Anders, aber Miteinander: Galaterbrief. 2,11-21 (11.S. nach Trinitatis am 12.8.2018)

Text: Galaterbrief, Kapitel 2,11-21

Liebe Gemeinde,
Wie heißt es?
Jeder ist seines eigenen….               Glückes Schmied!?
Hast Du was ….                                 Bist Du was!?

Ja so heißt es. Diese und andere Sprichwörter kennen wir. Mit solchen Lebensweisheiten sind wir aufgewachsen. Bewusst oder unbewusst haben wir sie verinnerlicht. Sie bestimmen unser Leben gehörig mit. So schlecht ist das oft auch nicht!

Zum Beispiel: Jan
Jan hat es zu etwas gebracht. Er hat ein Haus vor den Toren der Stadt gekauft. Er lebt in einer festen Beziehung. Jan ist gerade 30. Er hat studiert, war immer fleißig und hat oft auf Freizeit verzichtet. Er hat einen gutbezahlten Job. Er ist beliebt. Kein Millionär, aber wohlhabend. Und das hat er sich selbst verdient. Hast Du was, dann bist Du was.

Zum Beispiel Sabrina:
Sabrina wollte immer nach Indien: Die Lehre hat sie wegen ihres Traumes hingeschmissen: Hier ein Job und da einmal gearbeitet.. In Indien hat sie sich verliebt, -  ist Mutter geworden. Als die Eltern starben, war ihr der Weg nach Deutschland zu weit. Jetzt ist die Beziehung in die Brüche gegangen. Ohne Familie war sie als Ausländerin in Indien verloren. Sie ist mit dem Kind nach Deutschland zurückgekehrt. Sie lebt von der Sozialhilfe.

Jeder ist seines eigenen Glückes oder Unglückes Schmied.

Was kann man also tun, um glücklich zu werden? 
In der Buchhandlung und im Internet gibt es dazu unzählige Ratgeber. In einem Ratgeber las ich: Man hat keinen Stress, sondern macht sich nur selber Stress.
Ich weiß nicht, ob das Sabrina wirklich helfen würde, wenn ihr Kleiner am Freitagabend plötzlich hohes Fieber bekommt und er einen Arzt braucht. Oder wenn das Geld mal wieder nicht reicht?

Die Bibel geht mit dem Wort „Glück“ etwas vorsichtiger um. Aber immerhin lebt die Bibel vom Evangelium, also einer Guten Botschaft. Und diese Botschaft heißt: Gott liebt Dich. Gott ist in Jesus uns als Mensch gleich geworden. Gott will sich den Menschen zuwenden. Nicht nur Einzelnen, sondern tatsächlich allen. Gottes Liebe wendet sich an glückliche und an unglückliche Menschen, wenn es denn den einen oder anderen Zustand auf Dauer überhaupt gibt.

Von Gott geliebt zu sein, dass macht nicht automatisch glücklich. Aber das Gefühl in Glück und im Unglück geliebt zu sein, kann einem zumindest Selbstbewusstsein geben. Ich muss nicht alles mitmachen, was andere von mir erwarten. Ich kann meinen eigenen Weg zum Leben finden. Dafür ist es nie zu spät. Selbst wenn im bisherigen Leben vieles schief gegangen ist, denn: Ich bin durch meinen Glauben von Gott angenommen. Er lässt mich nicht fallen. Er gibt mich nicht auf. Ich bin beschenkt aus Gnade mit diesem Leben. Das ist ein Grund mit dem Leben verantwortlich umzugehen. Aber es ist auch der Grund, sich Liebe und Anerkennung nicht mit Leistungen erwerben zu müssen.

Lassen wir Jan und Sabrina mal einen Augenblick unbeachtet

Die Liebe Gottes gilt dem Volk Israel zuerst, dann aber auch den Nichtjuden, die im Neuen Testament Heiden genannt werden. Was heute eigentlich selbstverständlich sein müsste, war vor allem in der frühen Christenheit ein echtes Problem. Der Apostel Petrus z. Bsp. hatte selbst miterlebt, wie Jesus als Jude inmitten  der jüdischen Kultur gelebt hat, aber auch die Gemeinschaft mit einem römischen Hauptmann gesucht hat; wie er zu Einheimischen und Ausländern gleichermaßen gepredigt hatte, so als wären alle Menschen vor Gott gleich!

In der Stadt Antiochia hatte Petrus deshalb auch mit Juden und Heiden gleichermaßen Gemeinschaft. Er aß mit beiden, obwohl es im Judentum eigentlich feste Speisevorschriften gibt. Wer das ernst nimmt, kann keine Tischgemeinschaft mit denen haben, die diese Regeln nicht einhalten. Aber Petrus lebte im Glauben an die grenzenlose Liebe Gottes eine wohltuende Freiheit. Allerdings besuchten ihn einmal andere Apostel und die störten sich daran, dass Petrus nun meinte, keinerlei jüdische Regeln mehr beachten zu müssen. Petrus bekam es wohl mit der Angst zu tun, zog sich zurück und forderte schließlich, dass auch die Heiden bestimmte Regeln aus dem ersten Testament einhalten müssten.

Das bekommt der große Heidenmissionar Paulus mit. und regt sich im Galaterbrief nunmehr fürchterlich über Petrus auf: „Durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch vor Gott gerecht!“

Heuchelei wirft ihm Paulus vor. Und das auch noch öffentlich. Es geht also richtig zur Sache! Es geht um die eine Sache: Was ist das Wesen des Christentums? Auch gegenüber dem Judentum! Woran glauben eigentlich Christen?

Für Paulus ist das klar:
Christen glauben an Jesus! Er ist Gottes Sohn. Und mit Jesus sind Grenzen überschritten worden. Das Evangelim gilt Juden zuerst, nun aber ebenfalls der ganzen Welt. Gott ist ein Gott für alle Menschen. Gott liebt Menschen: das ist Evangelium, das ist frohe Botschaft und das ist auch geschenktes Glück! Jedenfalls nichts, was der Mensch sich erschaffen kann, sondern etwas was er nur als Gnade (dieses alte, aber unersetzbare Wort!) begreifen kann. Wenn Juden sich an die Ordnungen der Thora halten, ist dagegen nichts einzuwenden; aber deshalb müssen Christen nicht zu Juden werden. Gottes Liebe gilt beiden, sagt Paulus: Juden und Christen. Fertig!

Wie gehen wir um mit Normen und Zwängen und wie mit Freiheit? „Was für einen wichtig ist, muss jeder selber wissen!“, höre ich oft. Ich glaube, dass das nicht stimmt und falsch verstandene Freiheit ist. Wir leben auf einer Erde und das zusammen. Wir sind auf einander angewiesen und das vielleicht sogar deutlicher als zu früheren Zeiten. Martin Luther hat das Zusammenspiel von Freiheit und Normen wie ich finde sehr gut ausgedrückt: Ein Christ ist ein freier Mensch und niemandem untertan. Aber gleichzeitig: Ein Christ ist ein dienbarer Knecht und jedermann untertan. Wir sind freie Menschen, aber wir kennen trotzdem Regeln des Zusammenlebens. Es darf nicht jeder tun, was er gerade für richtig hält. Dann fliegt uns unsere Gesellschaft und diese Erde irgendwann um die Ohren!

Der Apostel Paulus schreibt im Galaterbrief: Ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus in mir. Als Christ habe ich zuerst auf das zu achten, was Gott mir sagt und nicht vordringlich auf das, was Menschen meinen, das ich tun müsse. Im Leben von uns Christen, soll die frohe Botschaft Jesu Christi sichtbar und erlebbar werden. Wie das geht? Ich erzähle noch einmal von Jan und Sabrina:

Jan hat sich einfach mal in die Kirche am Sonntag getraut: wollte wissen, was da in seinem neuen Stadtteil so los ist. Beim Kirchcafe saß er dann mit seiner Freundin neben Sabrina mit ihrem Kind. Sabrina erzählte von Indien und ihrem Scheitern. Jan hat trotzdem Respekt vor Sabrinas Sehnsucht, die Welt näher kennenzulernen. Jan und seine Freundin erzählen vom neubezogenen Haus. Spießig denkt Sabrina, aber auch gut, so eine feste Geborgenheit zu haben. Jetzt kommt Sabrina ab und an mal bei Jan und seiner Partnerin vorbei. Sabrina bringt etwas Selbstgemachtes zum Essen mit und den Rest kauft Jan ein. Der Kleine kann schon aus der KiTa ein Tischgebet und beginnt damit die gemeinsame Mahlzeit.  Und Sonntags sehen die vier sich manchmal im Gottesdienst.

Zu schön um wahr zu sein? Vielleicht! Aber warum sollten unsere Kirchen nicht Orte für unglaublich schöne Geschichten des Miteinanders von verschiedenen Charakteren sein? Paulus hat sich mutig dafür eingesetzt, dass Juden und Heiden in gegenseitigem Respekt wie gute Schwestern und Brüder begegnen. In der Kirche begegnet man sich ohne Ansehen der Person, freut sich daran, so sein zu dürfen, wie man ist und steht füreinander ein. Traditionelle und solche mit neuen Lebensmodellen. Glückliche und Unglückliche, Erfolgreiche und Gescheiterte. Ein Christ ist ein freier Mensch und niemandem untertan und gleichzeitig ein dienbarer Knecht und jedermann untertan. Im Glauben sind wir vor Gott gemeinsam gerecht, auch wenn wir nicht perfekt sind.
In der Kirche und in unserem Leben können wir zeigen, dass Christus in uns ist. - Ich finde das ziemlich gut! Amen

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