Das Gebot in der Coronakrise

Liebe Leserinnen und Leser,

ja in diesen Tagen ist alles anders. Als Gemeinde können wir im Moment nicht mehr zusammenkommen. Kein Gottesdienst, keine Wanderungen, keine Gruppen und Kreise. Unsere Häuser und Wohnungen dürfen wir zur Zeit nicht verlassen, außer zum Einkaufen oder um in die Heimat zu kommen. Ein winziger Virus bringt die Welt durcheinander und bei uns vieles zum Erlahmen. Am Sonntag wussten viele noch nichts von einer Ausgangssperre  in Spanien und noch mehr haben sich wohl nicht klar gemacht, was das zur Folge haben wird:

Dier Supermärkte haben geöffnet, doch man wird nur einzeln, nicht einmal als Ehepaar oder als Familie hereingelassen. Plastikhandschuhe sind Pflicht. Entgegen allen Beteuerungen sind viele Regale doch leergefegt. Der Strand von Teneriffa ist gesperrt, ebenso die Wanderwege und die Pools, egal ob überdacht oder nicht. Taxen oder Busse dürfen benutzt werden, aber die Autofahrt zum Flughafen, um Freunde dorthin zu bringen, ist beispielsweise untersagt. Doch viele wollen so schnell sie können weg.

Die Botschaft ist eindeutig: Wir sollen zu Hause bleiben!

Ich kann das nachvollziehen:
Die Regierung Spaniens und die der Kanaren mit ihr, wollen die explosionsartige Ausweitung des Coronavirus bremsen. Mir ist die radikale Anordnung von oben lieber, als langes Hin und Herüberlegen, bis es immer schwieriger wird, mit der Krankheit umzugehen. Es ist unangenehm, aber es wird gehen. Die Spanier machen es vor:

Geduldig stehen sie beim Supermarkt in der Schlange, um eingelassen zu werden. Die meisten halten einen Mindestabstand zum Vordermann/Frau ein. Keiner meckert. Im Gegenteil: Um 19 Uhr gibt es Applaus von den Balkonen als Solidarität mit den Ärzten, dem Pflegepersonal und den Kranken. – Wie angenehm, mal nicht von Gaffern zu lesen oder von denen hören zu müssen, die Polizisten, Ärzte und andere anpöbeln oder gar Gewalt ausüben.

Es ist ein wenig unheimlich in diesen Tagen des Notstands. Ich werde selbst die Sorge nicht ganz los, dass man sich trotzdem anstecken könnte. Und schon bekomme ich einen Anruf, dass es einen Coronafall gibt, weil ein Deutscher in einer unserer Kirchengemeinden hier auf der Insel doch unvorsichtig war und auf Kontakte nicht verzichten wollte. Jetzt sind die Kontaktpersonen in Sorge, dass sie auch erkranken.

Solidarität besteht darin, dass wir auf Nähe verzichten! Hat die Bundeskanzlerin gesagt. Ethik ist die Kunst zum freiwilligen Verzicht! Hat ein kluger Kollege von mir einmal gesagt. Im Moment brauchen wir vielleicht noch mehr als eine ethische Freiwilligkeit. Die Bibel kennt Gebote. Die 10 Gebote haben wir zumeist einmal auswendig gelernt. Auch wenn Auswendiglernen nicht unbedingt zu den Lieblingsbeschäftigungen der Konfirmanden gehört, so bekommt man doch eine Ahnung davon, das Gebote wichtig sind: Wichtig für das Zusammenleben von Menschen.

Auf die Frage was denn das höchste Gebot sei, antwortet Jesus zunächst: Das höchste Gebot ist Gott zu lieben und zu ehren.
Vielleicht könnte man auch sagen: Auf Gott zu vertrauen. Das ist gut gerade in Krisenzeiten. Bei aller Vorsicht müssen wir aufpassen, dass nicht Misstrauen über Vertrauen siegt. Deshalb beten viele Christen in diesen Wochen jeden Tag um 19 Uhr (MEZ), also 18 Uhr auf den kanaren, für die Bewältigung der Coronakrise, für die Kranken und alle Helfenden, für die Politik und für den Erfolg in der Forschung für Gegenmittel. Man kann auch zu dieser zeit eine Kerze in das Fenster stellen. Dann wissen wir alle: Wir sind nicht allein. Wir vertrauen auf Gottes helfenden Segen.

Zum Zweiten sagt Jesus auf die Frage nach dem höchsten Gebot:
Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst. Das bedeutet in diesem Zusammenhang: Ich will meinen Nächsten nicht anstecken, weil ich auch nicht angesteckt werden will – oder umgekehrt. Vorsicht gegenüber der Corona-pandemie ist ein Akt der Nächstenliebe. Dazu sind wir verpflichtet, gerade gegenüber Älteren und kranken Mitmenschen.

Egoismus ist gefährlich. Das kann man in diesen Tagen lernen. Viele begreifen nicht, dass nicht jeder machen kann, was er oder sie will. Umso mehr können wir Christen da ein Zeichen setzen. Wir zeigen Nähe im Geist, in dem wir Abstand halten. Das ist freilich neu. Genauso wie die Erfahrung, dass nicht alles zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Genauso wie die Erfahrung, dass ab sofort nicht mehr alles so schnell gehen kann. Vielleicht ist es gut, auch die Gelassenheit wieder einmal zuzulassen.

Ich wünsche Euch, dass wir gemeinsam stark bleiben, in Glaube, Liebe und Hoffnung. Wo immer wir sind, ob auf Teneriffa, La Palma, La Gomera, El Hierro, in Deutschland, Österreich, den Niederlanden oder der Schweiz – wo immer Ihr gerade seid:

Bleibt behütet!

Euer Pfarrer Immo Wache

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