"Schwerter zu Pflugscharen" Predigt zu Jesaja, 2,1-5 am 11.August 2019

In Zion finden alle Völker Heil und Frieden
Dies ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, schaute über Juda und Jerusalem. 
Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 
und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 
Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 
Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!

Liebe Gemeinde,
Schwerter zu Pflugscharen! Die Worte bleiben hängen. Was für ein starkes Bild!
1959 schenkte die damalige Sowjetunion den vereinten Nationen in New York eine monströse Figur. Sie stellt das biblische Wort von der Verwandlung des Kriegsgerätes da.
Und als die DDR 1978 das Schulfach Wehrerziehung einführte, entstand durch die Kirchen die erste Friedensdekade. Als Kennzeichen diente eben das Bild der Plastik vor der UN in New York, umrandet von dem Bibelspruch, den übrigens auch der Prophet Micha schon zitiert: Schwerter zu Pflugscharen!

Ein starkes Bild, das Träume weckt: Kein Krieg, kein Leid, kein Geschrei. So wie es am Ende der Bibel in Offb.21 beschrieben wird. Menschen werden nicht mehr lernen Krieg zu führen.

Doch ein Blick in die Wirklichkeit und der Traum zerplatzt:
Krieg in der Ukraine, in Syrien, drohender Krieg zwischen Pakistan und Indien, Bombenanschläge in Kabul und Kairo
Massaker unter den waffenbegeisterten US Amerikanern. Und auch ein Handelskrieg ist ein Krieg. Die Liste lässt sich ständig fortführen

Nein, der Traum einer waffenlosen Welt, in der kein Volk gegen das andere das Schwert erhebt, in der man nicht mehr lernt Krieg zu führen: dieser Traum hat keinen Ort in dieser Welt. Er bleibt eine U-topie!

Aber was wäre diese Welt, wenn wir die Hoffnung auf einen weltweiten Frieden unter den Völkern einfach begraben? Die Bibel erzählt uns, dass diese Welt und in ihr der Mensch von Anbeginn an zum friedlichen Miteinander geschaffen wurde. Mann und Frau in zufriedener friedlicher Gemeinschaft. Gott sah das und fand es gut. Die Menschen stehen in Verantwortung für die Pflanzen und Tierwelt. Gott sah es an und fand es gut! Paradiesisch!

Doch aus diesem paradiesischem Zustand sind wir schon lange herausgefallen. Jesaja sah in eine Welt, in der Krieg zur Normalität gehörte, in der das Schwert das Sagen hatte und nicht der Pflug. Doch nicht die Waffen sind das Problem, es sind die Menschen, die auf Waffen nicht verzichten wollen oder können. Es wäre naiv zu fordern, wir müssten nur fleißig auf Waffen verzichten, dann würde alles gut. Der Mensch in seinem Drang herrschen zu wollen und Macht über andere auszuüben, bleibt ja.

Ich war 4 Mal als Pfarrer der Bundeswehr im Kosovo. Ich habe gesehen, was für ein Leid Waffen und kriegführende Menschen angerichtet haben. Ich habe aber auch gesehen, wie durch die Präsenz von Waffen der Krieg beendet wurde. Ich habe lernen müssen, dass man in einigen Teilen der Welt als Gesprächspartner nur ernst genommen wird, wenn man eine Waffe hat. Und als Pfarrer hatte ich wiederum Gesprächsmöglichkeiten, weil ich eben keine Waffe trug. In jedem Fall wird der Traum vom weltweiten Frieden nicht Realität, wenn man einfache Lösungen vorschlägt.

Jesaja weiß das:
Sein Bild vom Frieden entsteht nicht in der Gegenwart, sondern in den letzten Tagen. Das ist kein Vertrösten, sondern ein Trösten und Mutmachen für alle, die die Nase voll haben vom ständigen Gefasel, dass man eben nur mit Waffen frei sein könne. Die ohnmächtig zusehen müssen, wie die Menschheit anscheinend nichts Neues lernt.

Jesaja sieht den Tag kommen, an dem alle Heiden zum Tempel nach Jerusalem kommen werden und viele Völker werden sagen: Kommt lasst uns hinaufgehen zum Berg des Herrn, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen!
Das Bild des Jesaja ist ein Bild des Glaubens an Gott: Glauben heißt Hoffen und Vertrauen. Können Menschen so umdenken? Auf Gewalt verzichten und das Miteinander suchen? 

Ja, dafür gibt es Beispiele: ich möchte z. Bsp. aus einem vereinten und friedlichem Europa nicht heraus. Die Bürokratie ist mir zehnmal lieber, als auch nur einer der Kriege, die Europa so viele Male auseinandergerissen haben. 

Ich bewundere die jungen Amerikaner, die es nach den vielen Massakern wagen, gegen die scheinbar allmächtige Waffenlobby aufzustehen. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele dort tatsächlich lieber ohne Waffen leben wollen und anderen wegen mehr vertrauen.

Ich denke an Taize. Der Bauernhof an dem Roger Schutz im Krieg verletzte französische und deutsche Soldaten entlang der Front versorgt hat. Nun ist der Ort zum Zentrum der Begegnung für alle Völker geworden ist. Es sind nur kleine Lichter, die aber doch zeigen, was möglich ist.

Wie Jesaja sollten wir nicht Träume begraben, sondern von den Beispielen erzählen, wo der Traum vom Frieden gelingt. Friedensbotschaften statt Hassbotschaften!

Jesaja weiß, dass Gott keinen Krieg will. Auch wenn es in der Bibel oft kriegerisch zugeht und manche Grausamkeit in Gottes Namen geschieht: Es gibt keinen Heiligen Krieg und Nichts, was Krieg und Waffengebrauch heiligt und religiös rechtfertigt! Die Bibel erzählt vor allem dieses: Irgendwann erkennen die Menschen, dass nur ein friedvolles Zusammenleben Zukunft hat. Und sie wissen, dass Gott ihnen Schuld vergeben kann und sie in seiner Liebe neu und friedlich aufatmen sollen. 

Eigenartig, dass die Bibel  für diese Friedens-Utopie doch einen Ort hat: Jerusalem! Ausgerechnet Jerusalem! Nicht nur die Hauptstadt Israels. Jerusalem ist auch die Hauptstadt derjenigen, die alles für sich alleine beanspruchen: Völker und Religionen, Fundamentalisten und Entrückte; es gibt, diejenigen, die Israel als Ort der ständigen Gewalt kritisieren und diejenigen, die Israel kritiklos als Heiligen Boden verehren. Jerusalem ist chaotisch, weil alle auf ihrem selbsternannten Recht beharren. Jerusalem ist deshalb liebenswürdig, weil alle die Stadt trotzdem als Ort des Friedens suchen: Je-ru-Schalajim. 

Wer Recht behalten will, wird scheitern. Und wer über andere urteilt, wird verlieren. Auch das gehört ja zum heutigen Predigttext: „Gott wird unter den Nationen richten und zurechtweisen viele Völker.“ Und sofort fallen mir alle möglichen Personen und Nationen ein, die das Urteil treffen wird. Aber genau so soll es ja nicht sein. Gott wird richten und nicht wir Menschen. 
Und nur wenn wir das demütig anerkennen, dann werden wir friedlich miteinander zum Berg des Herrn wandeln. Nur dann werden wir merken, dass wir auf der Erde viel mehr Pflüge brauchen als Waffen, nur dann werden wir merken, dass wir nicht mehr Krieg lernen müssen, sondern vor allem Diplomatie, um Zwistigkeiten beizulegen. Es ist anscheinend leichter Krieg zu führen, als Demut zu lernen. Wer Schwerter zu Pflugscharen umschmieden will, den wird es Schweiß kosten. Frieden gibt es nicht geschenkt. Da muss man sich auf den Weg machen.

Aber der Traum ist dann wie ein Licht, wie ein Ziel, für das zu leben sich lohnt:

Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!
Amen!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Adios!

Regenbogen-Noah und wir. kurze Predigt zu 1.Mose 8,18-9,17

Lukas 21,25-33 Gegen den Weltuntergang