Eph.5,1-7: Kinder des Lichts: ( k) eine Moralpredigt am Sonntag Okuli 7.3.21

Epheserbrief 5,1-7

Lutherbibel 2017

1 So ahmt nun Gott nach als geliebte Kinder 2 und wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch. 3 Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört, 4 auch nicht von schändlichem Tun und von närrischem oder losem Reden, was sich nicht ziemt, sondern vielmehr von Danksagung. 5 Denn das sollt ihr wissen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger – das ist ein Götzendiener – ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes. 6 Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. 7 Darum seid nicht ihre Mitgenossen.


 Ihr Lieben,

was für ein sperriger Text:

Ahmt Gott nach! Wie soll das gehen? Wir sind doch nicht Gott? Im Gegenteil: Wir warnen doch immer wieder davor dass der Mensch sich selbst zum Schöpfer macht, Gott spielt anstatt demütig sich bewusst zu sein, dass man TEil der Schöpfung ist!

Und ist Christus wirklich am Kreuz gestorben und Gott hat dabei genüsslich zugeguckt und Blut und Schweiß als "lieblichen Geruch" wahrgenommen? Das kann ich nicht nachsprechen, auch wenn es in der Bibel steht.

Und dann kommt schließlich der erhobene moralische Zeigefinger, der uns sagt, was wir alles nicht tun dürfen. Eine Moralpredigt will aber von Euch keiner hören, oder?

 

Am vergangenen Mittwoch haben wir zu Fünft beim Bibelgespräch über diesen Text debattiert. Statt einer ausgefeilten Predigt möchte ich Euch heute einfach von unserer Diskussion erzählen:

 

Zunächst haben wir alle tief durch geatmet bei dieser sperrigen Wortwahl des Briefes an die Gemeinden rund um Ephesus. Dann kamen die ersten Reaktionen:

 

Abwehr: Ich höre da die große moralische Keule.

Erstaunen: bei den Ephesern muss es ganz schön wild zugegangen sein, wenn man ihnen sagen muss, was sie alles nicht dürfen oder sollen, um als Christen erkennbar zu sein.

Distanzmoralische Worte wie Unzucht werden heute nicht mehr benutzt, weil ja fast alles erlaubt und selbstverständlich geworden ist. Sexualität ausserhalb der Ehe? Früher war das Unzucht, heute fast überall eine Selbstverständlichkeit, in jedem Fall: Privatsache! Nichts für die Kanzel.

 

Ich frage, ob wir heute gar keine moralischen Werte mehr von der Kanzel verkünden sollten?

Nein, so auch wieder nicht! Wenn Sexualität missbraucht wird, wenn Gewalt ausgeübt wird, dann ist das kriminell und darf vor allem bei Christen nicht geschehen. Und wo es passiert ist, wie beim Kindesmissbrauch - auch in der Kirche -, muss diese Form von Unzucht auch benannt werden; eindeutig! Bei der Kirche darf davon nicht einmal die Rede sein! Da hat der Epheserbrief Recht!

Und so sind wir nun doch wieder beim Epheserbrief und seinen weiteren Mahnungen:

Habgier. O ja, das gibt es bei uns auch. Es werden Beispiele genannt: Wenn ein Haus auf Teneriffa verkauft werden soll, dann soll es möglichst einen hohen Preis dafür geben. Manche träumen von Preisen, die der Markt aber einfach nicht hergibt. Ist das Habgier? Darf ich das hier in der Kirche überhaupt erwähnen? Werden sich da Leute nicht empören? Aber das gab es wohl in Ephesus auch. Als dieser Brief vorgelesen wurde, werden sich viele auch unangenehm berührt gefühlt haben. 

Oder: Ist Geiz nicht auch eine Form von Habgier? Wenn wir uns daran gewöhnen, dass das Bier hier am Strand einen Euro kostet und ein 3 Gang Menü 7,98? Wir denken, es sei normal, dass man von Deutschland nach Teneriffa für unter 100 € fliegen kann. Jeder weiß, dass das keine wirtschaftlichen Preise sein können und irgendjemand einen Preisausgleich zahlen muss: Der Kellner oder das Bodenpersonal oder oder…

Närrische oder lose Reden; Witze auf Kosten anderer, üble Nachrede? O ja, das gibt es auch. Mobbing an der Schule ist längst keine Ausnahme mehr; das Tuscheln über andere hinter deren Rücken können auch Erwachsene gut. Und das Diffamieren von Personen in der Coronakrise ist bereits Alltag geworden und geschieht in aller Öffentlichkeit.

Der Epheserbrief sagt uns: Ohne Frage gibt es diese Missstände. Aber bei Euch Christen soll es eben anders zugehen. Lasst Euch nicht darauf ein. „Seid nicht ihre Mitgenossen!“ Ihr seid Gottes geliebte Kinder!

Und als wir dann im Bibelgespräch noch den Satz lesen: Lasst Euch von niemanden verführen mit leeren Worten,fallen uns die Rechten ein und die Querdenker. Im Bibelgespräch sagt jemand: Gott hat uns doch den Verstand gegeben, dass wir Nachdenken und Hinterfragen können und nicht jeder billig herausposaunten Parole hinterherlaufen. Corona ist keine einfache Grippe und Ausländer sind nicht an allem Schuld. Politiker machen Fehler aber sie sind doch keine Volksverrä-ter! Leute benutzt das Hirn, das doch eine gute Gabe Gottes ist!

Neben den vielen nun doch scheinbar berechtigten moralischen Zeigefingern kommt jetzt ein wenig Licht in diese biblischen Worte:

Inmitten vieler hohler Phrasen ist der Mensch von Gott mit Verstand ausgestattet. Wir sind denkende Wesen. Da ist also mehr als nur das berühmte Bauchgefühl. Der Mensch folgt nicht nur einem Instinkt. Gott hat uns Mittel gegeben, um zumindest Nachfolger Christi zu sein. Der Mensch ist schon etwas Besonderes in Gottes buntem Garten.

Und vor allem: Wir sind Gottes geliebte Kinder und selber – neben dem Verstand – mit der Gabe der Liebe ausgestattet. Christen beteiligen sich nicht an Hasstiraden, nicht an Shitstorms. In den christlichen Gemeinden muss man aufatmen können, andere willkommen heißen und sich willkommen geheißen fühlen. Kirchengemeinden sind nicht das Reich Gottes, aber sie können einen Vorgeschmack geben, auf das, was Gottes Reich sein könnte. Wir sind nicht das himmlische Licht, aber wir werden vom himmlischen Licht angestrahlt: Wir können sehen, was gut ist und was nicht. Und bei uns beobachtet man vielleicht auch besonders scharf, was gut läuft und was nicht. Okuli, so heißt dieser Sonntag: Augen heißt das. Mit den Worten des Epheserbriefes: Wir sollen und können mit der Liebe und dem Verstand sehen, was uns als Gottes geliebte Kinder erscheinen lässt.

Ein gelungenes gemeinsames Leben funktioniert nur, wenn es Werte gibt, die uns einander respektieren lassen. Es geht um die Würde, sagt jemand im Bibelgespräch. 

Wir diskutieren noch über den Wandel von Werten. Wir diskutieren darüber, ob wirklich alle Formen heute offen gelebter Sexualität für Christen akzeptabel sind. Trotz unterschiedlicher Ansichten sind wir uns einig darüber, dass ernstgemeinte Liebe in der Kirche einen Platz haben muss. Da ist es egal ob es um die Liebe zwischen Mann und Frau, oder zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren geht. Die Moralpredigt darf sich nicht über die echte Liebe erheben. Eine Moralpredigt ist dagegen nicht nur erlaubt, sie ist geradezu geboten, wo die Liebe und die Würde von Menschen beschädigt wird. Vor allem sollen wir selber in unserem privaten und gemeinsamen Miteinander in unseren Kirchengemeinden vorleben, dass es sich lohnt, Liebe, Würde und Verstand walten zu lassen. In unseren Kirchengemeinden soll es immer mehr Licht als Schatten geben. Man kann um sich Dunkel fühlen; aber wir helfen einander wieder zum Licht zu kommen.

Der Epheserbrief selber führt diesen Gedanken aus:

„Ihr Christen wart früher Finsternis, nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als die Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf!

Und so wird dieser sperrige Text doch noch zu einem Stück Evangelium an diesem Sonntag für alle…. Amen!

 

 

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