Ein Brief an Gott (Predigt Pfingsten 2019 zu Johannes 14,14-23)

Gepredigt vom Ambo:

Lieber Herr Jesus Christus,
ich schreibe Dir heute einmal, weil mich vieles umtreibt:
Mich erreichen schlimme Nachrichten, auch ganz persönlich. Ein lieber Freund ist vorgestern ums Leben gekommen. Deshalb ist es besser, wenn ich meine Gedanken aufschreibe...
Ich habe gelesen, dass der Regierungspräsident von Kassel erschossen worden ist. Man weiß noch nichts genaues, nur dass er bei einer Veranstaltung von der rechten Pegidabewegung gesagt hat: wer die christlichen Werte in Deutschland und Europa nicht will, der soll doch auswandern!
Nun ist er tot und ich lese auch, dass in den sozialen Netzwerken die Häme von Rechtsradikalen groß ist. Menschen freuen sich über den gewaltsamen Tod eines anderen und sie rufen zu noch mehr Morden auf. Mein Gott, und das meine ich wirklich so: Was ist bei uns Menschen los?
Herr Jesus, das ist ja nur ein Beispiel dafür, wie Deine Botschaft von der Nächstenliebe bedrängt wird. Ein anderes Beispiel:
Da werden Seenotretter im Mittelmeer in Italien öffentlich eines Verbrechens beschuldigt, nur weil sie Flüchtlinge aus dem Wasser gezogen haben. 
Oder hier: In Bremen löschen Feuerwehrleute einen Großbrand und ein Autofahrer beschwert sich, dass er keine freie Fahrt hat und fährt dann den benötigten Hydranten um! Die Feuerwehr kann nicht löschen, weil einer nur sich sieht und nicht die Anderen.
Und auch in der großen Politik heißt es immer mehr: zuerst wir, dann die anderen!
Unser christliches Abendland ist auf dem Rückzug. Der Ton wird rauher. Die Geister, die wir längst besiegt glaubten, machen sich immer dreister breit.

Jesus: Die Gruppe, deiner Anhänger, die Kirche, wird kleiner. Es heißt, dass in 10 Jahren, nur noch die Hälfte der jetzigen Kirchenmitglieder da sein werden, egal ob evangelisch oder katholisch. Und Pfarrer und Pfarrerinnen gibt es schon jetzt nicht mehr ausreichend. Kaum jemand ist bereit ehrenamtlich mitzuwirken.
Ich weiß, die Kirche ist oftmals staubig geworden. Manche haben große Sorge vor Veränderungen und lassen es alles beim alten. Auch wenn die Kirche dann irgendwo ausstirbt! Junge Leute fühlen sich in den großen Kirchen nicht mehr zuhause. Und wenn man was ändern will, dann werden einem von den eigenen Leuten Knüppel zwischen die Beine geworfen, anstatt mit Begeisterung die Chance für einen Neuanfang zu nutzen und Feuer und Flamme zu sein, für Deine Botschaft, die doch immer noch lebendig bleibt und so wichtig für uns heute wäre.

Ich schreibe Dir meinen Frust, ich weiß! Aber gerade heute am Pfingstfest, dem Geburtstag Deiner Kirche, liegen mir Sorgen auf der Seele. Du hast doch Deinen Geist ausgesandt, der dann für Begeisterung gesorgt hat. Deine Jünger waren Feuer und Flamme. Sie glaubten daran, dass Dein Reich kommt im Himmel und auf Erden.  So handelten sie auch! Herr Jesus, wir brauchen Deine Gegenwart, Deinen Geist, Dein Wort, das uns Mut macht und wachrüttelt! wenn wir doch heute Deine Stimme hören könnten!

—-

Gelesen von der Kanzel:

Ich lese uns den Predigttext für den heutigen Pfingstsonntag aus dem Johannesevangelium im 14. Kapitel (Vers 14-19). Jesus sagt:

14 Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun!
15 Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten. 16 Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: 17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. 18 Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch. 19 Es ist noch eine kleine Zeit, dann sieht die Welt mich nicht mehr. Ihr aber seht mich, denn ich lebe, und ihr sollt auch leben.

——

gepredigt vom Ambo:

Ja Herr Jesus: 
Du lebst und wir sollen auch leben! Daran will ich glauben und mich daran festhalten und auch danach handeln! Das will ich gerne versuchen: Deine Gebote halten:
Gott zuerst vertrauen. Du bist der Herr der Welt und kein anderer. Das wird uns bewahren, uns zu Herren über andere zu erheben. 

Wir werden es sagen, wenn Dein Name mal wieder missbraucht wird. Egal ob in der Politik oder in der Kirche. Nicht Religion oder Glaube ist die Ursache für Gewalt, sondern der Missbrauch Deines Namens.

Vater und Mutter sollen wir ehren und deshalb ist es so wichtig, dass die Generationen sich gegenseitig wahrnehmen; Alte soll man nicht abschieben, aber die Jungen dürfen auch nicht die ganze Last der Altersversorgung tragen.

Töten sollen wir nicht, das ist klar! Aber wir dürfen auch nicht so tun, als ob uns der sinnlose Tod anderer Menschen nichts anginge.

Und die Liebe eines anderen Menschen sollen wir nicht ausnutzen.

Ach ja, und wie wichtig ist gerade in diesen Zeiten, das Gebot, kein falsches Zeugnis abzulegen. Wie schnell verbreiten sich heutzutage falsche Nachrichten, Verleumdungen. Kritisch sollen wir sein, bei dem was man sich so untereinander erzählt. Das ist gar nicht immer so leicht. Aber ich habe verstanden, Herr Jesus!

Und das wir nicht auf Kosten anderer leben, ja das ist auch wichtig. Für uns, aber noch mehr für die Generationen nach uns.

Gott Deine Gebote wollen wir versuchen zu halten. Leicht ist das nicht, Du weißt! Aber ich habe verstanden: wenn wir, Deine Kinder uns an keine Gebote mehr halten, dann bleibt nichts glaubwürdig von dem was wir predigen.

Du willst uns nicht als Waisen zurücklassen. Das ist gut, dass Du das sagst. Denn manchmal scheint es so, als ob Du uns nicht hörst, als ob du weit weg bist: Wir auf der Erde und Du im Himmel. Du lebst und wir sollen auch leben!

Wir sind ja nicht allein. Es ist schon faszinierend, dass in dieser Kirche auch spanische Christen Gottesdienst feiern und vor uns die Anglikaner und am Donnerstag die Finnen. Jeder gestaltet den Gottesdienst anders, alle haben unterschiedliche Arten, Deine Nähe zu bezeugen und doch reden wir Christen und Christinnen weltweit von der gleichen Sache. Wenn wir nicht nur von der gleichen Sache in unterschiedlichen Sprachen und Kulturen reden, sondern sogar mit einer Stimme auftreten würden, dann würden wir uns vielleicht nicht wie Waisen vorkommen. Da gibt es noch vieles zu tun. Und wenn die Leitenden der großen Kirchen es nicht schaffen mit einer Stimme zu sprechen, dann gib uns den Mut es im Kleinen mit unserem Nächsten zu versuchen! Darum geht es doch am Pfingstfest, oder? Dass wir in unterschiedlichen Sprachen vom Gleichen reden: Wir sind Deine Kinder weltweit. Du gibst uns den Auftrag diese Erde und alles was auf ihr lebt - und später noch leben will - zu bewahren. Du lässt uns nicht allein. Nicht im Leben und nicht im Sterben!
Bei dir können wir wohnen, auch wenn uns die Welt manchmal fremd vorkommt. Du willst uns Frieden geben, nicht wahr? Daran möchte ich glauben!
——

gelesen von der Kanzel:

(Joh. 14,23-27)
Jesus spricht:
Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. 24 Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat. 25 Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin. 26 Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

27 Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Amen!

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