Der Sämann Predigt zu Lk.8,4-8

Lukasevangelium Kapitel 8

Vom Sämann

4 Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus jeder Stadt zu ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: 5 Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. 6 Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. 8 Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! 

Liebe Gemeinde,

Manchmal werde ich gefragt, wie ich Pfarrer geworden bin. Einige erwarten, dass ich dann irgendeine faszinierende Bekehrungsgeschichte erzähle, aber das kann ich nicht. Mein Weg zum Christsein und zum Pfarrer-werden war nicht spektakulär und bisweilen sehr unterschiedlich. Lasst mich davon erzählen. Vielleicht erkennt ihr einiges wieder auf eurem Weg; vielleicht war es bei euch auch ganz anders?


Ich komme aus einem christlichen Elternhaus. Vor dem Schlafengehen wurde gebetet, ganz einfach: „ Lieber Gott mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm!“ Das ist nicht viel gewesen, aber doch immerhin ein Saatkorn, dass letztlich gewachsen ist. Vielleicht waren meine Eltern der Sämann, von dem das Gleichnis erzählt?


Wir hatten auch eine große Kirchengemeinde mit viel Kinder und Jugendarbeit. Mit einem der Pastoren aus der Gemeinde damals haben wir noch heute Kontakt (sogar hier auf Teneriffa!). Vor allem wir Jugendlichen haben damals in der Kirchengemeinde viel zusammen gemacht: Wir sind verreist, wir haben Musik gemacht und uns auch privat getroffen. Ich glaube, die Kirchengemeinde war ein guter Boden, auf dem mein Wunsch Pfarrer zu werden, gewachsen ist.

 

Dann kam das Studium; Historisch kritische Exegese der Bibeltexte. Mein Glaube geriet mächtig ins Wanken. Gibt es Gott wirklich oder beruht mein bisheriger Glaube auf Geschichten, die sich Menschen ausgedacht haben? Was sind meine Wurzeln? Und: Halten sie mich? Theologie ist eine echte Wissenschaft habe ich gelernt. Man kann auch Theologie studieren ohne zu glauben. Einer der Professoren hat das damals auch öffentlich gesagt. Die Kirche hat ihm die Prüfungszulassung entzogen. Ich habe gemerkt, dass meine Glaubenswurzeln aus der Kindheit nicht stark genug waren, um einen erwachsen gewordenen Glauben zu tragen. Das war bisweilen eine harte Zeit. Es war so, als würde der Glaube vertrocknen in all der berechtigten und durchaus faszinierenden wissenschaftlichen Theologie. Die Fakten der theologischen Wissenschaft erschienen mir wie Vögel, die das in der Kindheit Gesäte auffressen würden.

 

Da war es hilfreich, dass unsere Professoren auch in der Studentengemeinde gepredigt hatten, - und zwar gut gepredigt hatten. Vor allem als ich in den Niederlanden studiert hatte, habe ich eine Studentengemeinde kennengelernt, die in mir hat Neues wachsen lassen. Es war eine katholische Gemeinde in einer reformierten Kirche. Jeden Sonntag mit Kirchencafe, toller moderner Chormusik mit einem genialen Pianisten. So habe ich mir Kirche vorgestellt. Es predigten evangelische und katholische Pfarrer und Pfarrerinnen, es gab jeden Sonntag ein feierliches, aber lebendiges Abendmahl. Es kamen viele Hundert Menschen zusammen. Noch so ein guter Boden. Oder wurde da neu gesät?

 

Und als ich dann Pfarrer war, habe ich manchmal ergreifende menschliche Schicksalsschläge kennengelernt. Da gab es Ereignisse, bei denen es schwer viel von einem lieben Gott zu erzählen: wenn ein Kind beerdigt werden musste, oder jemand sich das Leben genommen hatte; Ich denke an die Orte während meiner Zeit als Militärpfarrer im Kosovo, an denen unvorstellbare Grausamkeiten passiert waren. Stacheln, Unheilvolles, die wie eine dunkle Macht sich über den Glauben an Gottes Liebe zu schieben drohten: Wie ein Brombeergestrüpp, dass wächst und gedeiht und letztlich alle gut gemeinten Samenkörner zu ersticken droht.

 

Und doch hat der Glaube gesiegt. Er hält mich gerade dann, wenn Fragen und Sorgen groß sind. Ich vertraue darauf, dass einer mit mir geht und mich hält: und ob ich schon wanderte im finsteren Tal; dein Stecken und Stab trösten mich (Psalm 23). Dafür bin ich dankbar. Es ist nicht so, dass es in meinem Leben nur den einen Boden gegeben hätte; und offensichtlich hat der liebe Gott immer wieder Sämänner und Säfrauen ausgeschickt, um den Samen, das Wort Gottes überall hinzustreuen, auch da, wo es eben keinen guten Boden zum Wachsen gibt. Aber immerhin: es ist etwas gewachsen und wächst immer noch, mnachmal droht es zu vertrocknen oder sucht Halt. Dann kommt es wieder hervor, wie das Gras hier nach langer Trockenheit.

            

Manchmal beneide ich freilich auch die Leute, die sich um das alles nicht kümmern, die so scheinbar sorgenfrei leben. Die sich keine Gedanken um Morgen machen und so unbekümmert, fröhlich und frei zu sein scheinen. Die gehen einher auf ihrem Weg, lassen Gottes Wort einfach liegen, treten bisweilen auch unbewusst oder sogar absichtlich drauf. Trotzdem wird gesät.

 

Ich bin überzeugt davon, dass Gott der Sämann ist, der überall aussät: Auf dem Weg, auf dem Fels, auch und gerade da, wo Dornen wachsen. Aber es ist gut, wenn irgendwo auch der gute Boden ist, auf dem Glaube wachsen kann und Frucht bringt: Hundertfach, manchmal weniger und manchmal mehr. Mein Weg zum Glauben und als Pfarrer hat mir gezeigt, dass wir deshalb Gemeinden brauchen. Lebendige Gemeinden. Beständig aber auch offen für Änderungen. Ein Feld auf dem immer das gleiche gesät wird, ist irgendwann unfruchtbar. Kluge Bauern wissen das. Kluge Christenmenschen wissen das auch. Darum lasst uns immer wieder gemeinsam den Boden bereiten, die Dornen zurückschneiden, achtsam auf dem Weg gehen. Unsere Aufgabe ist es nicht jedes Samenkorn vom schlechten auf den guten Boden zu bringen. Auch wenige Körner können gute Frucht bringen, manchmal sogar unerwartet hundertfaches.  Gott gebe unserem Tun den nötigen Segen. Amen!

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