Das Wunder von der Speisung der 5000 : Predigt zu Joh.6,1-15 am 31.7.22

 Liebe Gemeinde,

ein Zauberer zaubert:

Er setzt sich den Zylinder auf, der anscheinend leer ist; setzt ihn auf den Kopf, nimmt ihn wieder ab, greift mit der Hand in den Zylinder und dann kommt ein Kaninchen, eine Uhr und eine Rose aus dem doch scheinbar leeren Zylinder. Ein schon bekannter Zaubertrick. Aber ich frage mich immer noch: „Wie macht der das?“ 

Die Ehrlichbrothers sind richtig große Zauberer. Mit dem Zylindertrick können sie kaum noch punkten. Es muss größer, spektakulärer sein, als die bisherigen Zaubertricks. Tausende kommen in ihre Shows und sind dann voller Erwartungen. Es gibt einen Hunger nach Wundern, nach Zauberei, nach dem Trick der Unlösbares löst; und dieser Hunger wird anscheinend nie satt.

 

Die Bücher Mose berichten schon von wundersamen Ereignissen. Das Volk Israel ist in der Wüste. Es hat Hunger. Es mault. Lieber Sklaverei als Hunger leiden. Mit Gottes Hilfe sorgt Mose dafür, dass es Wachteln und Manna regnet. Man kann fragen: Wie macht Gott das nur? Historiker haben sich um naturwissenschaftliche Erklärungen bemüht, aber richtig überzeugend war das alles nicht.

 

Im 2. Buch der Könige wird von einer Witwe berichtet, die so arm ist, dass sie ihre Kinder nicht ernähren kann und nun kommt auch noch ein Schuldeneintreiber und droht ihr das letzte zu nehmen. Das einzige was sie noch besitzt, ist ein Krug mit Öl. Der Prophet Elia rät der Frau, viele Gefäße in der Nachbarschaft zu sammeln. Dahinein soll sie das Öl aus ihrem Krug füllen. Und am Ende reichen alle Gefäße nicht, denn es bleibt noch etwas übrig. Die Frau kann das Öl verkaufen, den Schuldeneintreiber bezahlen und ihren Kindern zu essen kaufen. Wie macht Elia das nur?

 

Und dann berichten die Evangelien, dass diese Wundergeschichten noch getoppt werden, von dem, der mehr ist als Mose und mehr ist als Elia: Allen voran erzählt das Johannesevangelium: Wir hören den Predigttext für den heutigen Sonntag

 

Joh.6,1-15


61Danach ging Jesus weg ans andre Ufer des Galiläischen Meeres, das auch See von Tiberias heißt. 2Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. 3Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. 4Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden. 5Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? 6Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte. 7Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder auch nur ein wenig bekomme. 8Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: 9Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele? 10Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. 11Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten. 12Als sie aber satt waren, spricht er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. 13Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die denen übrig blieben, die gespeist worden waren. 14Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. 15Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er allein.


 

Viel Volk folgt Jesus nach. Sie haben die wundersamen Heilungen Jesu gesehen oder davon gehört. Hunger nach Gesundheit ist so verbreitet wie Hunger im Magen. Sie folgen Jesus nach, laufen einmal um den See Genezareth herum (und das ist sehr weit) Sie erwarten weitere Zaubereien oder Wunder. Es wird Abend. Jesus weiß, dass Staunen nicht satt macht. Das elementarste Grundbedürfnis des Menschen ist Essen und Trinken. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, aber ohne Brot geht es eben auch nicht. Geld genug ist nicht da, um alle Menschen an diesem Abend zu ernähren. 200 Silbergroschen zählt Philippus. Ein Silbergroschen ist der Lohn eines Tagelöhners gewesen. Das reichte für ihn zum Überleben, aber nicht zum gut Leben. 200 Tagelöhne reichen nicht um 5000 Leute satt zu bekommen.

Und dann kommt Andreas und berichtet von einem Jungen der 5 Brote und 2 Fische hat. Das ist noch weniger als das, was man für 200 Silbergroschen bekommen würde. Aber Jesus vollbringt das Wunder. Aus wenig macht er viel. Die Jünger verteilen und alle werden satt, ja es werden sogar noch 12 Körbe übrig bleiben.

 

Hier passiert noch größeres als Mose getan hatte und noch größeres als Elia vollbracht hatte. Und man möchte doch erst recht jetzt wissen: Wie hat Jesus das gemacht? Die Leute da am See Genezareth waren sich jedenfalls einig: Jesus ist der Prophet, der da kommen soll. Ihn wollen sie zum König haben!

 

Es müsste auch heute noch solche Wunder geben, denn die Menschen hungern. Die Speisung der 5000 reicht nicht mehr. Mehr als 811 Millionen Menschen leiden weltweit unter Hunger schreibt die Welthungerhilfe in diesem Jahr. Sie hungern im wahrsten Sinne des Wortes, und der Hunger wird weltweit noch größer, wenn Weizen nicht mehr aus Russland und der Ukraine exportiert werden kann. Es gibt darüber hinaus einen Hunger nach Frieden. Ich glaube nach 1945 waren in Europa noch nie so viele Menschen besorgt um den Frieden wie jetzt durch den Angriff auf die Ukraine, obwohl es vorher auch schon zu viele Kriege gab. Menschen hungern nach Normalität nach der Coronapandemie; Und im Winter werden in Europa die Menschen nach Wärme und Energie hungern.

Wer wird den Hunger nach all dem stillen können? Wie soll das gehen? Wer kennt den Trick?

 

Jesus fragt: Wo kaufen wir das, was die Leute brauchen, um satt zu werden? Die Bibel erzählt: Das sagte er, um zu prüfen. 200 Silbergroschen. Vielleicht gibt es heute tatsächlich genügend Geld auf der Welt, um alle Menschen satt zu bekommen. Aber selbst wenn alle Milliardäre ihr Geld geben würden, würde es für einen Moment reichen. Eine Lebensgrundlage für die Zukunft wäre es nicht.  Jesus sagt nicht: Greift den Reichen in die Tasche, damit die Armen versorgt sind. Brot für die Welt lebt von der Bereitschaft, dass viele Menschen bereit sind, etwas abzugeben. Brot für die Welt lebt von der Zuversicht, dass Hilfe zur Selbsthilfe Menschen eine langfristige Lebensgrundlage gibt: Brot, Wasser, Gesundheit...

 

Das Wunder von der Speisung der 5000 lässt sich nicht einfach erklären. Den Trick kennt nur Gott und der verrät ihn uns nicht. Aber die Geschichte gibt uns Hinweise. Zum Beispiel, dass die Jünger Jesu nicht an der Möglichkeit der Speisung zweifeln. Sie sagen nicht: Das geht nicht! Und sie sagen nicht: Das haben wir noch nie so gemacht! Und sie sagen auch nicht: Lass uns zufrieden. Die anderen Leute sind nicht unser Problem. Ich will meine Ruhe haben.

Sie sind bereit das ihre zu tun. Sie vertrauen auf Jesu Wort. Sie setzen sich in Bewegung und versuchen das unmöglich Scheinende. Sie gehen auf fremde Menschen zu. Sie fordern nicht, sondern sie geben. Ohne ihre Hilfe und ihr Engagement würde der Trick Gottes nicht funktionieren.

 

Deshalb bleiben am Ende 12 Körbe übrig. 12 Stämme Israels, 12 Jünger. Einer von den Jüngern wird trotz aller Wunder immer noch unzufrieden sein und Jesus an die Römer verraten. Einer wird zu feige sein und die Freundschaft mit Jesus verleugnen. Doch auch für sie bleibt jeweils ein Korb übrig.

 

Es ist schon ein sonderbarer Haufen, den Jesus da um sich sammelt. Voller Sehnsucht nach Heil, voller Neugier auch nach Sensationen; Ein Haufen voll dienbarer Menschen. Aber unter ihnen sind auch die Ängstlichen, die Feigen, die Unersättlichen. Vielleicht sind sie durch die Erfahrung nach der Speisung etwas zuversichtlicher geworden. Vielleicht sind sie in ihrem Glauben gestärkt worden, dass nicht wir die Wunder vollbringen, dass wir aber mithelfen können. Vielleicht habt ihr es beim Hören des Predigttextes auch gemerkt, wie die Worte zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her wechseln. Es ist noch offen, ob das Wunder in der Vergangenheit gespielt hatte und nichts mehr mit uns heute zu tun hat, oder ob da vielleicht doch mehr ist. 12 Körbe sind mitten unter uns. Immer noch und immer wieder. Sie stärken uns für den Weg zu den Menschen; sie stärken uns, Gemeinde Jesu Christi zu sein. Der Hunger der Menschen nach einer heilen Welt, in der jeder satt wird und in Frieden an seinem Ort leben darf, wird nicht aufhören. Der Trick ist der Glaube an den Gott, der keinen Menschen aus seinem Blick verlieren will. Amen!

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