Chance zur Umkehr nutzen - Predigt am 26.6.22 zu Jona 3,1-10

 Jona! So spricht der Herr: Mache dich auf in die große Stadt Ninive und predige gegen sie, denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen! – So beginnt das Buch Jona im ersten Testament. Das assyrische Reich mit der hauptstadt Ninive ist längst Geschichte. Heute würde die Geschichte vielleicht so beginnen: Du! „Ich?“ Ja Du! Mache dich auf und geh in die große Stadt Moskau und predige gegen sie und gegen Putin! Ihre Bosheiten sind vor mich gekommen!

Zu gerne würde ich Wladimir Putin den Zorn Gottes - und meinen dazu - ins Gesicht schleudern! Elend, Zerstörung, Tod und Verderben, Hunger und Flucht und unendliche Lügen hat er über die Menschheit gebracht. Lebensmittelpreise explodieren und der Hunger wird weltweit wieder größer. Und das anscheinend mit voller Absicht. Keiner stoppt ihn und viele Russen finden Putin auch noch gut! Es ist gut zu wissen, dass Gott das Böse benennt und wie damals zu Ninives Zeiten auch auf ihn zornig ist, den grausamen Machthaber im Osten! – Aber ich? Ich soll da hingehen und Unheil predigen? Ich bin doch zu klein, zu unwichtig. Und ehrlich? Ich hätte Angst jetzt in Moskau kritische Worte zu erheben. Gott, bitte nimm einen anderen als Boten!

Nein! Sagt Gott. Dich habe ich auserkoren und keinen anderen! Dann würde ich mich verkriechen; auf eine Insel im Atlantik oder in eine Höhle, wo mich keiner sieht. Oder ich würde auf ein Boot gehen und mich raus auf den Atlantik bringen lassen, wo kein Telefon und keine Whatsapp mich erreichen kann.

 

So mag es dem Propheten Jona ergangen sein. Gott ruft ihn an und sagt: mache Dich auf und geh nach Ninive, die große Stadt, die alte Hauptstadt Assyriens. Ihre Bosheit ist vor mich gekommen. Jona hat Angst das zu tun. Er ist doch zu klein. Keiner würde ihm glauben. Er würde wahrscheinlich verhaftet werden, verschwinden; einer von den vielen Kritikern, die in Diktaturen verschwinden. Jona flieht vor seinem Auftrag und vor Gott auf ein Boot.

 

Die weitere Jonageschichte ist bekannt: Ein Sturm kommt, alle anBord rufen ihre Götter um Hilfe an, auch Jona soll das tun. Schließlich lässt Jona sich ins Meer werfen; der Walfisch kommt und verschlingt Jona. Im Bauch des Fisches betet Jona und der Fisch spuckt Jona ans Land. Bis dahin ist die Erzählung eine Superkindergottesdienstgeschichte. Die Botschaft ist klar: Gott lässt Dich nicht im Stich, auch in der größten Sorge und Finsternis. Bete und Gott hört Dich!

 

Doch die Geschichte geht weiter: Jona 3,1-10 


JONAS PREDIGT UND NINIVES BUSS

31Und es geschah das Wort des Herrn zum zweiten Mal zu Jona: 2Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!
3Da machte sich Jona auf und ging hin nach Ninive, wie der Herr gesagt hatte. 
Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tagereisen groß. 4Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen, und eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. 5Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und 
riefen ein Fasten aus und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.
6Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche 7und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe etwas zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; 8und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und heftig zu Gott rufen. Und ein jeder kehre um von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände! 9
Wer weiß, ob Gott nicht umkehrt und es ihn reut und er sich abwendet von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben.
10Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.

Respekt Jona! Möchte ich sagen: Respekt, dass Du deine Angst überwunden hast; dass du tatsächlich nach Ninive gegangen bist, der Großmacht im Osten.; Bosheit muss benannt werden und darf nicht verschwiegen werden. Beeindruckend, dass deine Worte von der 40 Tage Frist, die Regierung und alle Bewohner Ninives, zur Umkehr bewogen haben.

Respekt aber auch, dass der König von Ninive die Größe hatte, sein Fehlverhalten einzugestehen. Seinen Größenwahn, seine brutale Unterjochung anderer Völker; er riskiert den Gesichtsverlust vor den eigenen Leuten. Er dankt nicht ab, aber er legt die Zeichen der Macht ab, den Purpurmantel, und stattdessen Sack und Asche als Zeichen der Umkehr und der Buße an. Er hat begriffen, dass es nicht weitergehen kann. Bosheit darf in Gottes Namen keinen Erfolg haben.

 

Das wäre was, wenn Putin und Moskau einsichtig wären; auf alle Machtansprüche verzichten; wenn sie in Sack und Asche gehen würden. Mensch und Tier sollen heftig zu Gott beten. Und jeder kehre um von seinem bösen Wege und dem Frevel seiner Hände! So heißt es in der Jonageschichte. Doch meine Hoffnung ist gering, dass sich die Jonageschichte heute wiederholt.

Ich verfolge die Diskussionen darüber, was auch in Europa politisch in den vergangenen Jahren falsch gelaufen ist. Wer zu blauäugig gewesen ist, wer Verantwortung dafür trägt, dass wir so abhängig sind von vielem. Ich erlebe, wie schwer es offenbar ist, Fehler einzugestehen. Aber ich erlebe auch, wie wir Bürger uns daran gewöhnt haben, dass immer alles zur Verfügung steht und das möglichst billig. Wir wissen doch mittlerweile alle, was nicht gut ist für die Zukunft. Wir müssten dazu beitragen, dass wir nicht im Überfluss leben und nicht auf Kosten anderer. Jeder und jede. Wir wissen das eigentlich alle und verhalten uns doch nicht einsichtig wie die Bürger Ninives. Wir kehren nicht radikal um. Wir schauen weg und wollen möglichst nicht persönlich verantwortlich gemacht werden. Wir hoffen darauf, dass Gott uns nicht persönlich anspricht und sagt: Du! Du hast einen Auftrag. Wir sind eher wie die Leute, die vorhin in der Lesung angesprochen wurden. Leute, die tausend Ausreden haben, um nicht selbst von Gott in die Pflicht genommen zu werden. Alle Ausreden sind nachvollziehbar, aber so reden sich letztlich alle von der Verantwortung raus. Wir haben eine Kriegskrise, wir haben eine Klimakrise, Wir haben eine Hungerkrise und eine Energiekrise. Mehr Krise geht eigentlich kaum noch. Wer das leugnet, der leugnet auch, dass Gottes Androhung vom Untergang Ninives nur übertriebene Worte waren und uns sowieso nicht betreffen.

Nur die ehrliche Umkehr der Bewohner Ninives hat die Krise abgewehrt: Als Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Weg, da reute ihn das Übel, das er ihnen angetan hatte und tat es nicht.

Und nun bleibt die Frage, was sollen wir tun? Mit dem Finger auf andere zeigen und die handeln lassen, ist billig. Was können unsere Zeichen der Umkehr sein: Weniger oder gar nicht mehr Fliegen? Weniger Benzin, Gas und Diesel verbrauchen? Weniger Plastik? Das klingt alles so moralisch. Die Jonageschichte hinterlässt bei mir aber die Mahnung, dass ohne Moral Gottes Gnade auch nicht zu haben ist. Gottes Barmherzigkeit ist kein Selbstläufer. Jona hatte sehr eindringlich und mahnend gepredigt. Viel mehr als ich es wage zu tun. Nachdenken sollen wir. Und handeln! Nicht erst nach 40 Tagen, dann ist es zu spät. Ninive hat das begriffen. Deshalb ist die Jonageschichte neben der eindeutigen Mahnung auch die Ermutigung, dass kein Mensch alleine ist, wenn er oder sie versucht aus Sackgassen herauszukommen.

Gott helfe uns, richtige Entscheidungen zu treffen. Jeder und Jede! Für uns selbst und für andere. Und: heftig zu beten. Amen!

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