Gott spricht: Meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit 2.Kor.12,1-10


Liebe Gemeinde,

kennen sie den?
Wetteifern drei Jungs, wer den schnellsten Vater hat. Der erste sagt: „Meiner ist Jetpilot bei der Lufthansa; der fliegt in acht Stunden von New York nach Frankfurt.“ Darauf der zweite: „Meiner ist schneller. Der ist Pilot bei der Bundeswehr und fliegt in vier Stunden von Hamburg ans Nordkap und zurück.“ Darauf der dritte: „Meiner ist noch schneller. Der ist Beamter, der hat um vier Feierabend und ist schon um zwei daheim!“

Sie kennen sie, diese Witze, in denen einer besser sein will als der andere, in denen einer mehr vorzuweisen hat, stärker, besser, schöner, erfolgreicher ist als alle anderen.  - Nur in der Wirklichkeit ist das manchmal nicht witzig! In der Schule wäre ich vielleicht auch mal der Schlauste, der Lustigste, der Sportlichste gewesen. Und im Nachhinein ist es einfach nur krampfhaft gewesen, wie wir Jungen uns versucht haben zu übertrumpfen, um bei den Mädchen Anerkennung zu bekommen. Und wir haben gelitten, wenn wir dabei verloren haben.

Es ist nicht witzig, wenn man bei Bewerbungen nicht an der Gesamtheit der  Qualitäten, sondern an den Schulnoten, dem Doktortitel oder dem Empfehlungsschreiben bewertet wird.

Es ist nicht witzig, wenn man mit Leuten zusammen ist, die immer betonen, was sie schon alles geleistet haben, was sie alles für Erfahrungen haben, wieviele Leute ihre Arbeit bewundern.

Paulus macht diese Erfahrungen auch. Und er macht diese Erfahrungen in der Kirche. In seiner Gemeinde in Korinth, die er versucht hat aufzubauen. In seiner Abwesenheit ziehen sie über Paulus her: Der ist ja krank, kann der überhaupt predigen? Was für Erfolge hat Paulus schon vorzuweisen? Seht uns an, wir sind erfolgreich! Was für ein Gotteserlebnis soll das von Paulus gewesen sein? Wir kennen Gott als den Starken, den Allmächtigen. Paulus erlebt, wie sich einige stark machen. Wie sie sich und die Gemeinde damit von der Botschaft Jesu entfernen. Und das ist nicht witzig, auch wenn Paulus im 11 und 12. Kapitel des zweiten Korintherbriefes sich über seine Gegner lustig macht.

Hören wir den Predigttext für den heutigen Sonntag
2.Kor.12,1-10

Paulus leidet an seiner Gemeinde und er leidet an seinen Widersachern, die ihm das Leben schwer machen. Es ist nicht schön, die eigenen Schwächen zu spüren. „Pfahl im Fleisch“ nennt Paulus das. Er leidet körperlich und seelisch.Teuflisch sei das, sagt er. Und dreimal hat er schon darum gebetet, dass sein ganzes teuflisches Leiden aufhören möge.

Aber sein Gebet hatte nicht die erhofften Folgen. Doch statt zu verzweifeln, zu fliehen oder aufzugeben, findet Paulus Trost im Glauben und in diesem Trost neue Stärke in der Schwachheit:

Gott spricht: „Lass Dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit.“

Nicht die radikale Kehrtwende der Befindlichkeiten, sondern Gottes Zuwendung macht die Schwachheit erträglich; macht frei, immer glänzen zu müssen; lässt Mut wachsen, wo vorher leere Öde war: Paulus schreibt:

„Ich bin guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“
Aus der vermeintlichen Lachnummer mit Namen Paulus wird ein Vorbild. Erstrebenswert sind nicht die Erfolge, das Lechzen nach Anerkennung durch die Menge, sondern das Genügen im Glauben an Gottes Nähe. Ich weiß, dass wir Menschen immer auch Anerkennung brauchen. Ein Schauspieler, der keinen Applaus bekommt, hat irgendwann keine Lust mehr aufzutreten. Andererseits ist es furchtbar anstrengend immer nach Applaus zu streben. Ja, es kann dazu führen, dass man die eigene Persönlichkeit verliert, wenn man nur noch das tut, was vermeintlich Erfolg und Beifall verspricht.

Paulus wird deshalb zum Vorbild, weil er stark im Glauben ist. Das Wort vom Kreuz ist für ihn nicht ein bedauerlicher Unfall in der Geschichte, sondern äußerstes Zeichen dafür, dass Gott auch in der größten Leidensgeschichte nahe ist.

Die Menschen in Korinth taten sich schwer, das zu verstehen. Erfolg ist das Rezept der Welt und die Niederlage des Gegners notwendig für den eigenen Triumph. Auch heute gilt: Den „Pfahl im eigenen Fleisch“ muss man doch herausziehen! - Paulus lernt dagegen: wenn man selber Leiden annimmt, dann kann man auch das Leiden anderer verstehen. Und wenn nicht mehr der Stärkere das Sagen hat, wenn es nicht nur um „Ich zuerst“ geht, wenn wir nicht darauf beharren, dass zum Sieg auch die Niederlage eines Gegners gehört, dann gewinnen wir durch den Glauben an Gott Stärke in der Schwäche. Dann kann die Umkehrung der Werte die Welt wohltuend verändern.
Paulus möchte, dass in der Kirche diese anderen Wertvorstellungen in Verkündigung und kirchlicher Gestaltung erkennbar sind. Wir wissen, dass unsere Kirchen immer wieder an diese Aufgabe erinnert werden müssen.
Paulus erinnert daran, Martin Luther auch und:
Heute am 4.Februar ist der Geburtstag von Dietrich Bonhoeffer. Die meisten kennen ihn vom Lied: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ im 6/8 Takt. Noch viele Jahre nach seiner Ermordung 1945  hatte Bonhoeffer auch in der Kirche keinen guten Ruf. Seine Theologie war zu „religionslos“. In einer Predigt aus dem Jahre 1934 über eben diesen Predigttext sagt er: (D. Bonhoeffer, Predigten…Bd.1, München 1984, S.438ff)

Es gibt viele Versuche zwischen Stärke und Schwäche zu vermitteln. Die Gefährlichste ist die Mildtätigkeit, denn sie sieht in der Schwäche die „Unvollkommenheit“. „Hier muss das Christentum widersprechen.“ „ Das christliche Verhältnis zwischen dem Starken und dem Schwachen ist, dass der Starke zu dem Schwachen aufsehen und niemals herunterschauen soll.“ „So bedeutet das Christentum eine Abwertung aller menschlichen Werte und die Errichtung einer neuen Ordnung der Werte im Angesicht Christi.“
Und: „Wo immer Gott erscheint, hat er wiederum durch Menschen zu leiden. (…) Wo immer ein Mensch in körperlicher (…) sozialer oder moralischer oder religiöser Schwachheit sein Dasein mit Gott (..) entdeckt, dort hat er Anteil an Gottes Leben; dort spürt er, dass Gott mit ihm ist.“

Bonhoeffer denkt durch diesen Paulustext eine viel kritischere Kirche, keine angepasste. Haben die Korinther, haben wir das verstanden? Haben die Lauten alleine das Sagen oder wird auch das Leise gehört? Hat die vermeintliche Mehrheit immer Recht oder vielleicht doch die Minderheit? Muss alles immer bleiben oder haben neue Pflanzen auch eine Chance? Wo ist Applaus und wo ehrliche Anerkennung?  Man muss Schwäche nicht schön reden. Und doch sind Christen durch das Kreuz zum Glauben gekommen und am Glauben geblieben. Gott ist in der Welt. Aber die Welt ist nicht Gott. Das müssen Christen offenbar immer wieder unterscheiden lernen. Paulus schließt seinen Brief: 2.Kor.13,11-13


Zuletzt liebe Brüder und Schwestern, freut Euch, lasst Euch zurechtbringen, lasst Euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit Euch sein. Grüßt Euch untereinander (…) Die Gnade unseres Herren Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen! Amen!

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