Ich glaube, hilf meinem Unglauben Predigt zur Jahreslosung 2020

 Gedanken zur Jahreslosung aus Markus, 9,24:
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“

„Du glaubst es nicht…!“ sagt meine Frau. Sie liest einen Artikel über einen Unfall mit zwei Toten. Der Fahrer hatte mit dem Handy telefoniert, geriet auf die Gegenfahrbahn: Crash! Tote und Verletzte! Unglaublich!

Unglaublich was sich da im mittleren Osten gerade abspielt. Als ob die Welt nicht genug Krieg erfahren hätte.

Unglaublich! Es ist leicht vom Unglauben zu reden. Ein täglicher Blick in die Zeitung genügt: Krieg, Hunger, Flucht, Drohungen, Verrrohungen, Leichtsinn, Katastrophen. Dazu kommen die persönlichen Krisen und Verzweiflungen. Da ist zum Beispiel ein Vater mit einem schwerkranken Kind. Es wälzt sich auf dem Boden und hat Schaum vor dem Mund. Es fällt ins Feuer oder ins Wasser. Es geht um Leben und Tod. Kein Arzt konnte helfen. Es ist, als ob ein böser Geist den Jungen ergriffen hat. In seiner Verzweiflung vertraut sich der Vater der christlichen Jüngerschar an. Die geben ihr Bestes, doch auch sie können trotz aller Bemühungen nicht helfen.

Diese Geschichte steht in der Bibel. Es heißt dort: Die Leute bringen schließlich den Vater mit dem Kind zu Jesus persönlich. Jesus befragt den Vater: „Wie lange leidet der Junge schon? Wie oft passieren diese Anfälle?“ Dem Vater platzt der Kragen. Zu oft schon musste er die Krankheitssymptome schildern und nichts passierte. Er schreit: „Wenn Du etwas kannst, dann erbarme Dich unser!“ Jesus reagiert ebenfalls ein wenig gereizt: „Wenn Du kannst? Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt!“ Und dann bricht dieser Satz aus dem Vater hervor: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“

Ich verstehe diesen Schrei der Verzweiflung so: „Ich möchte gerne glauben, aber ich habe soviel Unglaubliches erlebt, dass ich eigentlich – sprichwörtlich – „vom Glauben abgefallen“ bin…!“ Da ist kein Gottesdienst, der einen stärkt; kein Lied, das einen trägt.; Die eigene Sprache wird stumm und religiöse Floskeln widern einen an. Das alles ist verständlich. Der Verlust des Glaubens treibt aber noch tiefer in die Verzweiflung. Der Vater weiß das; er will wieder glauben und jemandem Vertrauen können. Er will wieder leben. Er und sein Kind. „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“

Das ist für 2020 die Jahreslosung: Ich glaube, hilf meinem Unglauben.

Der Vater des Kindes macht es uns vor. Er stemmt sich mit aller, vielleicht sogar letzter Kraft gegen das Unglaubliche. Er will nicht glauben, dass sein Sohn ein Leben lang leiden muss. Er gibt nicht auf, obwohl alle Hilfsversuche bisher ständig scheiterten. Das finde ich stark. Ein großartiger Vater. Jeder würde verstehen, wenn er den Glauben an einen gütigen Gott oder an die Möglichkeiten der Medizin aufgegeben hätte. Aber anscheinend ist der Glaube das, was ihn und seine Hoffnung noch trägt.
Die Geschichte ist für mich ein Beispiel. Der Vater zeigt, dass es verkehrt ist, den Glauben an die Überwindung von Not und Elend aufzugeben. Die Bibel nennt als Ursache für das Leiden des Kindes einen bösen Geist. Das ist auch zum Sprichwort geworden: Wessen Geistes Kind ist denn der? So sagen wir, wenn sich jemand unmöglich benimmt. Und genau das ist es ja, weshalb wir manchmal den Kopf schütteln und sagen: „Unglaublich!“

Wessen Geistes Kind werden wir in diesem Jahr sein? Mutig, wie der Vater dem Geist Gottes und seiner Kraft vertrauen? Oder dem sprachlosen und tauben Geist Raum lassen? Natürlich werden wir hier in der Kirche sagen: Wir wollen dem Geist Gottes folgen und ihm vertrauen. Doch das hat Konsequenzen.

Die bayrische Landeskirche hat z.B. beschlossen nicht nur fromme Worte zur Not in der Welt zu verfassen, sondern praktische Hilfe durch die Finanzierung eines Rettungsschiffes im Mittelmeer bereitzustellen. Menschen retten, das zeigt die Geschichte von Jesus und dem Vater, ist ein christliches Anliegen. Jesus verweist den Vater ja nicht an den Himmel und die Ewigkeit, sondern er heilt jetzt.

Doch der Plan der bayrischen Landeskirche hat die Widersacher auf den Plan gerufen. Wenn nicht mehr mit Argumenten gestritten wird, sondern Morddrohungen ausgesprochen werden, dann zeigen sich andere Geister. Unglaublich ist es wie sich Hass und Gewalt, Verrohungen und Rücksichtslosigkeiten verbreiten. Was für ein Geist hat da von Menschen Besitz ergriffen? Wessen Geistes Kind sind diese?

Man kann verzweifeln. Man kann seine Grenzen spüren. Man kann das Gefühl haben, dass die Probleme zu groß für einen werden. Das alles wäre verständlich, aber es hilft nicht weiter. Mehr noch: Die bösen Geister würden irgendwann alles beherrschen.

Nehmen wir uns ein Beispiel an dem Vater. Geben wir nicht auf. Rufen wir notfalls wie er: Ich glaube, hilf meinem Unglauben! 

Dann wird die Jahreslosung mehr sein wie ein frommer Spruch auf dem Kalenderblatt. Dann geht es um Haltung zeigen. Christen halten sich zu Gott. Sie vertrauen auf die heilenden Worte Jesu. Sie glauben daran, dass Not und Elend überwindbar sind.

Zugegeben: Das ist manchmal gar nicht leicht. Auch ich zweifle manchmal und denke: Warum muss das so sein? Warum lässt Gott das zu? Warum treibt er die bösen Geister nicht ein für allemal aus?

Ich möchte mich ermutigen lassen von dem Satz Jesu: Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Ich möchte das meine tun, um im neuen Jahr Gutes zu ermöglichen. Und ich möchte mich nicht entmutigen lassen, wenn es mal Tiefschläge gibt. Ich möchte glauben können. Ich weiß dass, das am Besten mit anderen geht. Mit denen, die dem Geist Gottes vertrauen. 

Übrigens: Jesus hat das kranke Kind tatsächlich geheilt. Und er hat gesagt, dass manchmal nur Beten hilft.

Ich wünsche Ihnen und uns allen ein gesegnetes Neues Jahr 2020. Amen!

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