Danke, dass Sie hier sind...

Liebe Gemeinde, schön dass Sie hier sind! Ich sage das nicht einfach so. Sie könnten ja jetzt auch am Strand liegen oder in einem Restaurant sitzen, aber Sie sind hier. Ich sage Gott Danke, nicht nur weil es mir gut tut, wenn die Kirche sich füllt. Ich sage Danke, weil Sie am Glauben festhalten, allen Unkenrufen zum Trotz; weil Sie die Nähe Gottes in der Kirche suchen, obwohl man so viel Schlechtes über die Kirche erzählt. Sie halten eine Stunde inne, inmitten des Urlaubstrubels hier am Strand von Teneriffa, dessen schlimmster Feind ja die Stille zu sein scheint. Sie halten Stand im Glauben: Vorbildlich!

Nein, ich habe heute morgen nichts Aufputschendes getrunken und Drogen nehme ich auch nicht. Aber der Bibeltext für den heutigen Sonntag erinnert mich daran, dass auch ich zu selten über das Schöne am Glauben und das Faszinierende an der Kirche rede. Hören wir einmal wie es Paulus mit einer der ersten Christengemeinden ging:

1.Thess.1,2-10

Paulus ist schon ein bisschen stolz auf das, was er geschaffen hat, was er da als Gemeinde in Thessaloniki gegründet hat. Das hört man wohl heraus. Eigenlob stinkt, habe ich früh schon als Kind gelernt. Aber das ständige Laufen mit gesenk-tem Kopf, mit nahezu masochistischer Selbstkritik, mit dem Büßergesicht kann ja nicht Ausdruck der frohen Botschaft sein. Die Thessalonicher haben trotz großer Bedrängnis noch mit Freuden im Heiligen Geist ihrem Glauben Ausdruck verliehen. Paulus gefällt das!

Mir fällt dazu diese Anekdote ein:
Im Zugabteil liest ein junger Mann in der Bibel. Mit einem Mal springt er auf und ruft „ Großer Gott, ich lobe Dich!“ „ Ein etwa Gleichaltriger spricht ihn an: „ Alles ok mit Dir?“ darauf der andere: „Ja Mann, ich habe gerade gelesen, wie Gott sein Volk gerettet hat, indem er sie durch das Schilfmeer trockenen Fußes geführt hat!“ „Ach, das ist doch nur ein Märchen!“ sagt darauf der andere. „ Das Schilfmeer war doch nicht mehr als eine Pfütze!“ Der Bibelleser setzt sich ganz betreten. Kurz darauf ruft er schon wieder: „ Gott ich lobe und preise Dich!“ „Was hast Du denn nun schon wieder?“ fragt der andere. Daruf der erste: „ Ich habe gerade gelesen, wie Gott das gesamte ägyptische Heer des Pharao in einer Pfütze ertränkt hat...“

Am Glauben festhalten auch wenn es in der Gesellschaft nicht immer leicht ist: Und das auch noch fröhlich und vielleicht sogar mit gutem Humor! Dafür sind die Thessalonicher ein Vorbild geworden für viele.

Das ist durchaus ein Stück Arbeit: Vom Werk im Glauben spricht Paulus, eigentlich ganz unpaulinisch. Glaube ist für die Thessalonicher nicht nur eine Herzensangelegenheit. Der Glaube ist nicht irgendwie da. Am und für den Glauben muss man arbeiten. Das kennen wir doch auch:

Als Kind haben wir vielleicht einen Glauben kennengelernt, der ein bisschen naiv war, je nach dem was und wer uns geprägt hat. Je älter man wird, desto mehr wird der kindliche Glaube herausgefordert: Ist Gott ein liebender Gott? Wenn ja, warum lässt er Leiden zu? Worauf kann ich mich verlassen? Wozu ist mein Leben eigentlich da? Der Glaube wird immer wieder einer Prüfung unterzogen. Deshalb ist es gut, wenn es eine Gemeinde gibt, in der man sich über Glaubensfragen austauschen kann. Glaube ist nicht nur Privatsache. In der Gemeinde in Thessaloniki hat man offenbar gemeinsam am Glauben gearbeitet, gerade im Erleben von Bedrängnis, Spott und Verfolgung in einer ganz und gar unchristlichen Umgebung. Man hat am Glauben festgehalten, sich gegenseitig getröstet und miteinander gelacht.

Ein zweites erwähnt Paulus: 
Arbeit in der Liebe
Nächstenliebe ist damit gemeint! Wir haben dafür heute Profis in der Caritas und in der Diakonie. Immer geht es darum, dass Glaube an Gott auch bedeutet, den anderen als Mitmenschen zu sehen. Wir wissen, dass das gar nicht immer leicht ist. Wir reden und treffen uns mit denen, die wir kennen und die uns einigermaßen sympathisch sind. Das führt zu Grüppchenbildungen. Dagegen ist nichts zu sagen, aber Christen gucken über den Tellerrand. In Thessaloniki wird das gar nicht so leicht gewesen sein, inmitten der heidnischen Götterwelt, inmitten einer Lebensphilosophie, wo das Streben nach eigenem Vorteil und Glück groß geschrieben wurde. Wenn man da vom Glauben redet, was es einem bedeutet; ohne gleich den anderen mit dem Missionsmäntelchen zu ersticken, dann ist das Arbeit in der Liebe, mutiges Bekennen über den Tellerrand hinaus; dann ist da der Einsatz für Schwache und Bedrängte. Ich ziehe meinen Hut vor denen, die auch aus dem Glauben heraus dieser Tage in Chemnitz der Trauer über einen ermordeten Mitbürger Zeit geben, die nicht blind sind vor den Problemen von Gewalt, die aber auch mutig einstehen, um Hass und Hetze entgegen zu treten. Es gibt auch andere, die da Vorbilder sind; aber für Christen ist Arbeit in der Liebe die logische Konsequenz aus dem Glauben an Jesus Christus, der allen Menschen das Heil bringt und sich nicht von einzelnen vereinnahmen lässt.

Noch ein Drittes erwähnt Paulus: 
Geduld in der Hoffnung

Die ersten Christen haben darauf gehofft, dass Jesus bald wiederkommen wird und das Reich Gottes nicht nur angebrochen ist, sondern auch vollendet wird. Menschen werden nicht mehr Angst vor dem Tod haben müssen; Friede wird sein und Gerechtigkeit herrschen. Das Böse hat keine Macht mehr. Leiden hat ein Ende.

Auch für uns heute ist das noch immer das Ziel der christlichen Hoffnung. Wir beten ja in jedem Gottesdienst: „Dein Reich komme!“. Und doch war es damals und ist es heute schwer an eine Welt zu glauben, in der es ein Miteinander und kein gegeneinander gibt. Eine Welt, in der keiner flüchten muss oder vertrieben wird. Eine Welt, in der die Luft gut zu atmen ist und Wasser überall frisch und rein vorhanden ist. Eine Welt, in der nicht die Hautfarbe oder das Geschlecht zählt. Eine Welt, in der die Menschen an Gott glauben anstatt sich als Herren aufzuführen.

Und doch: was wäre diese Erde ohne die Menschen, die an der Hoffnung festhalten, dass es anders sein könnte?
Ich denke an Henry Dunant, der 1859 Augenzeuge der Schlacht von Solferino wurde und trotz des Entsetzens über den Tod und die Verwundung von über 6000 Menschen die Hoffnung gebar, dass man weltweit Verletzten helfen können müsste. So entstand das Rote Kreuz.

Ich denke an den Bremer Kaufmann H.H. Meyer, der sich nicht damit abfinden wollte, dass Schiffe im Sturm nun mal untergehen können. Stattdessen gründete mit einigen anderen er die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, die ohne staatliche Unterstützung nun weltweit - oft mit Freiwilligen besetzt - Menschen in Not unabhängig von deren Herkunft Hilfe zukommen lässt.

Ich denke an Martin Luther, der gesagt haben soll, dass er heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen würde, wenn morgen die Welt untergehen sollte.

Ich denke an die vielen Hoffnungsgeschichten der Bibel, in denen nicht alle Menschen geheilt werden, aus denen aber für alle Menschen bis heute immer wieder neue Hoffnung erstehen kann.

Ich denke daran, dass Sie heute hier sind: Menschen, die an Gottes Liebe aktiv glauben, die in der Liebe für einander einstehen können, die Hoffnungsträger sind in mitten von immer wieder schlechten Nachrichten. Ihr seid Vorbilder im Glauben: nicht in Makedonien und Achaja, aber auf Teneriffa und da, wo Ihr zuhause seid. Gott segne Euch. Er stärke Euren Glauben! Der Heilige Geist belebe Eure Gemeinden! Amen!

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