Petrus der Insider: Jesus für Insider - Predigt am 4. So. nach Epiphanias, 31.1.2021

2.Petrusbrief Kap.1,16-21


Die Verklärung Jesu und das prophetische Wort

16 Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen. 17 Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. 18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. 19 Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen. 20 Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift aus eigener Auslegung geschieht. 21 Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet. 

Liebe Gemeinde,

Letzten Sonntag haben wir von Ruth und Noomi gehört. Eine schöne Geschichte voll tiefem Inhalt; nachvollziehbar für jeden und jede, egal ob man tief gläubig ist oder eher nicht. Heute aber, am letzten Sonntag nach dem Erscheinungsfest hören wir eine Botschaft für Insider und von einem Insider: Petrus selber, so steht es da, schreibt an eine christliche Gemeinde. Es ist sein Vermächtnis. Er wird bald sterben, das weiß er. Er hat aber keine Angst davor, denn er vertraut ganz und gar auf Gott. Gleichwohl hat er Sorge, dass sein geistliches Erbe in der christlichen Gemeinde verloren gehen könnte. Er befürchtet, dass die Christen im Glauben müde werden könnten, weil die Sorgen über das Leben so erdrückend sind und sich keine göttliche Hilfe einstellt. Alle waren zunächst überzeugt und voll Hoffnung, dass Jesus wiederkommen würde und sein Reich aufrichtet. „Dein Reich komme!“ das beten wir noch heute im Vater Unser. Das Reich Gottes, ganz anders als die Reiche dieser Welt. Frieden und Gerechtigkeit, ein Leben ohne Angst vor der Gegenwart und Zukunft: Darauf haben sie sehnsüchtig gewartet. Daran haben sie geglaubt und alles andere zurückgestellt. Aber nichts ist passiert. Und wir?

 

Auch 2000 Jahre danach ist Jesus nicht wieder gekommen und das Reich Gottes scheint weit entfernt zu sein und die Leute interessiert es auch nicht mehr wirklich. Die Kirche ist heute vielleicht wertvoll, weil wir diakonische Aufgaben übernehmen: Hilfe für den Nächsten und Brot für die Welt. Die Kirche ist vielleicht wertvoll, weil es professionelle Mitarbeitende gibt, die einem zur Seite stehen, wenn wir an die Grenzen kommen: Gesprächsangebote, Notfallseelsorge, Sterbe- und Trauerbegleitung. Die Kirche hat kulturelle Aufgaben und sie bietet Orte an denen man Kraft tanken kann. Das ist alles gut und getrieben von edlen moralischen Grundwerten. Aber welche Rolle spielt bei uns Christen heute der Geist der ersten Zeugen? Welche Rolle spielt bei uns die damals alles bewegende Hoffnung auf die Wiederkunft Christi und sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit? Welche Rolle spielen in unserem Glauben überhaupt die biblischen Geschichten?

 

Ich frage mich das manchmal, wenn ich von Gott erzählen soll; den Glauben stärken oder sogar wecken. Da geht es um Inhalte, die damals herausragend wichtig waren; aber 2000 Jahre später haben sich selbstverständlich die Prioritäten, auch in Glaubensfragen geändert. Es gibt deshalb biblische Texte, die scheinen so fremd, sind so verschroben geschrieben, so voller fremder Symbolik, dass sogar Insider sie kaum verstehen. Die Briefe des neuen Testamentes gehören für mich oft dazu. Wie sollen diejenigen den christlichen Glauben verstehen, die mit der Bibel und Gott ohnehin kaum etwas anfangen können? Wäre es nicht leichter, die Themen von heute einfach und ohne komplizierte alte Texte durch eine christliche Brille zu betrachten, vielleicht auch durch mehrere christliche Brillen? Pfarrer und Pfarrerinnen predigen ja unterschiedlich und Gemeindeglieder glauben unterschiedlich. Man könnte dann das Thema noch durch andere philosophische Betrachtungen ergänzen und sich am Ende selber aus allem das Passende heraussuchen. Jeder und jede entscheidet selbst, welche Theologien und Gedanken einem gut tun und welche nicht.

 

Hier meldet sich nun eindringlich der Apostel Petrus zu Wort und schreibt:

„Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herren Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen!“ Und dann erzählt er von der Verklärung Jesu auf dem Berg, bei dem er anwesend war. Die Geschichte, die wir vorhin so ähnlich in der Lesung (Mt.17,1-13)gehört hatten.

 

Und als ob Petrus es ahnen würde, dass menschliche Berichte von Erscheinungen Jesu nicht für jeden nachvollziehbar sind, fügt er hinzu: „Wir haben das prophetische Wort und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als ein Licht, dass da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eurem Herzen.“

 

Petrus apelliert an die Christen bis heute, die Hoffnung auf das Reich Gottes nicht aufzugeben. Wir beten: Dein Reich komme! Wenn wir das nicht mehr tun würden, würden wir wohl anfangen unsere eigenen Reiche aufzubauen. Wir würden uns an Konkurrenzen gewöhnen, wir würden versuchen, selber am Besten aus Krisen herauszukommen, auch wenn andere dafür Nachteile haben. Wir würden anderen sagen: da kann man eben nichts machen oder: Pech gehabt! Wir würden uns selber der Nächste sein. Wir würden den barmherzigen Samariter für einen Trottel halten und unsere persönlichen Freiheiten wichtiger erachten als das Gemeinwohl. Es wäre uns wurscht, ob der Stumme zu Wort kommt oder der Gelähmte chancenlos zurückbleibt. 

Und wenn ich das alles so erzähle, dann merkt ihr, dass wir in vielen Teilen der Gesellschaft schon lange da sind, dass die eigenen Reiche viel näher erscheinen als das Reich Gottes. Da wird nicht mehr gewartet, da herrscht man selber; da weiß man was für einen gut ist und was nicht.

Darum ist dieser Predigttext ein Wort an die Insider, an Christen, die Vertrauen in alte Worte haben, an Euch und mich: Wir achten auf die Hoffnung, auf das prophetische Wort vom Reich Gottes, wie auf ein Licht an einem dunklen Ort. Wir vertrauen darauf, dass in der kleinen Krippe in dem damals unbedeutenden Ort Bethlehem Gott Mensch geworden ist. Wir glauben, dass die Hirten auf dem Feld frohen Herzens von dannen gezogen sind ungeachtet ihres weiterhin harten Lebens. Wir glauben daran, dass Weise aus dem Morgenland das Kind in der Krippe wichtiger fanden, als die selbstsüchtigen Anwandlungen eines König Herodes. Wir sind überzeugt, dass man Gott mehr gehorchen soll als Menschen. Wir glauben daran, dass Gott uns nahe kommt und uns begleitet im Leben und im Sterben. Wir glauben daran, dass unser Ende nicht der Tod ist, sondern das Bewahrtsein bei Gott. Wir sind Insider. Wir tragen ein Licht in uns. Das wird nicht jeder nachvollziehen können. Doch vom Glauben daran, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist und wir in ihm das finden, was wirklich zählt, davon sollen wir nicht lassen, - auch wenn uns manches alt und überholt vorkommt. Getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet. Und das bleibt auch so. Amen! 

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