Was man zumLeben wirklich braucht Predigt am 5. S.n. Trinitatis 1. Petrus 2,1-10

Liebe Gemeinde,
Als Joni, unser jüngstes Enkelkind, anfing zu schreien, waren wir alle gleich hellwach: Mama, Papa, und wir: Oma und Opa: „Was hat der Kleine? Was braucht er? Essen, oder tut ihm was weh?“
Kinder wissen, was sie brauchen. Darum brüllen Sie ja. Meistens ist es die Muttermilch, die freundliche Zuwendung der Erwachsenen, das Kuscheln bei Mama oder Papa oder alles zusammen. Wenn Joni dann genug an Mamas Brust getrunken hatte, schmatzte er noch zweimal zufrieden und alles war wieder gut.
Und wir Erwachsenen? Wissen wir immer, was wir wirklich brauchen? 
Der 1. Petrusbrief fordert uns auf, dieser Frage nachzugehen:
„Seid begierig nach der lauteren Milch wie neugeborene Kindlein, auf dass ihr wachset zum Heil, da ihr schon geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.“  
Neugierig sollen wir sein, nach dem Leben, vor allem nach dem, was lebensnotwendig ist. Leben ist mehr als nur existieren. „Verlangt nach dem, was das Leben Heil macht, heißt es in der „Einheitsübersetzung“; Soteria, steht da wörtlich im Griechischen, d.h. eigentlich „Rettung“; Mit anderen Worten: Sucht nach dem Leben, das letztlich nicht vergeblich ist! Vergeblich oder nutzlos kann das Leben nicht sein, wenn Ihr daran glaubt, dass Euer Leben von Gott gewollt ist, dass Euch Gott freundlich gewogen ist, sowie auch Mama und Papa, Omas und Opas wollen, dass das Leben eines kleinen Kindes gelingt. Mit der Taufe versuchen wir das auszudrücken, dass jedes Leben wertvoll für und durch Gott ist.

Bei unserem Enkelkind steht die Taufe noch aus. Der Termin ist eigentlich auch egal. Als der Apostel den Petrusbrief schrieb, wurden ja vor allem Erwachsene getauft. Der Petrusbrief erinnert die Christen an ihre Taufe. 
Weil wir uns oft nicht an die eigene Taufe erinnnern, verblasst auch, was die Taufe eigentlich bedeutet:
Der Petrusbrief erinnert uns: „Ihr seid ein ausgewähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt, die Wohltaten dessen, der Euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht.“

Sehr pathetisch und verschroben klingt das. So wie jemand redet, der ins Schwärmen gerät, der etwas verdeutlich will, obwohl ihm die richtigen Worte nicht einfallen. Ich würde mit meinen Worten sagen: "He ihr Christen! Werft Eure Taufe nicht weg. Legt sie auch nicht im Fotoalbum ab. Wisst Ihr eigentlich, dass Ihr etwas Besonderes seid? Nein? Ihr meint, als Christ ist man auch nicht anders als andere Menschen? Stimmt nicht!"

„Ihr seid ein ausgewähltes Geschlecht!“ Das war vor allem an die jüdische Bevölkerung gerichtet. Aber als getaufte Christen sind wir ebenfalls  nun ausgewählt. Wir Christen sollen uns nicht über andere erheben, das ist klar. Aber wer soll denn sonst von Gott erzählen, wenn nicht wir? Tut nicht so, als ob einzig die Pfarrer von Gott erzählen sollten. „Ihr seid ein königliches Priestertum!“

Martin Luther hat daraus das Priestertum aller Gläubigen gemacht. Er wollte die Sache Gottes, den Glauben, das Predigen von dem, was richtig oder falsch war, nicht einer Kirche, dem Papst oder Priestern überlassen, die ihre Macht oftmals missbraucht hatten. Martin Luther wollte eine Kirche. Eine Kirche, die aus den Getauften besteht. Menschen, sie wissen was Glaube bedeutet und sich davon leiten lassen, zu ihrem eigenen Heil und dem Wohl der ganzen Welt. Er wollte, dass alle Menschen in der Bibel nachlesen konnten, was der Glaube bedeutet. Wir können ja alle verschieden denken und fühlen, wir können wichtig oder unwichtig sein, reich oder arm, aber es gibt etwas, was uns verbindet und das ist Gottes Wort, so wie wir es aus der Bibel entnehmen können. Allein das, dass wir alle Geschöpfe sind und Teil der Schöpfung Gottes, unterscheidet uns von vielen angeblich so modernen Menschen, die nur sich und ihr Ego sehen.

Was brauchen wir zum Leben?
Der Gottesdienst, die Gemeinschaft in der Kirche,… das gehört dazu, wenn wir getauft sind. Wir leben in einer Zeit, wo das unwichtig zum Leben geworden zu sein scheint. Vielen ist die Kirche fremd geworden. Man beklagt sich – durchaus zu Recht - über Missbrauch in der Kirche, über langweilige Predigten, die nichts mit dem Leben zu tun haben usw. Man fragt sich: Was habe ich eigentlich davon, getauft zu sein und meine Kirchenmitgliedschaft zu erhalten?

Der Predigttext heute fordert also dazu auf, die Kirche mitzugestalten. Dazu sind wir alle miteinander auserwählt, von Gott zu erzählen; hungrig, wie Kinder nach Milch sollen wir sein, nach dem zu fragen, was man wirklich zum Leben braucht, damit heil wird, was kaputt ist, damit Leben gelingt und nicht beliebig austauschbar ist. 

Wie geht das nun?
Der 1. Petrusbrief beginnt mit einer klaren eindeutigen ethischen Richtlinie:
„Legt also alle Bosheit ab, alle Falschheit und Heuchelei, allen Neid und alle Verleumdung!“
Christ ist man nicht allein durch die Eintragung in die Mitgliedsliste oder die Steuererklärung. Als Christ setzt man Zeichen, dass es nicht beliebig ist, wie wir leben. Wenn ich täglich die Nachrichten lese oder sehe, dann fällt mir eines besonders auf: 
Es fehlt an Respekt vor dem anderen, an Ehrfurcht vor dem Leben!
Gäbe es das, würde der Umgang auch im anonymen Internet anders sein; gäbe es das, würden Politiker und Hilfskräfte nicht ständig bedroht. Gäbe es das, würden wir weniger Selfies machen, sondern sehen, was ich und der andere wirklich ist. Usw.
Ich glaube, das ist zur Zeit, das, was wir wirklich brauchen zum Leben: Respekt und Ehrfurcht.
Und ich glaube, der Rückgang von Respekt und Ehrfurcht geht mit dem Rückgang des christlichen Glaubens einher. Denn: Wenn wir daran glauben, dass wir nicht die Schöpfer, sondern Geschöpfe Gottes sind, wenn wir uns nicht zum Herren über alle Dinge machen, sondern Gott als den einzigen Herrn annehmen, dann sind Respekt und Ehrfurcht doch die logischen Lebenshaltungen.Es ist schon sonderbar, dass ausgerechnet wir, die Auserwählten, aufgerufen sind, Zeichen von Respekt und Ehrfurcht auszusenden.

Nein, ich baue nicht mehr auf die Einsicht oder die Vernunft der ganzen Menschheit. Ich ertrage den Egoismus von Politikern nicht, die jeden Respekt vor dem mühsam errungenen Frieden der Völker mit Füßen treten, die  "Ich" groß schreiben und das Wort "Verhandeln" nicht buchstabieren können. Ich möchte aber mit den heutigen Worten aus dem Petrusbrief daran glauben, dass Christen beachtenswerte Zeichen setzen können, wie Leben gelingt. Ich möchte mich bestärken lassen, dass wir Menschen trotz aller Schuld und Fehler doch lebendige Steine eines Hauses sein können, in denen Menschen aufatmen können, Kraft tanken, den Wert des Lebens schätzen und versuchen in Respekt und Ehrfurcht miteinander umgehen.
Was wirklich wichtig ist im Leben, ist tatsächlich eine Sache des Glaubens an Gott! Und dazumuss man in der Bibel lesen, in den Gottesdienst gehen, und seinen Bruder oder seine Schwester im Glauben wahrnehmen; im Nahen, wie im Fernen.
Möge Gott uns immer wieder in diesem Glauben stärken und in einem respektvollen und ehrfurchtsvollem Umgang miteinander bewahren. Amen!



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