Silvester Jesus Christus gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit

Liebe Gemeinde,
Kinder wie die Zeit vergeht. Keine Ahnung, woher dieser Spruch kommt. Aber es ist eine Tatsache, dass Ältere eher das Gefühl haben, die Zeit vergeht schneller, als das Jüngere empfinden:
Das Auto muss zum TÜV, das habe ich doch gerade gemacht? Der Pass läuft ab! Der Urlaub: Gerade angefangen schon ist die Zeit fast wieder vorbei. Und am Ende eines Jahres, eines Lebensjahres aber auch eines Kalenderjahres, wird einem das besonders bewusst. Es gab so viele Dinge im letzten Jahr; aber kriege ich das noch zusammen? 365 Tage aus dem Jahr 2019: Was war da? Zeit für Rückblicke. In der großen Weltgeschichte und im eigenen Leben. Was war gut? Was ist misslungen? Was hat mich glücklich gemacht? Was bedrückt mich noch immer? Was trägt mich zuversichtlich in die Zukunft?

Kinder wie die Zeit vergeht. Wir werden nicht jünger, sagen die Erwachsenen. Die Möglichkeiten sich neu aufzustellen, nehmen ab. Die Welt dreht sich immer schneller und wir werden immer langsamer. Die Digitalisierung verändert unser Leben so rasant, wie es das vorher noch nie in der Menschheitsgeschichte gegeben hat. 2G,3G,4G jetzt 5G sind die neuesten Standards im Mobilfunk. Früher hat man Briefe geschrieben, dann e-mails und jetzt geht es ohne whatsapp , Twitter oder Instagram gar nicht mehr. Vieles davon ist gut und hilfreich. Vieles überfordert unser Hirn aber auch. Der Mensch ist nicht gemacht, für Entwicklungen, die man nicht mehr nachvollziehen und selber bestimmen kann. Wer sich aber nicht auf neue Kommunikationsformen einlässt, der bleibt zurück. Ich gestehe: Mit Ende 50 komme ich da auch nicht mehr mit. Mehr noch: ich will das auch gar nicht mehr. Die Welt dreht sich immer schneller und wer am Rand steht, den schleudern die Fliehkräfte irgendwann ins Abseits.

Oder doch nicht?
Der Bibeltext, der in den deutschen Kirchen heute empfohlen ist, setzt da etwas entgegen:

Hebräer 13,8+9

Jesus Christus gestern und heute, derselbe auch in Ewigkeit. Lasst Euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches Geschieht durch Gnade…


Natürlich hat die Bibel nicht die schnellen Umdrehungen unsrer Zeit gekannt. Und ich bin auch weit davon entfernt, die ganze Technik und den Fortschritt zu verteufeln. Der Hebräerbrief hat vor allem solche Bestrebungen im Blick, die einem weismachen wollen, dass man so oder so leben müsse; dass man so oder so Regeln befolgen müsse. Es ging damals zum Beispiel um die Frage, was man Essen darf und was nicht. Weniger aus ethischen Gründen als aus traditionellen und religiösen. Angesichts der Frage, was wir gegen den Klimawandel auch als Einzelpersonen tun können, ist die Frage der verantwortlichen Ernährung wieder auf der Tagesordnung, wenn auch im anderen Kontext als das zur Zeit der ersten Christen war.


Was aber damals und heute ähnlich ist, sind die vielen Stimmen, die uns sagen, was man tun soll, um modern zu sein, oder verantwortungsvoll, die in einer entsetzlichen Schwarz-Weiß-Malerei erklären, was gut und was schlecht ist im Leben.

Der Hebräerbrief kennt dafür nur einen Maßstab: Jesus Christus: Gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Nun findet man in der Bibel keine eindeutigen Handlungsanweisungen, die überall und immer gelten; die 10 Gebote mal ausgenommen. Was die Bibel aber weiß, ist, dass wir Menschen in unserer Zeit begrenzt sind und dass wir deshalb auch anfällig für die Furcht sind, etwas im Leben zu verpassen. Wir sind auch anfällig für den Gedanken, wenn wir etwas teilen müssen, dann könnte uns etwas weggenommen werden. Anders kann ich mir die weitverbreitete Furcht vor allem Fremden ebenso wenig erklären, wie die Tendenz von immer mehr Staaten, das nationale mehr in den Vordergrund zu stellen, als das Gemeinsame, auch wenn das Gemeinsame immer von Zugeständnissen, von Kompromissen lebt.

Als Christen werden wir an Jesus Christus erinnert. Er ist die Mitte unseres Glaubens und damit unserer Lebenseinstellung. Wenn Jesus Christus die Mitte ist, fliegst Du nicht von der Platte, gerätst Du nicht ins Abseits. 
Das ist kein frommer Spruch. Die Außenseiter, die Ehebrecher und Zöllner, die ausländischen Soldaten, die Witwen und die Kinder, alle die sonst am Rande stehen, die hat er den Blickpunkt gerückt. Und die etwas hatten, hat er nicht verurteilt, sondern aufgefordert, andere am Wohlstand teilhaben zu lassen. Jesus hat auch nicht die neueste Technik benutzt. Vieles gelang ihm durch liebevolle Zuwendung und Berührungen, mit guten und darum heilsamen Worten. 

Jesus Christus, gestern heute und derselbe auch in Ewigkeit. Ich denke, dass es wichtig ist bei allem Fortschritt diese wesentlichen menschlichen Züge nicht zu vernachlässigen: Liebe statt Hass, Zuwendung statt Ausgrenzungen, heilsame Worte, anstatt Verletzendes zu sagen.

Jesus Christus ist aber eben nicht nur ein wichtiges Vorbild. Gestern, heute und in Ewigkeit ist er auch der Halt, der nicht bricht, wenn uns Sorgen überrennen. Er ist der Halt, wenn uns Dinge misslingen. Und letztlich ist er der Herr der Zeit und nicht Kalender oder Lebensjahre. Uns ist Zeit geschenkt, die wir zum Leben und zum Gestalten bekommen haben. Nicht umgekehrt, dass die Zeit unser Leben bestimmen könnte. Aber von Zeit zu Zeit ist es gut, sich die Freiheit des eigenen Lebens noch einmal sagen zu lassen. Ein Jahreswechsel ist ein guter Zeitpunkt, um sich zu überlegen: Wofür lebe ich? Was war? Und: Was wird kommen? Was kann ich gestalten? Aus welcher Hoffnung und Liebe lebe ich und wende mich anderen zu?

Jesus Christus gestern und heute, derselbe auch in Ewigkeit. Lasst Euch nicht durch mancherlei fremde Lehren umhertreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.
Ich wünsche Ihnen und mir ein solches festes Herz und ein gnadenvolles neues Jahr 2020.
Amen!

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