seid eines Sinnes (Philipper 2,1-4) Predigt zum 15.Juli 2018

Liebe Gemeinde,

heute abend ist sie vorbei: Die Fußball WM. Es wird die Mannschaft siegen, die den größten Teamgeist aufbringen wird. Natürlich gehört auch der eine oder andere gute Einzelspieler dazu; aber auch der wird nur so gut sein, wie ihn ein anderer in Szene setzt. Es wird aber auch den Sieger geben und die Verlierer. Das gehört zum Sport, auch wenn mir die Verlierer - ehrlich gesagt - manchmal leid tun. 

Die Fußballwelt wird dann bis zum Start der Bundesliga eine kleine Pause einlegen. Doch die Welt dreht sich weiter und manchmal denke ich: Die Welt dreht durch! Die Weltgemeinschaft besitzt leider keinen Teamgeist, sie tut sich schwer gemeinsam Ziele zu setzen und diese zu arbeiten. Im Gegenteil: Gemeinsame Projekte zerfasern in Einzelinteressen.

Die Amerikaner verabschieden sich gerade von den verbindenden Werten, die sie selbst einmal zum Maßstab der Nachkriegsordnung machten. Es wird kein Konsens gesucht, sondern nationaler Egoismus und selbstherrliche Eitelkeit. In der Türkei erhebt sich ein allmächtiger Sultan, der keine Opposition duldet,  mitten im 21. Jhdt. Die EU, die einmal von der Vision des respektvollen Miteinanders getragen war, zerfällt vor Angst, dass ein Staat zu den Verlierern des Miteinanders werden könnte. 

Mir macht das Sorge! Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass Eigennutz und Eitelkeit, der Blick auf sich selbst und nicht auf den Dienst am anderen, nie zum Frieden geführt hat, sondern Unmenschlichkeit und Zerfall zur Folge hatte.

Dass die Welt kein Paradies ist, wissen wir spätestens seit Adam und Eva. Wenn der Mensch vom Baum der Erkenntnis isst, verfügt er möglicherweise über unglaubliche Möglichkeiten. Klug wird er dadurch aber nicht. Die Folge kennen wir: Kain erhebt sich über Abel und schlägt ihn tot. Erst ich, dann die anderen! Klug wäre es dagegen, wenn wir Regeln für ein Miteinander finden. Der liebe Gott hat die Welt nicht nur für einzelne Menschen, sondern für alle geschaffen!

Ich lese, dass in der Welt der Antike, ähnliches Probleme im Miteinander zu beobachten waren: Die Griechen verfügten über große Künste und weitsichtige Philosophie; die Römer über militärische Stärke. Richtig genützt hat es beiden nicht. Die damalige Welt funktionierte nur durch ein brutales Oben und Unten.  Ohne Sklavenarbeit war der Luxus der Reichen nicht denkbar. Religion durfte sein, aber nur wenn der Kaiser als höchste Instanz nicht in Frage gestellt wurde. Der römische Frieden war ständig brüchig und kannte keine Gerechtigkeit und duldete keinen Aufstand. 

Inmitten dieser sonderbaren alten und doch bekannten Welt, inmitten dieser scheinbar unausweichlichen menschlichen Natur, die ständig um das eigene Überleben kämpft und diesen Kampf mit der Angst vor dem Verlierersein verbindet, die sich so schwer tut einen Mannschafts, einen Teamgeist zu entwickeln, werden wir mit den heutigen Bibelworten  in die christliche Gemeinde von Philippi im Norden Griechenlands geführt.

Eine Kirchengemeinde wird ein Gegenbild zum menschlichen Egoismus. Trotz großer Unterschiede soll die christliche Gemeinschaft durch einen Teamgeist gezeichnet sein. Aus der Apostelgeschichte haben wir gehört, wie in den ersten Gemeinden alles miteinander geteilt wurde, immer zugunsten derjenigen, die nichts hatten; wie man Abendmahl feierte und das gemeinsames Essen Freude bereitete und nicht zum Stress wurde, wie in manchen Hotels die Schlacht am Buffet.

Mehr noch: Die Apostelgeschichte berichtet davon, wie sehnsüchtig die Öffentlichkeit von der christlichen Gemeinde Notiz nahm; vom Wohlwollen beim ganzen Volk ist da die Rede und dass täglich Menschen zur Gemeinde neu dazu kamen, um von der Atmosphäre des Respekts und von der Liebe zum Miteinander etwas abzubekommen und selbst etwas dazu beizutragen.

Das ist die andere Seite von uns Menschen. Wir verhalten uns oft wie Tiere im Gegeneinander und sehnen uns doch so oft nach einem menschlichen Miteinander.

Christen haben die Möglichkeit, mehr als andere, das Miteinander zu pflegen. Ganz einfach dadurch, dass wir uns um Christus versammeln. Wir feiern Gottesdienst um das Kreuz Jesu:  das Zeichen von Schwäche und Hingabe. Das Zeichen, an dem Hoffnungslosigkeit zu neuem Leben erwachen wird.  Das Zeichen, dass für die um den Machterhalt Kämpfenden wie ein Spott daher kommt,; für die Glaubenden aber zum Zeichen des Miteinanders, ja der Rettung der Welt geworden ist.

Jedoch sind Christen keine besseren Menschen. Am heutigen 15. Juli 1099 etwa haben christliche Kreuzritter Jerusalem erobert. Sieger und Besiegte. Das kennt leider auch die Kirchengeschichte immer wieder. Und auch in den christlichen Kirchen muss es schon früh Reibungsverluste durch die menschliche Natur gegeben haben. Das mag manche trösten, die in ihren Kirchengemeinden auch unter Parteien und Egoismus und Machgelüsten einzelner leiden. Sonst hätte Paulus uns nicht diese Zeilen hinterlassen:

„Macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid! Seid unter Euch so gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht!“

Das entscheidende Wort aber in dem flammenden Appell von Paulus zum mannschaftlichen Miteinander ist das Wort „Demut“. „Sich selbst niedrigmachen“ müsste man wörtlich übersetzen. Nicht den anderen erniedrigen, sondern sich selbst. Nicht sich selbst aufgeben, nein, das nicht! – aber die Welt mal aus der Sicht des anderen versuchen zu sehen. – Zu gerne möchte ich das mal den Trumps und Erdogans, den Despoten dieser Welt, den Angstmachern und Schreihälsen dieser Welt ins Stammbuch schreiben: Demut, Miteinander und Respekt geben der Welt eine weite Zukunft und nicht Eure kurze Sicht auf Euch selbst.

Und dann denke ich daran, wie schwer es ist, selbst immer respektvoll zu bleiben; wie oft ich selber meine unterzugehen, wenn andere ohne Rücksicht oder Klugheit bestimmen, was Sache ist; ich spüre, wie das Sprichwort „Undank ist der Welten Lohn“ einen zerfressen kann und ein hartes Herz hinterlässt. Christen haben keine andere Natur als das Menschsein. Ich sehe, wie diese Worte aus dem Philipperbrief tatsächlich auch uns Christen und unsere Gemeinden ermahnen müssen, nicht dem Prinzip von Sieger und Besiegten zu erliegen, von Egoismus und Rechthaberei. Es gibt soviel Gutes aus den Kirchen dieser Welt zu berichten. In die Schlagzeilen gelangen meistens nur die schlechten Nachrichten. Manchmal sind es Einzelne oder Kleinigkeiten, die gute Wege zum Miteinander weisen:

Ich denke z.B.  an den Zöllner Zachäus. Der Kleine Mann, der sich auf einem Baum groß gemacht hat, der betrogen hat, um viel für sich selbst zu erhaschen. Ich denke an ihn, weil er im Angesicht von Jesus Christus, von diesem Baum heruntergekommen ist, sich erniedrigt hat, wie er den Hintergangenen den Nachteil doppelt und dreifach gut machen wollte. Was hat er davon gehabt?
Immerhin Gemeinschaft mit Christus und einen beispielhaften Eintrag in das Buch der Bücher! Seid so unter Euch gesinnt, wie es dem Leben in Christus entspricht. Nicht nur das Gold des Ersten und Besten zählt, Silber glänzt auch und so manches, was ohne jegliche Medaille bleibt. In den Kirchen versammeln wir uns, Erfolgreiche und Strauchelnde, um das Kreuz Jesu. Das ist das Einzige was wirklich zählt. Und das ist gut, teamfördernd und segensreich! Gott sei Dank!
Amen!

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