ein Herz und eines Sinnes Predigt 1.Sonntag nach Trinitatis Apg.4

Die Gütergemeinschaft der ersten Christen

32 Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam. 33 Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen. 34 Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte 35 und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte. 36 Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig, 37 der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

Liebe Gemeinde,
Lukas erinnert sich und schreibt:
„Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele.“

Unglaublich! Kurz nach Pfingsten! Nicht 2 oder 3, sondern eine Menge von Gläubigen! Und dann auch noch alle einig! Ich kann mich nicht an so viel christliche Einigkeit erinnern: Es gibt die ganz Frommen und die etwas liberaleren Christen. Es gibt die Katholischen und die Orthodoxen und die bunte Viel-falt an evangelischen Kirchen. Unterschiede gibt es vor allem in den theologischen Lehrfragen. Man war und ist sich also keineswegs einig in Herzem und Sinn. In vielem ist man sich gleichwohl vor allem seit dem 2 . Weltkrieg näher gekommen: Wenn es einen Gott gibt, an den wir glauben, dann muss das Gemeinsame doch mehr sein, als die Frage, wie wir unseren Glauben leben.

Über alle Unterschiede hinweg das Gemeinsame suchen! Das war das Motto bei der Gründung des Weltkirchenrates. Das war auch das Motto der UNO. In vielen internationalen Vereinigungen hatte man erkannt, dass man Probleme nur oder besser gemeinsam lösen kann, auch wenn man nicht ein Herz und eine Seele ist.

Und nun erleben wir genau das Gegenteil. Staaten brechen aus gemeinsamen Vereinbarungen aus. Man pocht auf natio-nale Größe, droht den anderen und macht Schuldvorwürfe. In der Coronakrise – so denke ich – wäre ein gemeinsames Vor-gehen hilfreich gewesen. Zwischen den Staaten, aber auch in der Bevölkerung selber. Aber nun meinen einige, ihre Freiheit wäre beschnitten. Sie meinen, es gäbe Freiheit ohne Verant-wortung. Einige meinen, tun oder lassen zu können, was sie gerade für richtig halten. Sie werden damit zum Risiko für alle. Da ist man sich nicht eins in Herz und Sinn. Das macht nicht nur mir Sorgen.

Lukas erinnert sich und schreibt:
„Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele;
Auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam. … und keiner hatte Mangel, weil alle etwas beitrugen und die Apostel gaben jedem und jeder, was sie nötig hatten.“

Ich lese in diesen Worten zunächst, dass die ersten Christen sich freimachten vom Gedanken, selber am besten das Leben im Griff haben zu können; von der Sucht, immer mehr haben zu wollen, von dem Irrglauben, immer besser als der anderer sein zu müssen. Ich merke, dass diese Freiheit vor allem Ver-antwortung für andere bedeutete. Das finde ich durchaus erstrebenswert. Das ist für mich ein lohnender Gedanke, gerade in einer Zeit, wo Egoismus und gesellschaftliche Spaltungen schon fast normal zu werden scheinen.

Man hat die Einstellung der ersten Christen, wie Lukas sie in der Apostelgeschichte erinnert, als Urkommunismus beschrie-ben. Das Wort weckt gemischte Gefühle. Ist diese Erinnerung an eine Zeit ohne Privateigentum wirklich ein Lebensmodell auch für unsere Tage? Ich glaube, das würde scheitern. Es würde scheitern, weil die Gefahr besteht, dass einige Wohlha-bende die Ärmeren versorgen; weil einige viel leisten und andere einfach nur nehmen. Die ersten Christen waren voller Euphorie und hofften auf die schnelle Wiederkehr des Messias. Dann wäre ja sowieso alles gleich. Wir Menschen sind aber nicht alle gleich. Wir haben unterschiedliche Bil-dung, wir verfügen über unterschiedliche Begabungen, wir sind jung oder alt, haben glückliche oder unglückliche Tage erlebt. Es gibt Egoisten, die jeden Vorteil suchen und es gibt die Selbstlosen, die nichts für sich beanspruchen. Nein, auf Dauer ist der Urkommunismus kein Gesellschaftsmodell.

Und doch wohnt der Erinnerung an die Gemeinschaft der ersten Christen ein Zauber inne: Du bist als Christ nämlich nicht das, zu dem Dich die soziale Herkunft, der Erfolg oder Misserfolg, das Glück oder das Pech, Das Gute oder die Schuld gemacht hat. Du bist ein Kind Gottes und das zählt mehr als der Status, das Geschlecht oder die Rasse oder was wir auch immer für Unterscheidungen kennen. Kirche ist der Ort, ist die Gemeinschaft, wo alles das zunächst nicht zählt, wo der Mensch im Mittelpunkt steht

Aber diese Gleichheit ist gefährdet, wenn einige alles machen wollen oder müssen und andere sich lieber bedienen lassen. Ich habe das in meiner Dienstzeit oft erlebt. Oft hing in Kirchengemeinden vieles vom Pfarrer ab. Oder vom Kirchen-vorstand. Man rotierte auf allen Ebenen und die Leute schau-ten: Na, was wird uns denn wohl geboten? Kein Wunder, das einige Kirchenvorsteher dann auch wieder das Handtuch wer-fen und aufgeben. Mit gemeinsamen Teilen, hat das wenig zu tun. Teilen muss man ja nicht nur Geld, sondern auch Aufga-ben und Verantwortung. - In anderen Gemeinden habe ich das auch anders erlebt.. Man war nicht immer ein Herz und eine Seele aber man zog an einem Strang. Das hat auch Außenstehende fasziniert, sodass die Kirche Sonntags richtig voll war. Das erinnert mich dann durchaus an die ersten Christen. Die Menge der Gläubigen, die viel geteilt hatten, sodass keiner Mangel hatte.

Der Predigttext heute lädt dazu ein, über unsere Kirche nach-zudenken. Wer sind wir? Wie wollen wir sein? Was kann ich beitragen, damit es keinen Mangel hat? Wir sind alle Gottes Kinder. „Wer Euch hört, der hört mich – spricht Gott!“ heißt es im Wochenspruch. Man könnte auch so sagen: „ Wir bege-gnen einander mit Respekt und liebevoller Wertschätzung, weil Gott uns auch mit Würde und Liebe begegnet.“

Wir können vielleicht nicht die Egoisten aus dieser Welt vertreiben, aber wir können mit unserem gelebten Glauben ein Zeichen setzen: Wir sind Kinder der Freiheit. Freiheit aus dem Glauben an Gott. Frei, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Das macht uns nicht wirklich ärmer. Wir werden keinen Mangel haben.
Lukas erinnert sich, damit wir eine Zukunft haben. Amen!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Adios!

Regenbogen-Noah und wir. kurze Predigt zu 1.Mose 8,18-9,17

Lukas 21,25-33 Gegen den Weltuntergang