Predigt Dreikönigstag - Mehr als ein Schauspiel

Mt.2,1-12         Liebe Gemeinde,
wir haben die biblische Geschichte zum heutigen Dreikönigstag gehört. Sie haben es gemerkt: da steht nichts von dreien, nichts von Heiligen und auch nichts von Königen. Schon ganz früh wurde die Geschichte von den Weisen aus dem Orient zur Legende der Geschichte von den Hl. 3 Königen und immer mehr ausgeschmückt. Es wurde ein Schauspiel, heute immer noch – mit ganz viel Spektakel:
In Adeje wurden gestern die 3 heiligen Könige mit dem Hubschrauber ins Stadion geflogen. Woanders kommen Sie mit dem Schiff oder führen einen riesigen Umzug an. Sogar in meiner protestantischen Heimatstadt Bremen beobachten drei heilige Könige, ob ein tapferes Schneiderlein trockenen Fußes über die Weser kommt, was seit über 100 Jahren noch nie der Fall war. Zu all diesen Veranstaltungen versammeln sich Tausende von Zuschauern.
Auch ich war in meiner Zeit in Süddeutschland irgendwie stolz, wenn die Kinder verkleidet zu uns kamen, Lied und Gedicht aufsagten, Geld für den guten Zweck bekamen und ein Jahr lang das cbm (christus benedicat mansionem = Christus segne dieses Haus) über unserer Tür mit weißer Kreide leuchtete. Mit der biblischen Geschichte hat das nur wenig zu tun. Dennoch:
Was fasziniert uns an der Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland, dass wir sie ausschmücken und das Schauspiel genießen?
Ohne die drei Könige geht es jedenfalls nicht. Deshalb bekamen sie schon früh Namen: Caspar, Balthasar und Melchior. Später wurden sie dargestellt: Caspar, der helle Jüngling, Melchior, der Greis und Balthasar wurde schließlich zu einem Farbigen aus Afrika. Man mag das belächeln und als ein Theater für Kinder halten. 
Immerhin hat die Legende daraus eine Vorstellung gemacht, in der Greise und Junge, Weiße und Farbige, die ganze Welt also, sich gemeinsam auf den Weg machen und unter einem Stern einig zusammen kommen. Wenn das kein Traum der Menschheit ist: Es zählt nicht das Alter und nicht die Herkunft. Sogar Könige begreifen, dass die Macht dieser Welt einem anderen König gilt. Ihm zollen sie Ehre. Und die Menschen staunen in Massen darüber, dass drei Könige diese Einheit leben, wo doch die Mächtigen der Welt sonst oft so zerstritten sind!  
Der Evangelist Matthäus ist übrigens gar nicht so weit weg von diesem Gedanken. Er berichtet als einziger der vier Evangelisten von den Weisen aus dem Morgenland. Sie folgen einem Stern und deuten ihn als Zeichen für den neugeborenen König der Juden. Ausgerechnet Nichtjuden verehren den König der Juden. Deutlicher könnte die neutestamentliche Kampfansage gegen jeglichen Antisemitismus gar nicht sein.
Allerdings spüren die Weisen - in Jerusalem angekommen - sehr schnell, dass der jüdische König Herodes einer von den Despoten ist, die keinen Kritiker oder Konkurrenten neben sich dulden. Nein, da wo Macht und Status regieren, wo Clanwirtschaft oder „das-war-schon-immer-so“ das sagen haben, bleibt für Gott kein Platz. Ob man es will oder nicht, die Bibel ist politisch und besonders Matthäus stellt den Unterschied heraus zwischen den Reichen dieser Welt und dem Reich Gottes.
Wenn die Großen dieser Welt das nicht begreifen wollen, dann fängt das Reich Gottes eben woanders an: „Du Betlehem bist mitnichten die Kleinste unter den Fürsten Judas! Aus dir soll kommen, der mein Volk behüten soll.“
Das Reich Gottes beginnt an einem Nebenschauplatz der Geschichte. Die Weisen haben das gespürt und die Legendenbildner schicken der Deutlichkeit halber drei Könige dorthin.

Sie schenken dem Kind Gold, Weihrauch und Myrre. Gold symbolisiert den Glanz eines Königs. Weihrauch reinigt und kündigt damit das Leben Jesu als die reine Botschaft Gottes an. Myrre schließlich schmeckt bitter und ist ein Hinweis auf das Leiden Jesu am Kreuz.

Die Bibel macht damit doch einen Unterschied zu den Dreikönigsschauspielen: Die Hauptperson ist Jesus. Es sind nicht die Weisen aus dem Morgenland. 
Gott wird in Jesus Mensch und macht sich von Anfang an verletzlich. Mit seinen Eltern muss er vor dem Kindermord des Herodes fliehen und in Ägypten um Asyl bitten. Und schon am Anfang ist das Kreuz am Ende im Blick.
Das passt nicht in die bunte spektakuläre Dreikönigswelt. Da spielt Jesus eigentlich keine Rolle. Die Menschen um Matthäus aber haben die Botschaft der biblischen Geschichte verstanden:
Die Gemeinde des Matthäus war selber zu Flüchtlingen geworden. Sie hörten, dass Gott auch an den entlegenen Orten sich zu erkennen gibt. Sie spürten einen König, der nicht über andere herrschte, sondern auch in den schwierigen Zeiten an ihrer Seite stand. Einen König der nicht das Weite sucht, wenn es brenzlig wird, sondern einen König, der sogar das Kreuz auf sich nimmt. Sie spürten, dass Gott die Menschen liebt und nicht der Willkür anderer ausliefern will.
Klar, auch heute gibt es noch einige Möchte-gern-Könige, die ihre Macht in den Mittelpunkt stellen. Aber das eigentliche Problem scheinen mir heute nicht nur die Großen der Weltpolitik zu sein, sondern die vielen kleinen selbsternannten Könige, die ihre Sorge vor einem zu-kurz-kommen in der Gesellschaft mit verbaler oder auch körperlicher Gewalt zum Ausdruck bringen.
Da wäre es doch gut, sich die heiligen Dreikönige vor Augen zu führen, die trotz aller Unterschiede das Gemeinsame suchen und finden, die einen neuen weg der Orientierung suchen und finden und schließlich im Angesicht Jesu spüren, wer sie wirklich sind.
Die christliche Gemeinde des Matthäus hat daraus jedenfalls einen Anfang gemacht. Sie ist zur Kirche geworden. Trotz aller Fehler und Verfehlungen in der Kirchengeschichte erzählen Christen immer noch die gleiche Botschaft: Jesus Christus ist der König der ganzen Welt. Ihn anzubeten heißt: Gemeinsam trotz aller Unterschiede in gegenseitigem Respekt miteinander als Kinder Gottes leben. Die Weisen aus dem Orient haben es vorgemacht (vielleicht waren es am Anfang nur drei) Wir können es ihnen nachmachen. Gott helfe uns! Amen!

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