Hör auf Deinen Engel Apostelgeschichte 12,1-11 Die Befreiung des Petrus

Predigttext Apostelgeschichte 12,1-11

Liebe Gemeinde,
am vergangenen Montag strahlte das ZDF einen bewegenden Spielfilm aus: Gefangen - Der Fall K.“ -  In der Hauptrolle: Jan Josef Liefers. Basierend auf der wahren Geschichte von Gustl Mollath. Es ging um einen Autohändler, dessen Frau dubiose Geldgeschäfte in der Schweiz tätigte. Als Mollath seine Frau drängte, mit den Schwarzgeldgeschäften aufzuhören, sorgte diese mit Hilfe der Justiz dafür, dass Mollath in die geschlosse-ne Psychatrie eingewiesen wurde. 8 Jahre war er dort, wahr-scheinlich unschuldig. Psychisch und finanziell abgebrannt.
Mir ist der Film sehr nahe gegangen.: Gefangen nicht nur von Mauern sondern auch im Netz von Macht und Intrigen. Er zeigt, wie jemand in eine nahezu hoffnungslose Situation kommen kann. Gefangen in Mauern, gefangen tatsächlich mit Ketten, zerrieben zwischen eigenem Stolz und dem Versuch anderer, eben diesen Lebenswillen zu brechen. Nie hätte ich gedacht, dass so etwas im modernen Deutschland im 21.Jhdt. möglich sein könnte.

In Diktaturen vielleicht, oder wie wir gehört haben in den ersten Jahrzehnten der frühen Christenheit unter den Despoten der Antike: Die Apostelgeschichte berichtet über einen ähnlichen Fall:
König Herodes lässt Christen misshandeln. Der Apostel Jakobus wird mit dem Schwert hingerichtet wie ein Schwerverbrecher. Kein Protest regt sich in der Bevölkerung. Im Gegenteil: Das Volk erfreut sich am Tode Unschuldiger. Da nimmt Herodes Petrus gefangen und plant mit ihm auch einen Schauprozess; Mit Hilfe einer folgsamen Justiz. wahrscheinlich um von eigenen Problemen abzulenken.

Die Apostelgeschichte erzählt, wie hoffnungslos die Lage für Petrus ist: Er ist im Gefängnis, hinter Mauern, er wird von zwei Soldaten vor der Tür bewacht und zwei weitere beobachten Petrus sogar in der Nacht, obwohl der mit 2 Ketten gefesselt ist. 

Hoffnungslos! Völlig fremdbestimmt. Schuldig oder nicht: Das Urteil ist noch nicht einmal gesprochen, aber hier hat jemand keine Freiheit; hier hat jemand keine Chance das Leben und seine Möglichkeiten zu planen. Nachdem Jakobus ermordet wurde, scheint ein Licht der Hoffnung nicht mehr erflammen zu können.

Hoffnungslos! Wie im Fall Mollath. Oder: Wie bei Menschen, die im Elend großwerden, das sie nicht selber verursacht haben. Wie bei Menschen, die nach der Krebsdiagnose jeden Mut verlieren. Wie bei Menschen, denen Mobbing die Lebenslust genommen hat. Wie bei Menschen, die ihr Leben vor die Wand gefahren haben und keine Chance entdecken, wieder einen Neuanfang zu machen. Wie bei Menschen, die durch den Tod eines geliebten Menschen nur noch Dunkel um sich spüren. Mauern und Ketten gibt es viele.

Doch dann passiert doch noch etwas. Wundersam aber unspektakulär: Der Engel des Herrn kam herein in das Verlies. Da wird es plötzlich hell. Der Engel rempelt Petrus in die Seite und sagt „Steh auf!“ Petrus steht auf und die Ketten fallen ab. Kein Fragen, kein Aufschrei, kein Erstaunen. „Gürte Dich, zieh die Schuhe an!“ sagt der Engel und Petrus macht das auf der Stelle. Zieh dir was an und vergiss Deine Schuhe nicht! sagt der Engel, als ob ein Kind auf den alltäglichen Schulweg geschickt wird. Petrus folgt dem Engel, sie passieren die Wachen, ein Tor geht auf, einfach so!

Und als sie dann in Jerusalem in der Altstadtgasse stehen, verschwindet der Engel wieder. Genauso unspektakulär wie er gekommen ist. Erst da wacht Petrus aus seiner Benommenheit auf und versteht allmählich, was da gerade passiert ist:

Gott hat einen Engel entsandt. Gott war der hoffnungslose Fall nicht egal. Er hat mich aus der Hand des Herodes befreit und von dem, was das Volk erwartete.

Das alleine ist schon sehr viel frohe Botschaft, nicht wahr? Zu schön um wahr zu sein, denken wir vielleicht! Wahr ist aber, dass es für einen Menschen offenbar nie zu spät ist, an eine Hoffnung zu glauben, daran dass Gott das Schicksal eines einzelnen Menschen nicht egal ist. Nicht immer, das weiß ich -aber meistens gibt es doch noch eine Tür, die sich auftut und Wege zum Leben offenbart. Grund genug, zu hoffen und zu beten.

In dem Spielfilm gibt es eine Szene, in der Mollath den Jahreswechsel aus seiner Einzelzelle erlebt. Dabei hört er aus einem fernen Radio eine Predigt und murmelt dann immer wieder zu sich selber: Fürchte Dich nicht! Fürchte Dich nicht! Wenn Du den Engel neben Dir nicht entdeckst, dann sei gewiss, dass der Engel eines anderen auch für Dich da ist. Der Engel des Petrus auch für Dich. Dann sage Dir das notfalls selber: Fürchte Dich nicht!

Bei Petrus kommt aber noch etwas ins Spiel: Das ist die christliche Gemeinde. Sie hat mitbekommen, dass Petrus in einer aus menschlicher Sicht hoffnungslosen Lage ist. Das ist ja wichtig: Eine Gemeinde und auch ein Pastor muss mitbekommen, wenn jemand in Not ist. Ein Pastor kann oftmals nicht wissen, was mit einzelnen los ist, wenn es ihm keiner sagt! Wie hilfreich ist es, wenn jemand sagt: Ich brauche Beistand. Einen Besuch! Und wenn das nicht möglich ist: Ein Gebet.

Die Gemeinde des Petrus betet. Sie betet für Petrus und zwar – so heißt es – ohne damit aufzuhören!

Ich denke an die Deutschen, die in der Türkei aus politischen Gründen gefangen genommen worden sind. Sie haben fast alle einen Unterstützerkreis und die, die befreit wurden, sagen, wie wichtig für sie die Unterstützung gewesen sei.

Ich denke an die Menschen, die zu mir in hoffnungslosen Lagen gekommen sind. So hoffnungslos, dass auch ich keinen Rat wusste. Ich habe dann oft eine Kerze angezündet und gefragt, ob ich ein Gebet sprechen solle. Meistens kam ein „Ja bitte!“ – auch von denen, die mit dem Glauben an Gott angeblich nichts anzufangen wussten. Nachher haben sie alle gesagt: „das hat gut getan!“

Wir Christen glauben ja daran, dass es immer mehr Licht als Dunkel, immer mehr Freiheit als Gefangensein, immer mehr Hoffnung als Hoffnungslosigkeit gibt. Und dass schließlich eine Auferstehung uns sogar aus der Todesnacht befreien wird.

Daran festzuhalten braucht es auch eine betende Gemeinde. Daran festzuhalten braucht es einen, der uns wie der Engel auch einmal unsanft in die Seite stößt. Und wenn es dann heißt: Steh auf, geh und vergiss Deine Schuhe nicht! Dann musst man das eben auch tun! Einfach so, ohne Brimbamborium und ohne dies ganze zweifelnde Nachfragen: Voller Gottvertrauen. Voller Hoffnung. Denn Gott ist die Hoffnung. Und die Hoffnung stirbt nicht einmal zuletzt! Amen!


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