1. Petrusbrief Kapitel 1,3-9 am Sonntag Quasimodogeniti

Liebe Gemeinde,
In meinem Arbeitszimmer hängt eine Fotografie: Schwarz -weiß; Meine Schwester ist darauf zu sehen und meine Oma und mein Opa, die ich leider nie kennenlernen durfte, weil sie kurz nach meiner Geburt verstorben sind. Meine größere Schwester hockt auf dem Schoß von Opa und ich auf dem von meiner Oma. Ich habe ein weißes Kleid an: Ein Taufkleid. Aufgenommen ist das Foto bei uns zu Hause im Wohnzimmer. Anscheinend bin ich zu Hause getauft worden. Ich kann mich nicht erinnern. Ich war zu klein.
Es könnte sein, dass das Foto am ersten Sonntag nach Ostern aufgenommen worden ist: Quasimodogeniti. Wie die Neugeborenen!Heißt das übersetzt. Früher war das der traditionelle Taufsonntag.
Ich finde es gut, dass ich als Kind getauft worden bin. Ich kann mich gar nicht erinnern, einmal ohne Kirche gelebt zu haben.. Kindergarten, Kindergottesdienst, Konfirmation, kirchliche Jugendgruppen und dann die Idee, selber Kirche gestalten zu können als Pfarrer. Ich bin in die Kirche und den Glauben hineingewachsen. Das Wort „Wiedergeburt“ ist mir daher eher fremd.
Für die ersten Christen war das offenbar anders. Es gab ein Leben vor der Taufe, ohne Kenntnis von Jesus Christus und ohne die Zugehörigkeit zur Kirche. Das Bekenntnis zum christlichen Glauben veränderte das Leben so, dass der 1. Petrusbrief dafür das Wort „Wiedergeburt“ benutzt. 
Wir erfahren heute auch, was so faszinierend am christlichen Glauben ist, dass Menschen sich wiedergeboren fühlen und sich taufen lassen: Das Ziel des Glaubens ist der Seelen Seligkeit, da gibt es ein unvergängliches Erbe im Himmel, und Christen werden sich einmal freuen in unaussprechlicher Freude.

Aber mal ehrlich: Das klingt doch schwammig und nach einem Trost nach diesem irdischen Leben. Ich glaube heute sind solche Versprechungen für die wenigsten Menschen attraktiv.

Offenbar hatten auch die Adressaten des 1.Petrusbriefes nicht nur österliches Halleluja im Mund sondern Zweifel und Sorgen. Sie wurden als Christen ausgegrenzt und wohl auch von den Behörden verfolgt. Eine kleine Zeit voll Traurigkeit und Anfechtung würde das sein, schreibt der 1. Petrusbrief.

2000 Jahre später können wir nicht mehr von einer kleinen Zeit der Anfechtung im Glauben reden. In Sri Lanka sind Ostern Kirchen angegriffen worden. Christen leiden oft immer noch unter Ausgrenzung und Verfolgung. Und wir leiden mit, wenn uns schreckliche Nachrichten erreichen. Der Mord an der deutschen Mutter und ihrem Sohn in der vergangenen Woche hier in Adeje lässt uns als deutsche Gemeinde mitleiden. 

Was also lässt uns trotzdem Gott loben?
Der Bibeltext ist eine hartnäckige Erinnerung:
Gott hat uns aus Barmherzigkeit wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

Christen sollen eine lebendige Hoffnung sein. Wie kann das konkret aussehen?

Ich bin gestern den ganzen Tag von Journalisten angerufen und zum Teil auch besucht worden mit Kamerateams von TV Sendern. Irgendwo wurde die Falschnachricht in die Welt gesetzt, wir als deutsche Kirchengemeinde hätten den bei der Familientragödie von Adeje überlebenden kleinen Jungen aufgenommen. Richtig ist, dass ich den Behörden Hilfe angeboten habe. Falsch ist, dass sich die Behörden nun auch an uns gewendet hätten. So nervig das auch war, so bemerkenswert ist, dass alle Medien davon ausgegangen sind: Christen und ihre Kirche sind eine lebendige Hoffnung in solchen Situationen.

Ein anderes Beispiel habe ich gerade vor ein paar Tagen von jemandem gehört und es beinahe genauso auch schon selbst erlebt: Ein Mann fragt seinen Kollegen, was er denn so außer-beruflich macht. Die Antwort: ich arbeite bei der Kirche mit. Erst gibt es betretenes Schweigen, so als ob man nicht ganz von dieser Welt sei, wenn man sich als Christ outet. Später erzählt der Kollege von seinen privaten Sorgen und Nöten, wie er es offenbar vorher noch nie getan hat. Auch da wird offenbar: Christen und ihre Kirche sind eine lebendige Hoffnung in solchen Situationen.

Leider gibt es auch immer wieder Erfahrungen wie gerade die lebendige Hoffnung in Christen und ihre Kirche enttäuscht wurden. Die Mißbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen  sind eine solche Enttäuschung; aber auch langweilige Gottesdienste oder dogmatische Phrasen, mit denen Pfarrer und Pfarrerinnen auf konkrete Fragen meinen antworten zu müssen. Das schmerzt dann besonders.

Unser Predigtwort erinnert daran, dass wir keine lebendige Hoffnung durch unsere Taten oder unser Lassen sind. Leben-dige Hoffnung sind wir, weil Gott uns durch seine Barmherzig-keit trotz aller menschlichen Mängel immer wieder wiederge-boren sein lässt. Die Auferstehung des Lebens durch Jesus Christus siegt über alle Kreuze dieser Welt. Das ist uns in der Taufe einmal zugesagt worden!

Mein Tauffoto von damals ist schwarz weiß. Lebendige Hoff-nung aber hat Farbe und lässt sich nicht mit einem Foto fest-halten. Lebendige Hoffnung ist da, wo Menschen sich begeg-nen; wo zugehört oder nachgefragt wird; wo vergeben und Mut zugesprochen wird. Wo nach Auswegen aus Nöten ge-sucht wird. Wo die Aussicht auf herrliche Freude und der Seelen Seligkeit besteht. Der Glaube an den auferstandenen Christus gibt die Möglichkeit dazu! Amen.

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