Jeremia 9,23+24 Stärke zeigen, aber richtig! Predigt am 13.2.2022

 „Made in Germany“ das war lange Zeit ein Markenzeichen. Zeichen für Qualität. Weltweit. Made in Germany steht für Erfahrung, Beständigkeit, aber auch für Stärke und Wohlstand. Viele Unternehmen mit dem „made in Germany“ Emblem können stolz sein auf wirklich gute Produkte. Aber das muss nicht immer so bleiben. Es wäre falsch, so zu tun, als ob nichts passieren könnte. 

 

Was können wir selbst vorweisen? Worin sind wir gut? Ihr? Ich?

Bei meinen Bewerbungen habe ich versucht meine Stärken vorzuweisen: Fortbildungen, weil ich zeigen wollte, dass ich nicht stehen geblieben bin mit der Weisheit meines Studiums. Ich habe Projekte beschrieben, die ich erfolgreich geleitet habe. Schließlich habe ich einmal von meinem Dekan ein wirklich tolles Arbeitszeugnis bekommen, auf das ich immer noch sehr stolz bin. 

 

Welche Stärken habt Ihr? Welche Stärken haben wir als Kirchengemeinde? Stärken sind gefragt. Und Weisheit. Wir werden heute in der Mitgliederversammlung darüber zu reden haben, welche Weisheit, welche Stärken, welchen Reichtum auch an Ideen wir wecken können, damit diese Kirchengemeinde eine Zukunft hat.

 

Stärken zu zeigen, birgt gleichwohl auch die Gefahr überheblich zu werden. Das ist nicht gut. Wenn wir aber meinen gar nichts zu können, wenn wir nur Defizite sehen, wenn wir uns verkrümeln und darauf hoffen, dass andere für uns tätig werden, dann werden wir auch nichts zustande bringen. Das ist vielleicht sogar noch schlechter als Weisheit, Stärke und Vermögen zu zeigen.

 

Im Predigttext von heute aus dem Prophetenbuch Jeremias geht es um die richtige Einschätzung von Weisheit, Stärken und Reichtum. Der Prophet Jeremia lebte um 600 vor Christus. Gerade noch belagerten die Truppen der Assyrer Jerusalem. Das Königreich Israel im Norden hatten sie bereits ausgelöscht. Doch dann kam eine neue Macht: Babylon und besiegte die Assyrer. Jerusalem kam so gerade mit einem blauen Auge davon. „Uns kann nichts passieren“, sagten deshalb die Obersten in der Stadt. Wir vertrauen auf unsere Weisheit, unsere Stärke und unseren Reichtum. Auch als nun die Truppen Babylons auf Jerusalem vorrückten sagten sie wieder: Wir vertrauen auf unsere Weisheit, auf unsere militärische Stärke und auf den Reichtum. Notfalls kaufen wir  das Wohlwollen der Gegner mit Geld. Jeremia sieht das mit großer Sorge. Er fürchtet den Zerfall der Gesellschaft, weil die Starken auf Kosten der Schwachen leben, weil der Reichtum auf der Ausbeutung der Armen beruht. Mit grausamen Worten prophezeit er Krieg. Nach der Belagerung sah man ja schon die Leichen von Kindern auf der Straße und Häuser in Flammen aufgehen. Die Schwächsten leiden zuerst, gerade im Krieg! Schaut hin, wie ihr miteinander umgeht! Überlegt, was Euer Verhalten für Folgen hat. Und dann sagt er diese Worte:

 

„So spricht der Herr: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums. Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der Herr.“

 

Das Problem sind nicht die Weisen, nicht die Starken und auch nicht die Reichen. Für sozialistische Gleichmacherei ist hier kein Platz. Aber wenn Weisheit, Stärke und Reichtum zum Widerspruch gegenüber Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit werden, dann sieht es schlecht aus. Klug ist derjenige, der Gott sucht und nicht meint, wider besseres Wissen gegen oder ohne Gott handeln zu können.

 

Jeremias Geschichte ist längst vergangen. Wir haben in Mittel und Südeuropa seit über 75 Jahren Frieden. Noch muss man sagen. Was sich da in und um die Ukraine tut, muss einem Sorge machen! Wir haben mehr oder weniger Wohlstand. Wir dürfen uns auf immer mehr Wissen und Forschung berufen. Gott sei Dank! Die Frage ist nur, ob wir deshalb auch wie die Obersten damals in Jerusalem sagen: „Uns kann nichts passieren!“ ?

 

In den Worten von Jeremia sehe ich eine Rezept, mit dem wir schauen können, was unsere Stärken, unsere Weisheit, unser Reichtum wert sind: Ist da noch Platz für Gott? Anders gesagt: Kennen wir unsere Grenzen? Respektieren wir, dass es etwas gibt, was mehr ist als alle unsere Weisheit. Etwas oder Jemand, dem wir einmal Rechenschaft über unser Tun und Lassen schuldig sind? Oder gehen wir davon aus, dass wir tun und machen können, was wir wollen, dass uns alle Resourcen grenzenlos zur Verfügung stehen?

 

Jeremia bringt Gott wieder ins Spiel, in eine Gesellschaft, die von Gott immer weniger wissen will; Es geht nicht um fromme Floskeln. Es geht um Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit für Gottes Schöpfung und aller derjenigen, die darauf leben. Was zu Jeremias Zeit ein Problem Judas war ist in unserer Zeit der weltweiten Vernetzung ein Problem aller Menschen geworden. Jeremia würde heute Angst vor dem Kollaps der ganzen Erde haben. Wir wissen doch alle, dass uns unser Reichtum letztlich nichts nützt, wenn Menschen aus der Armut fliehen und ihr Heil bei den reichen Nationen suchen. Wir wissen, was nötig ist, um das Klima zu retten und wollen doch möglichst keine Veränderungen. Eigentlich müsste jeder mittlerweile so weise sein, dass man sich nicht nur zum eigenen Schutz sondern auch zum Schutze anderer impfen lassen sollte und doch stehen viele auf dem Standpunkt: Mir wird nichts passieren.

 

Jeremia war unbequem. Seine Worte waren kein Seelenhonig. Seine Worte waren Klage und Drohung. Wenn uns die Bibel heilig ist, dann dürfen wir Gott nicht verniedlichen und vereinnahmen, so wie wir es gerade gerne hätten. 

 

Was also ist zu tun? Den Kopf in den Sand stecken wäre falsch. Und zu behaupten, wir wären ja viel zu klein und schwach, würde nichts bewegen. Das Ermutigende ist für mich, dass nicht wir den ersten Schritt tun müssen, denn den hat Gott schon getan. Es heißt bei Jeremia: Er übt Barmherzigkeit. Er schafft Recht und Gerechtigkeit. Wir sollen zunächst einmal erkennen, dass Gott da ist; wir können ihm sozusagen in die Hände spielen. Wir können Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit fördern, wenn wir unsere Weisheit richtig einsetzen, wenn wir unsere Stärken kennen und nutzen, wenn wir andere am Wohlstand teilhaben lassen. Es wäre fatal, wenn wir nur von anderen fordern, dass sie sich einsetzen sollen, dass sie abgeben sollen. Jeremia würde heute wohl auch die anprangern, die meinen klüger zu sein, als alle anderen und dabei auf Erkenntnisse und Forschung pfeifen. In Gottes Reich soll es keine Überheblichen geben, keine die sich größer machen als sie sind und keine die sich kleiner machen als sie sind. Keine Besserwisser und keine Dummschwätzer.

Jeremias Worte sind wirklich Worte auch für unsere Zeit. Gott lehre uns, klug zu denken und zu handeln.

Amen!

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