Geduld, Predigt zum 2. Advent Jakobus 5,22-35

 Liebe Gemeinde,

 

Heute am 6. Dezember ist Nikolaustag. Der heilige Nikolaus lebte im 4. Jahrhundert und war Bischof von Myra. Die Stadt Myra liegt etwa 100 Km von der türkischen Stadt Antalya entfernt. Man weiß nicht viel über den historischen Nikolaus. Nur, dass er wohl reich geerbt hatte. Angeblich soll er bei der Christenverfolgung 310 gefangen genommen und gefoltert worden sein. Beim Konzi von Nicäa soll er seinem Widersacher Arius eine Ohrfeige gegeben haben. Vor allem aber wird erzählt, er habe seinen Reichtum unter die Armen verteilt. Deshalb gibt es in einigen Ländern wie z.B. in den Niederlanden auch am Nikolaustag die Geschenke für die Kinder und nicht wie bei uns am Heilig Abend.

In jedem Fall ist der Heilige Nikolaus der Schutzpatron vieler: der Seeleute, Kaufleute, Apotheker, Metzger, Prostituierten und vielen mehr; vor allem aber ist er der Schutzpatron der Kinder. Das hängt an den vielen Legenden, die es um den heiligen Nikolaus gibt. Eine davon ist diese:

 

Ein Vater pilgerte mit seinem Sohn nach Myra, um der Kirche einen wertvollen Kelch zu stiften. Bei genauer Überlegung erschien ihm der Kelch zu wertvoll, und er ließ einen billigeren anfertigen. Während der Überfahrt nach Myra bat der Vater den Sohn, mit dem ersten Kelch etwas Wasser aus dem Meer zu schöpfen. Bei diesem Versuch fiel der Sohn über Bord und verschwand in den Wellen. Als der Vater schließlich, in Myra angekommen, den zweiten Kelch auf den Altar der Nikolauskirche stellen wollte, fiel die Gabe immer wieder herunter. Plötzlich stand der verschollene Sohn mit dem ersten Kelch in der Kirche und berichtete, dass der heilige Nikolaus ihn gerettet habe. Daraufhin stiftete der Vater beide Kelche.

 

Die Nikolauslegenden haben eines gemeinsam: Sie haben trotz der realistischen Kenntnisnahme von Geiz und Not ein gutes Ende. Ich glaube, solche Geschichten brauchen wir: Geschichten, die die Realität nicht ausblenden, aber letztlich ein gutes Ende haben. Das ist wie beim Tatort im Fernsehen: Der Übeltäter muss am Ende geschnappt werden. Sonst wäre unsere Hoffnung auf Gerechtigkeit und eine gewisse Ordnung schwer beschädigt.

 

Geschichten, in denen unser Grundvertrauen erschüttert wird gibt es ja schon genug:

Da stirbt ein Kind und alle Ordnung geht unter;

Da brettert ein Autofahrer in Trier in die Fußgängerzone und 5 Menschen sterben.

Corona erschüttert die scheinbar selbstverständliche persönliche Freiheit.

Eine Beziehung zerbricht, usw.

Jeder von uns kann eine Geschichte dazu erzählen.

 

Nicht immer heilt die Zeit alle Wunden!

Nicht immer folgt auf Regen Sonnenschein!

Nicht immer wächst Gras über die üble Sache!
Hoffnung auf eine gute Zeit nach bösen Nachrichten stellt sich vor allem nicht auf Befehl ein.

 

Weihnachten wird das besonders deutlich. Irgendwie gibt es ja sehr viele Erwartungen an Weihnachten: Besinnlichkeit und Behaglichkeit, Beisammensein und Harmonie. Ach wie gut wäre das, wenn zumindest Weihnachten einmal kein Mensch einen ungerechten Tod sterben müsste? Wenn zumindest dann einmal kein Krieg wäre und kein Mensch fliehen müsste? Wie gut wäre es, wenn Weihnachten überall ein Impfstoff vorhanden wäre und wir wieder uns gemeinsam treffen dürfen und lauthals „O Du Fröhliche“ schmettern? Umso bitterer fühlt es sich an, wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden.

Was kann uns helfen, im Leben trotz aller Krisen nicht zu verzweifeln, nicht zu resignieren; Hoffnung zu bewahren und Hoffnung zu verbreiten?

 

Unsere katholischen Glaubensgeschwister haben für jeden Tag und fast jede Lebenslage eine Heiligenfigur, mit einer Geschichte oder Legende, die ein halbwegs gutes Ende kennt. Der Nikolaus ist ja nur einer davon. Wir Evangelischen sind da etwas nüchterner und sagen: Wir vertrauen einzig auf Jesus Christus. Wir vertrauen darauf, dass er als Gottes Sohn auf die Welt gekommen ist, um uns das Leben mit allen Freuden und Lasten zu lehren. Sein Kreuz ist auch unser Kreuz, aber wir vertrauen darauf, dass Gott es eines Tages wegnehmen wird und wir den Himmel sehen werden: O Heiland reiß die Himmel auf! (Wochenlied EG 7). Und ein Engel ruft nicht nur den Hirten in Bethlehem zu: Fürchtet Euch nicht! Ich verkünde Euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Der Heiland ist geboren! Ehre sei Gott und Friede auf Erden bei den Menschen!

 

Doch bis dahin ist es wohl trotz aller Adventsvorbereitung noch ein weiter Weg. Sind wir also darauf angewiesen, demütig abzuwarten und tatenlos zu schauen, was passieren wird? Der Jakobusbrief, aus dem der für heute vorgeschlagene Predigttext stammt, ist kein stiller Adventstext. Da wird gegen Reichtum und Gier gepoltert, gegen selbstsicheres Anhäufen von Geld und Gütern. Ganz unevangelisch werden da Taten gefordert, weil ein Glaube ohne Taten nichts wert sei. (Martin Luther wollte diesen Brief ganz aus dem biblischen Kanon streichen und hat ihn deshalb auch mit der Offenbarung an das Ende der Bibel geschoben) Doch Jakobus scheint auch zu wissen, dass Menschen sich nicht gleich ändern werden. Frieden und Gerechtigkeit als Höchste Werte liegen nicht heute und wohl auch nicht morgen vor uns. Wie beim Jakobsweg braucht es einen langen Atem und es braucht Geduld, um zum Ziel zu kommen; es braucht Zeit zum Vorangehen und Zeit zum Innehalten. Es braucht Menschen, die mitgehen, trösten und Mut machen. Es braucht Glauben und Hoffnung und Liebe. Der Glaube, der Hoffnung und Liebe in sich trägt braucht Übung, braucht Vergewisserung, braucht auch Beispiele und Vorbilder, die Orientierung geben. Gottesdienste können manchmal dabei helfen, Gebete, Lieder oder auch einfach mal still sein. Manchmal helfen auch Geschichten wie die vom Nikolaus oder Vergleiche, wie das ein Bauer aussät und nur deshalb sich bei Wind und Wetter ackert und Unkraut beiseite verschafft, weil er letztlich auf eine gute Frucht hofft. Aber all das steht eben auch in den Worten, die heute Predigttext sind:

Jakobus,5,7-11:

7 So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. 8 Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe. 9 Seufzt nicht widereinander, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür. 10 Nehmt zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die geredet haben in dem Namen des Herrn. 11 Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Von der Geduld Hiobs habt ihr gehört und habt gesehen, zu welchem Ende es der Herr geführt hat; denn der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.

 

Amen!

 

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