Der Herr segne Dich... Predigt Trinitatis 2020 Num.6,22-27

Liebe Gemeinde,
ich gewähre Euch mal einen Blick auf meinen Arbeitsplatz in unserer Pfarrwohnung. 
Da ist mein Schreibtisch. Das wichtigste Arbeitsgerät ist wahrscheinlich der Computer. Da schreibe ich die Predigten, da bearbeite ich täglich zig mails, da versuche ich meinen Dienstkalender zu pflegen. Der Computer erinnert mich an Eure Geburtstage (Sofern ich diese weiß; und die meisten Eintragungen sind von denen, die Mitglieder unserer Gemeinde sind und einmal das Formular dafür ausgefüllt haben….) Am Computer habe ich in den letzten Wochen bis zu 4 Videokonferenzen in der Woche geführt usw. Dann gibt es natürlich das Telefon, das Faxgerät, 2 Drucker. Die Bibel (oder ist die das Wichtigste?) liegt neben den Stromrechnungen und unsere Reinigungsfirma für das Haus der Begegnung wartet auf die Überweisung für das letzte Saubermachen.

Oft sieht es chaotisch aus, obwohl ich immer wieder versuche aufzuräumen. Aber dann kommt wieder ein Anruf, die Postbotin klingelt. Es ist nicht leicht, eine Sache fertig zu abzuarbeiten…  Ihr kennt das vielleicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es zu viel ist. Das Sprichwort sagt: Man ertrinkt in Arbeit. Nun es ist besser in Arbeit zu ertrinken als in Langeweile. Das gibt es ja auch. Oder dass einem die Sorgen über den Kopf wachsen oder die Angst alles lahm legt. Man hat das Gefühl ausgeliefert zu sein und kann nichts machen. Das Coronavirus hat uns gezeigt, dass wir eben nicht alles selber im Griff haben. Die ganze Welt ist durcheinander geraten. Und es ist nicht absehbar, dass es ganz schnell wieder so wird, wie wir es gewohnt waren.

In der Bibel gibt es die Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten. Ihr kennt die Geschichte mehr oder weniger wahrscheinlich selber: Zunächst gab es den Jubel über den Aufbruch aus der Sklaverei in die Freiheit. Doch dann kam die Wüste, die Not, die Entbehrungen, die Sorgen. Immer wieder ist es dem Volk zuviel. Es klagt und jammert. Und die Wanderung hatte auch  kein schnelles Ende. Aus einer Woche, wird ein Monat, wird ein Jahr. Am Ende werden es 40 Jahre sein, ohne dass das Leben fröhlich und sorgenfrei ist. Die Leute glauben Mose und seinem Halbbruder Aaron schon lange nicht mehr alles. Ja manchmal verfluchen sie Mose und manchmal sogar Gott. Die Wüste ist der Ort, wo das Leben vor mächtigen Herausforderungen steht.

Doch da mitten in der Wüste spricht Gott zu Mose:

„Der Herr redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt Ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet:
Der Herr segne Dich und behüte Dich;
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig!
Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir Frieden!“ (Num.6,22-27)

Segnen ist das Gegenteil von Verfluchen. Segen ist Kraft in aller Schwäche. Segen ist Hoffnung in aller Aussichtslosigkeit:

Gott segnet Dich und behütet Dich: Das schafft Ruhe. Zunächst für die Juden und nun auch für Christen. Für Dich und mich! Wir sind Gott etwas wert. Er schaut nicht weg von dem, was Dein, was unser Leben bewegt.

Gott lässt sein Angesicht leuchten: Da wird es hell, auch wenn Dunkelheit das Herz verhüllt.

Gott ist gnädig: Es gibt Segen auch wenn Du nicht perfekt bist. Wenn man mal Mist gebaut hat, gibt es Gnade vor Recht.

Gott hebt sein Angesicht über Dich, wie einen Schutz, damit dich die Sorgen nicht erdrücken.

Er gibt Dir Frieden.

Ein Bild, das drinnen, Fenster, Raum, Tisch enthält.

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Ich zeige Euch noch einmal mein Arbeitszimmer, von der gleichen Position, aber mit einer anderen Kameraeinstellung. Man sieht nicht mehr so sehr die Arbeit, die Sorgen. Der Segen Gottes ist wie ein Fenster. Wer den Segen Gottes spürt, erkennt Weite für sein Leben. 
Da gleich hinter dem weißen Geländer seht Ihr die Dächer einer Hotelanlage. Sie ist seit Monaten wegen des Alarmzustandes der spanischen Regierung geschlossen. Keiner weiß wie es weitergeht. Man munkelt: Die sind pleite! Dahinter seht Ihr einige Berge. Sie stehen in wüstenartiger Landschaft. So wie einst auch das Volk Israel in der Wüste war. Die Wüste ist nicht weg mit dem Segen. Der Coronavirus ist auch nicht weg, wenn wir am Ende des Gottesdienstes mit den Worten des aaronitischen Segens wieder nach Hause zurückkehren. Wir werden weiter Sorgen haben und Not. Wir werden hoffentlich auch viel Schönes erleben. Der Segen Gottes ist aber keine Garantie für Sorglosigkeit. Das wissen wir.
Ein Bild, das Fenster, drinnen, Gebäude, Ansicht enthält.

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Auf dem Foto seht Ihr nicht nur durch ein Fenster die Weite. Ihr seht auch mindestens zur Hälfte den Himmel. Das ist für mich Segen: durch die zugesprochenen Segensworte spüre ich: Gott ist Dir und mir nicht fern. Der Himmel Gottes erstreckt sich über uns. Er ist Dir gnädig, er macht mein Leben hell, weit und er schenkt uns Frieden.

Der Segen Gottes ist kostbar. Da geht man nicht leichtfertig mit um. Ich merke das im Gottesdienst. Ich merke das besonders, wenn ich einem Kind , seinen Eltern oder auch einem Kranken die Hand auflege und dann diese Worte sprechen darf. Ich weiß nicht, was da im Leben oder Sterben geschehen wird. Aber ich vertraue darauf, dass der Himmel immer mit im Blick bleibt:

Der Herr segne Dich und behüte Dich;
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig!
Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir Frieden!“

Wer gesegnet ist und die Chance auf den weiten Blick mit ganz viel Himmel bekommt, soll selbst ein Segen sein. Darum heißt es an anderer Stelle: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein! (Gen.12,2)
Unser neues Testament geht noch weiter: Jesus sagt: Segnet, die Euch verfluchen! Lk.6,28
Und Paulus schreibt an die Römer: Segnet und flucht nicht! (Rö.12,14)

Fluchende, Hetzende, Hassende gibt es schon zu viel auf dieser Erde.
Da tut es gut, sich den Segen Gottes zusprechen lassen zu dürfen;
den Blick für die Weite in Erinnerung zu rufen;
ermutigt und getröstet auf die Nähe Gottes zu vertrauen und: selber zum Segen zu werden.

Amen!

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