Im Paradies leben lernen Predigt zu Genesis2, 4-15 am So. 20.9.2020

 Der Garten Eden

5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; 6 aber ein Strom stieg aus der Erde empor und tränkte das ganze Land. 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. 9 Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. 10 Und es geht aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilt sich von da in vier Hauptarme. 11 Der erste heißt Pischon, der fließt um das ganze Land Hawila und dort findet man Gold; 12 und das Gold des Landes ist kostbar. Auch findet man da Bedolachharz und den Edelstein Schoham. 13 Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Land Kusch. 14 Der dritte Strom heißt Tigris, der fließt östlich von Assyrien. Der vierte Strom ist der Euphrat. 15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. 

Liebe Gemeinde,

Was braucht der Mensch zum Leben?

Ohne Luft kann man vielleicht zwei Minuten auskommen.

Ohne etwas zu trinken angeblich drei Tage.

Jemand sagt: Ohne etwas zu essen hält man es eine Woche aus.

Aber wir brauchen ja viel mehr: Geld, na klar. Eine Arbeit, die ausreicht, um das Nötige und noch ein wenig mehr auch zu verdienen. Aber auch eine Arbeit, die einem Spass macht oder zumindest mit Sinn erfüllt. Wir brauchen ein gewisses Maß an Gesundheit, wenn möglich auch etwas mehr davon. Wir brauchen Liebe und Zuwendung, eine Hand die wir ergreifen können oder die uns ergreift. Wir brauchen Regeln, das Wissen um das was gut und das was böse ist und ein Herz, einen Lebensatem, der das Gute befolgt und das Böse verwehrt.

Oft genug reicht uns das alles noch nicht. Wir suchen irgendwo das Paradies. Den Garten aller Träume und Sehnsüchte. - 

Ein Mitbewohner holt mich vom Flughafen ab mit den Worten: "Willkommen im Paradies!" Doch die Bibel verortet das Paradies nicht auf den kanarischen Inseln, sondern unterhalb der Quelle von Euphrat und Tigris im mittleren Osten. Da wo der alte Abram wohnte und später aufbrach in das Land Kanaan, damit alle Geschlechter auf Erden durch Gottes Segen miteinander leben könnten. Dort also beginnt die Bibel mit der Geschichte des Menschen mit seinem Schöpfer: Gott.

In der Schöpfungsgeschichte geht es nicht um die genauen Daten wie die Welt geschaffen wurde. Das ist ein moderner und weit verbreiteteter Irrtum. Die Bibel erzählt am Anfang von den Lebensbedingungen, die Gott für uns ausgesucht hat und die gut sind.

(Der heutige Predigttext ist der sogenannte zweite Schöpfungsbericht.)

Wir haben eben davon gehört, wie Gott den Menschen schuf: Er formt ein Wesen aus dem, was die Erde hergibt. Und Gott macht aus diesem Wesen ein Lebe-wesen, indem er dem Menschen zärtlich den Lebensatem einhaucht. Das ist keine Geburtsgeschichte, das ist die Entstehungsgeschichte, der Grundgedanke, weshalb es Menschen gibt: Gott und Mensch, ganz nahe beieinander. Der Mensch voll Würde, voll Menschenwürde, ohne Ansehen der Person. Eine Würde von Gott gegeben.

Und Gott pflanzte einen Garten in Eden. Bäume ließ er dort wachsen, gut anzusehen und mit verlockenden Früchten. Und in diesen Garten setzt er seinen Menschen. 

Ich habe die Obst und Gemüseauslagen der Fruterias vor Augen, das Angebot der hiesigen Bauernmärkte. Was gibt es da für eine Artenvielfalt! Manche sagen: Hier ist das Paradies. Oder wie es in der griechischen Antike hieß: Die kanarischen Inseln sind die Inseln der Glückseligen. 

Im Garten Eden steht ebenfalls der Baum der Erkenntnis von dem was zum Guten und was zum Bösen führt. Vieles geht, aber nicht alles führt zum Guten. Die Bibel weiß manchmal mehr als manch ein moderner Kritiker.

Genau wie schon seit langer Zeit auf Teneriffa regnet es nicht, sagt die Bibel. Aber sie sagt, dass ein Fluss durch den Garten fließt. So wird der Garten Eden zum Paradies. Heute wissen wir, dass die Bibel sich auf die Sumerer, eine der ersten Hochkulturen der Menschheit bezieht. Es ist die Gegend zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris. Der Euphrat entspringt in der östlichen Türkei, er führt dann durch Syrien und alsbald in den Irak. Dort vereinigt er sich mit dem Fluss Tigris und wird zum mächtigen Schatt el Arab.

Die Bibel erzählt, dass der Fluss vier Hauptarme hat. Der eine fließt um das Land Hawila herum. Wir wissen nicht, wo das ist; aber die Bibel erzählt, dass es dort viel kostbares Gold gibt. Es gibt dort auch andere Schätze: Ein kostbares Baumharz und seltene Edelsteine. Wer aber genau hingehört hat beim Lesen des Bibeltextes, muss feststellen, dass all das außerhalb des Paradieses ist. Der Garten Eden, in dem Gott alles gibt, was der Mensch zum Leben braucht, kommt also ohne die Reichtümer von Gold und Edelsteinen aus.

Ich glaube, dass die Bibel uns davon erzählt, weil wir Menschen ganz oft unser Glück jenseits des Paradieses suchen; jenseits von dem, was uns zum Leben reicht und schon mit Sinn erfüllt. Wir träumen davon, die Welt ganz zu bereisen, getrieben von der Sorge etwas zu verpassen, wir träumen vom Lottogewinn oder eben von märchenhaften Schätzen, wie Gold und Edelsteinen. Ich kennen einen Menschen, der hatte im Lotto einmal richtig alles abgesahnt. Doch er wurde damit nicht glücklich. Mittlerweile lebt er nicht im Paradies, sondern von der Sozialhilfe.

Gold und Edelsteine, das sind Rohstoffe. Um Rohstoffe wird oft Krieg geführt. Die Länder durch die der Euphrat fließt, sind heute Länder, die sich im Krieg befinden oder befunden haben. Syrien, Irak, die Türkei. Da geht es um Öl und um Wasser, da geht es um Macht und Einfluss. Selten geht es übrigens um Religion. Entlang des großen Stromes leben viele Menschen, die nicht das Paradies kennen, die auf Lebensnotwendiges verzichten müssen. Sie verlassen ihre Heimat und suchen nach einer lebenswerteren Zukunft. Für viele ist Europa das Paradies. Ort der Sehnsucht nach Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten, Hoffnung auf Stabilität und weit genug entfernt vom verfluchten Krieg und der Barbarei durch Menschenhand.

Ich ahne, dass wir in Europa wirklich privilegiert leben. Nicht im Paradies, aber mit unglaublichen Lebenschancen. Das war nicht immer so, aber wir leben seit über 75 Jahren im Frieden, die meisten von uns haben zu essen und zu trinken. Wir haben das, was wir zum Leben brauchen und sogar noch viel mehr. Deshalb gibt es keinen Grund wie so manch einer gegen alles mögliche zu nörgeln und zu stänkern. Es gibt vielmehr allen Grund dieses wunderbare Umfeld zu schätzen und zu schützen. Das Leben und die Lebensmittel sind ein Geschenk. Es ist sonderbar, dass wir uns trotzdem oft nach dem sehnen, was wir angeblich gerade nicht haben. Wir suchen immer das Paradies woanders und übersehen dabei, was wir alles schon geschenkt bekommen haben. Wir streben sinnbildlich nach dem Land wo Gold und Edelsteine sind und verpassen vielleicht das Glück, was uns schon zu Füßen liegt.  Die Bibel erzählt kurz nach unserem Predigttext davon, wie der Mensch das Paradies verspielt.

Der Predigttext heute erinnert uns deshalb noch einmal: Die Aufgabe von uns Menschen ist, dass wir den Garten Eden, Gottes Schöpfung bebauen und gleichzeitig bewahren. Wir wissen heute alle, was das bedeutet. Und wir wissen alle genug darüber, was jeder einzelne tun kann, um die Erde zu bebauen und zu bewahren. Und wir wissen ebenso alle, dass unser eigener Lebensraum immer abhängig ist von anderen Lebensräumen. Das Paradies ist nicht zu haben, wenn wir einen Zaun um uns ziehen. Die Calima weht über Grenzen hinweg und beeinflusst auch das Klima jenseits von Afrika. Und es ist kein böser Wille, wenn Menschen aus ihren Gärten fliehen, die längst vertrocknet und zerstört sind. Der Anfang der Bibel kennt schon die riesige Aufgabe, die uns Menschen gestellt ist: Wir sollen diese ganze Schöpfung zum Leben nutzen und sie bewahren, sodass viele, wenn möglich alle Menschen in ihren Gärten gut und sicher leben können. Wir alle sind Geschöpfe Gottes, behutsam gemacht und mit dem Lebensatem gesegnet. Es ist Dir gesagt Mensch, was gut ist und was der Herr von Dir fordert, nämlich Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott! (Micha 6,8a) Möge Gott uns dabei helfen. Amen!

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