Kol.4,2-6 Rogate- Betet!

Kol. 4,2-6        Beten
Eine offene Kirche. Ein Ehepaar tritt herein. Sie zeichnen ein Kreuz auf der Brust, verbeugen sich, setzen sich auf eine Bank. Sie falten die Hände. Sie beten.Es ist still. Kein Wort fällt und doch haben sie etwas zu sagen. Ich kann es nicht hören. Aber sie wissen: Gott hört zu. Das reicht!

Vor unserer Kirche ist ein englischer Pub. Es ist voll mit Menschen in blauen Trikots. Ein Spiel der Premierligue wird laut übertragen. Die Stimme des Reporters über-schlägt sich. Die Zuschauer halten den Atem an, dann stöhnen sie laut auf, reißen die Arme hoch, falten die Hände und verdrehen die Augen zum Himmel! Ich ahne was sie erbitten. Aber ich weiß nicht, ob Gott zuhört.

In der Kirche hat jemand eine Kerze angezündet. Einfach so. Vielleicht weil Worte fehlen. Vielleicht, weil ein Licht mehr sagt, als viele Worte. Ich weiß es nicht, aber ich ahne, dass Gott versteht. Irgendwann verlöscht das Licht. Aber das Zeichen war nicht umsonst.

In einer Schule hat es einen Amoklauf eines Schülers gegeben. Es gibt Tote. Am Ende erschießt der Täter sich selbst. Vor der Schule liegen auf einem Platz Kuschel-tiere, Blumen, Kerzen. Jugendliche halten sich gegenseitig fest. Es wird geweint. Keiner spricht ein Wort. Auf einem Blatt Papier steht: warum? Die Polizei sucht nach einem Motiv, aber sie wird die Frage nach dem „wa-rum?“ nie beantworten. Aber es ist gut, wenn die Ohnmacht zumindest „warum?“ stammelt.

In der Kirche spricht jemand ein Fürbittengebet. Alles kommt vor. Die Armen und die Reichen, der Krieg und der Frieden. Teile der Predigt werden wiederholt. Mir ist das zu lang. Ich frage mich, was Gottes Ohren alles aufnehmen sollen und müssen. Muss alles gesagt werden?

„Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung! Betet zugleich auch für uns!“ lese ich im Predigttext des Kolosserbriefes. 

Menschen beten. Manche in besonderen Situationen. Andere täglich: Morgens oder vor dem Zubettgehen. Für einige gehört ein Tischgebet zum Anfang einer Mahlzeit. Andere können das nicht, weil viele Nahrungsmittel eher mit Unheil zu tun haben.

Sollen wir also beten, auch wenn uns nicht danach zumute ist? „Seid beharrlich im Gebet!“ sagt Paulus den Christen in Kolossae. Jesus aber sagt: „Wenn ihr betet, dann plappert nicht wie die Heiden, denn sie meinen, sie werden gehört, wenn sie viele Worte machen!“ Euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.“ (Mt.6,5ff)

Beten lässt sich nicht verordnen. Auch wenn der Name des heutigen Sonntags so klingt: Rogate! Betet! (Oft wurde am Sonntag Rogate für eine gute Ernte gebetet) Beten kommt von Bitten, und bitten ist etwas anderes als fordern. Darf man nicht zuviel von Gott erwarten? Beten kann man auch verlernen, wenn man nur danach fragt, was beten denn bringt und den Ertrag doch nie mit Händen festhält.

Beten ist das Reden des Herzens mit Gott, haben wir in Württemberg unsere Konfirmanden lernen lassen. Darum geht es doch: Dass wir Christen immer und bei allem in Gott einen Ansprechpartner haben. Wir beten zu Gott in der Stille oder mit Worten, durch Falten der Hände und vielleicht auch voller Wut mit der Faust in der Tasche. Wir müssen nicht erst so oder so sein, um Beten zu können. Der Dank nach einer langen unfallfrei-en Reise ist ein Gebet wie auch Jesu „mein Gott, mein Gott! Warum hast Du mich verlassen!“

Beten hat eine Adresse. Die Adresse ist wichtiger als die Form des Gebets. Das unterscheidet uns Christen von den Bitten vieler anderer. 
Darum geht es dem Apostel, wenn er schreibt:
„Verhaltet Euch weise gegenüber denen, die draußen sind und kauft die Zeit aus. Eure Rede sei allezeit wohlklingend und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt.“
Rogate: Beten: füreinander und miteinander. Position beziehen aber mit der Freundlichkeit und Zugewandheit Gottes. Die Zeit des Lebens nutzen für das was uns anvertraut ist. Wir retten nicht die Welt. Wir zünden aber Lichter der Hoffnung und des Trostes an, Lichter die Dunkel aufhellen und Wege aufzeigen. Wir beten auch um Vergebung, wenn unser Handeln und Denken in Sackgassen geführt haben. Wir beten. Wir reden mit Gott. Mal vernehmlich und mal ganz still. Nicht weil wir fromm sind oder man das so macht. Wir reden mit dem Herzen und sind gewiß dass Gott weiß, was wir bedürfen. Amen!

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