sich den Menschen zuwendet, einer der Frieden und Gerechtigkeit predigt. Einer der die Macht hat, Krankheiten zu heilen und dem Teufel Paroli bietet.- Einer, der Hoffnung auf Besserung verbreitet. In Jesu Nähe wird alles gut.

Kein Wunder, dass die Leute ihm zujubeln, als er auf einem Esel nach Jerusalem hineinzieht. Nicht dem König huldigen sie, sondern Jesus, dem Menschensohn. Es ist Passah: Das Fest, dass an den Auszug der Juden aus der Sklaverei in Ägypten erinnert. Aber nicht nur Juden feiern. Auch Griechen sind dabei, die den Gott der Bibel anbeten wollen. Sie bekommen mit, wie die Menge Jesus hoffnungsvoll zujubelt. Ist das der König, der ein Reich aufrichtet, in dem alle Menschen glücklich und zufrieden leben können? Einige Griechen wollen diesen Jesus deshalb näher kennenlernen. Das wär doch etwas, wenn endlich einer käme, der alles, was schlecht ist, gut machen könnte.

 

Und so fragen sie Philippus. Einer mit griechischem Namen. Einer, der ihre Sprache spricht. Der muss sich aber erst einmal mit einem anderen Jünger beratschlagen: Andreas. Logisch. Zum König der Welt, zum Sohn Gottes kommt man nicht einfach so durch die Tür spaziert. Zu zweit geben Philippus und Andreas also das Anliegen der Griechen an Jesus weiter: Die wollen Dich kennenlernen, Jesus. Eigentlich würde man jetzt vermuten, dass Jesus dazu Ja oder nein sagt; dass es eine Terminvereinbarung oder so etwas gibt. Stattdessen findet das Kennenlernen durch ein Gleichnis statt: Nur wenn ein Weizenkorn in die Erde gesteckt wird, kann es später viel Frucht bringen. Wir wissen, was damit gemeint ist: Das Weizenkorn ist Jesus selber. Er wird sterben, aber danach ist es nicht aus, sondern im Gegenteil: Die Sache Jesu wird immer größere Kreise ziehen: In Israel und bei den Griechen. Bis in unsere Tage. Nicht Verzweiflung, sondern Hoffnung wird sich ausbreiten. Es ist schon sonderbar, dass der König der Welt nicht den Jubel der Menschen genießt. Sein Regierungsprogramm beginnt mit dem Ende. Das Zeichen seiner Herrlichkeit ist das Kreuz. Ist das ein König, den die Menschen, Juden, Griechen und wir wirklich wollen?

 

Es ist doch so: wenn wir einen König wollten, dann muss ein bisschen von seinem Glanz auch auf uns Menschen abfallen. 2018 hat Prinz Harry seine Meghan Markle geheiratet. Das Fernsehen hat live berichtet und Millionen nicht nur in England haben zugeschaut, Fähnchen geschwenkt und gejubelt. Wird das der neue König? Doch Harry und Meghan haben sich aus dem scheinbaren Glanz nun ganz zurück gezogen. Das Leben als Prinz und Herzogin hat sie nicht glücklich gemacht. Im Gegenteil: Das Interview im amerikanischen Fernsehen in der letzten Woche hat gezeigt, wie gerade Meghan dieses Leben unter den Erwartungen des Königshauses und dem Druck der Presse gehasst hat. So sehr gehasst, dass sie an Selbstmord dachte. Es ist ein Irrtum zu glauben, man müsse König oder Königin sein, Prinz oder Prinzessin um das Leben zu haben und sich alles Glück der Erde leisten zu können. Und es ist ein Irrtum zu glauben, dass nur der Richtige an der Macht sein müsse, damit alles gut wird!

 

Genau das sagt Jesus auch, als die Griechen ihn kennenlernen wollen. Wer sein Leben so lebt, dass alles gut und besser werden muss, wird es verlieren. Wer sein Leben in der Welt gering erachtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. Zugegeben: Die Lutherübersetzung ist da sehr drastisch: Wer sein Leben liebt, wird es verlieren und wer das Leben hasst, bekommt das ewige Leben. Das kann böse missverstanden werden: Es klingt so, als wäre das Leben nichts wert; Verzicht wäre immer besser als Gewinn, Leiden besser als Zufriedenheit. Selbstmord sogar eine Option. 

Das kann nicht Gottes Wille sein! Er hat uns doch das Leben geschenkt. Aber Gott hat eben nicht gesagt, dass das Leben immer geradeaus geht. Er hat nicht gesagt, dass es immer gut und bequem ist. Deshalb habe ich eine Sympathie für Harry und Meghan. Sie haben ihr scheinbar vorgezeichnetes Leben verlassen und sind einen neuen Weg gegangen. Sie haben auf den Glanz verzichtet und offenbar eine neue Lebensqualität dafür bekommen.

Aus dem gleichen Grund habe ich eine große Hochachtung vor den Menschen, die durch einen Unfall eine dauerhafte Behinderung haben und doch etwas aus ihrem Leben machen. Das können sie wohl nur, weil sie bereit waren, das bisherige Leben loszulassen. Leiden gehört zur Realität der Menschen dazu, auch wenn wir das gerne anders hätten. Gerade habe ich ein Interview mit der ehemaligen Olympiasiegerin im Bahnradfahren gesehen: Kristina Vogel. Sie war erfolgreich. Sie war leistungsstark. Nach einem Trainingsunfall sitzt sie im Rollstihl. Aber bei ihr habe ich keinen Hass auf das neue Leben entdeckt. Im Gegenteil: Ihre Einstellung zu einem – wenn auch ganz anderen – Leben ist ein Vorbild. Ein Vorbild für die, die auch einen Schicksalsschlag erlitten haben und tatsächlich das Leben hassen und an Selbstmord denken.

 

So lernen die Jünger und die Griechen Jesus kennen: Er ist nicht der König, der alles Unglück in Glück wendet. Er ist vielmehr derjenige, der seinen Weg erkennt und ihn annimmt. Kein König weit weg vom Volk, sondern ganz nahe bei ihnen. Sein Weg des Leidens und des Kreuzestodes ist furchtbar. Kein dogmatischer Satz der Theologie kann letztlich daran etwas ändern. Und doch ist das Kreuz für Menschen immer wieder ein hilfreiches Zeichen, neue Lebenssituationen anzunehmen und fruchtbar werden zu lassen. Deshalb gibt es in vielen Krankenhauszimmern auch ein Kreuz. Kein Zeichen des Endes sondern der Hoffnung. Jesus erweist seine Herrlichkeit darin, dass er Menschen in Angst und Not nicht von der Seite weicht. Das Gott mich nicht im Stich lässt: Daran möchte ich glauben können: Im Leben und im Sterben. Es wäre aber auch wunderbar, wenn dieser Glaube das Leben von Euch und mir auch jetzt schon fruchtbar sein lässt; wenn jeder Tag auch jetzt schon zumindest ein bisschen Ostern wäre. 

Amen!

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