Offb.1,9-20 Sonntag 21.Januar 2018


Offenbarung 1,9-20

Liebe Gemeinde,

„Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm!“ So beteten meine Eltern mit mir abends vor dem Schlafengehen. Dieser Himmel war für mich nicht blau, sondern weiß wie eine Wolke. Und auf der Wolke war Gott. Ein weißer Mann. Gott im Himmel war gütig und milde lächelnd. Andererseits sah Gott alles. Diese Vorstellung von Gott war gut aber manchmal auch sehr eng und unangenehm.
Ich wurde älter und der Blick auf die Welt war weiter. Fragen taten sich auf. Warum gibt es Unrecht? Warum Krieg? Der Himmel entfernte sich. Das Weiß des Himmels bekam Risse. Wo ist Gott? Und wie ist Gott? Es fiel mir nicht mehr so leicht zum „lieben“ Gott zu beten. Vielleicht ist Gott gar nicht lieb, sondern auch zornig? - dachte ich. Oder unheimlich? Oder so schwach, dass es klug sein könnte, vor allem dem nach zu laufen, was alle machen? Mit wenig oder gar keiner Rücksicht auf das, was uns die Bibel an christlichem Verhalten lehrt! Hauptsache ich komme gut durch das Leben.

Wie und wo ist Gott? Was bedeutet er in unserem Leben? Darum geht es in der Offenbarung des Johannes. Wir haben eben gehört, dass Johannes auf die griechische Insel Patmos verbannt wurde. In Ephesus in der heutigen Türkei hatte Johannes von Jesus erzählt. Der römische Kaiser Domitian forderte bedingungslose Gefolgschaft und ließ sich als Gott und Mensch gleichzeitig verehren. Johannes hielt dagegen: Die mächtigste Stimme hat doch immer noch Gott. Daraufhin also deportierten die Behörden Johannes nach Patmos, eine Tagesreise mit dem Schiff entfernt.

Die Christen in vielen Gemeinden, die Offenbarung nennt sieben davon mit Namen, waren offenbar tief verunsichert, durch die Drohungen des Kaisers! An Gott zu glauben, bedeutet ja auch sein Leben an Jesus auszurichten. Was aber, wenn das gefährlich wurde? Die Gewalt des Kaisers war spürbar, das Reich Gottes erst einmal nicht. Wie ist Gott und wo ist Gott?  Ist Gott lieb, gnädig, nahe oder grausam oder schwach oder fern? Alle Gottesvorstellungen wurden schwammig. Klar war nur, dass es gefährlich war, Christus als den Herrn über Leben und Tod zu bekennen. Der Kaiser hatte die entscheidende Macht. Und wer nicht auf die Stimme des Kaisers achtete, musste mit Verbannung oder gar dem Tod rechnen.

An diese Christen also schreibt Johannes: „Ich, euer Bruder und Mitgenosse in der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus!“
Am Tag des Herrn, also am Sonntag, am Tag des Gottesdienstes, erfährt Johannes wie und wo Gott ist:

Zunächst hört Johannes Gott mit einer mächtige Stimme. Eine Stimme, die mindestens so kräftig ist wie die des Kaisers! Oder wie die vielen anderen Stimmen, die uns einreden wollen, dieses sei zu tun oder jenes unbedingt zu unterlassen. Wir haben keinen despotischen Kaiser mehr, Gott sei Dank. Aber viele Christen leiden auch heute unter den Machthabern, denen der Machterhalt wichtiger ist als ein Miteinander oder die Religionsfreiheit. Wir wissen, dass in islamischen Ländern Christen bedroht werden.  Kopten in Ägypten gehören dazu wie auch die Christen in der Türkei. Davon berichtet sogar die Tagesschau. Verfolgte Christen gehören zur Realität genauso wie die Stimmen, die uns täglich einlullen, weil sie „alles aber günstig!“ haben. Die Offenbarung blendet die dunklen Seiten im Leben nicht aus.

Johannes macht die Augen und Ohren nicht zu. Er dreht sich um und sieht sieben Leuchter. Er hört, dass diese Leuchter seine Heimatgemeinden in Kleinasien seien. Und inmitten dieser Heimatgemeinden ist der Menschensohn, also Jesus Christus zu sehen. Weiß, wie die Vorstellung aus meinen Kindheitstagen; aber auch mit feurigen Augen, wie jemand der um seine Sache eifert und voll Energie ist. Im Mund ein zweischneidiges Schwert. Da kann nicht alles lieb sein. Und vor allem nicht alles beliebig. Ein Schwert spricht eine deutliche Sprache. Und doch hat der Menschensohn ein leuchtendes Angesicht. So hell wie die Sonne schreibt Johannes, oder wie das Licht von dem die erzählen, die schon einmal dem Tod sehr nahe waren und Hoffnung oder Trost gespürt haben, anstatt Angst und Furcht.

Im Gegensatz zu den mächtigen Stimmen der Despoten, die sich gerne selber und alleine im Licht sehen, im Gegensatz auch zu einem Gott, der fern im Himmel ist, berührt Gott Johannes. Er spürt die rechte Hand Gottes auf seiner Schulter. Die mächtige Stimme bekommt etwas Zärtliches, Tröstendes und Ermutigendes: Fürchte Dich nicht! Ich bin der Erste und der Lebendige. Ich war tot und siehe ich bin lebendig bis in alle Ewigkeit. Ich habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. Aufatmen! Einer ist da, der mein und Dein Leben sieht, dem unsere Fragen nicht egal sind.

Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm! Es könnte ja auch anders kommen. Wir machen uns etwas vor, wenn wir uns behaglich einrichten und denken, es wird immer alles gut! - Es könnte die Hölle werden, wenn das Klima sich weiter erwärmt, wenn der Meeresspiegel ansteigt, Stürme immer häufiger werden und der Regen auf Teneriffa Süd weiter ausbleibt! Es gibt weniger Flüchtlinge in Deutschland, aber es gibt nicht weniger Flüchtende auf der Welt. Es wird nicht alles von alleine himmlisch. Es gibt vieles, was wir gerade im Urlaub nicht wahrnehmen möchten und doch müsste man völlig blind sein, wenn man nicht erkennt, dass „immer billig“ und „immer mehr“ nicht geht. Auch von Teneriffa ist nur billig und viel nicht zu verkraften. Der WDR berichtete darüber, dass Wohnraum für die Einheimischen so unerschwinglich geworden ist, dass manche kanarischen Einwohner im Auto schlafen. Da können wir nur bedingt etwas daran ändern. Aber es zeigt uns doch, dass Himmel und Hölle manchmal sehr nahe beieinander liegen können.

Es ist aber auch unverantwortlich, wenn man meint, dass alles den Bach runter geht, dass die Endzeit da wäre, dass man ausgeliefert sei und nichts machen könnte. Eigenartig, dass gerade im reichen Deutschland, wo es - so berichtet die Bundesbank - soviel Vermögen wie noch nie gibt, Menschen von Angst vor Ausländern oder Windrädern oder was auch immer so besessen sind, dass eine Meldung in den sozialen Medien ausreicht, um weltweite Verwirrung zu stiften. Ein bisschen mehr Gottvertrauen könnte da nicht schaden!

Der Ort ehrlich von Gott zu erzählen, ein Stück Himmel auf Erden zu spüren - so schreibt Johannes - ist der Gottesdienst der Gemeinden am Sonntag, dem Tag des Herrn. Hier trösten wir uns und hier ermahnen wir uns. Hier vergewissern wir uns, dass wir kein unbedeutendes Licht in dieser Welt sind, sondern auch am entferntesten Ort wie Leuchter Licht verbreiten. Wir Christen können, dürfen und sollen von Gottes Liebe erzählen, genauso wie davon, dass der Weg nicht zum Himmel führt, wenn jeder tut oder lässt, was ihm oder ihr gerade passt. Wir können und dürfen das, weil Christus der Menschensohn inmitten dieser Leuchter steht. Wo zwei oder drei in Jesu Namen versammelt sind, da ist er mitten unter ihnen.

Unsere Kirchen mögen kleiner werden, nicht nur an der Zahl der Mitglieder, sondern auch an Einflussmöglichkeiten. Wir sind nur eine Stimme im Konzert der Religionen. Umso wichtiger ist es, in diesem Konzert mitzuspielen. Wir haben gerade am vergangenen Mittwoch abend in El Medano einen ökumenischen Gottesdienst zur Einheit der Kirchen gefeiert. Katholiken, Anglikaner, die finnische Kirche und wir als Lutheraner deutscher Sprache. Es ist wichtig finde ich, dass wir gemeinsam auftreten. Ökumene darf nicht das Hobby von Pfarrern und Theologen sein. Johannes berichtet in der Offenbarung, wie unterschiedlich die christlichen Gemeinschaften sind und doch steht der eine im Mittelpunkt: Jesus Christus. Verpassen wir die ökumenische Chance nicht, zu der die Offenbarung des Johannes uns einlädt. Unser Licht gehört auf den Leuchter und nicht unter den Scheffel.

Johannes ermahnt die Gemeinden genauso wie jeden einzelnen Christen oder jede Christin aktiv zu sein. Christen haben eine Stimme in dieser Welt. Ohne diese Stimme würde die Welt liebloser und orientierungsloser werden. Das wäre nicht der Himmel, das wäre eher die Hölle!


Trotz aller Irrwege und Verfehlungen, die Christen und die Kirche begangen haben, sollen wir weiterhin in der Welt Licht und Hoffnung verbreiten. Fürchtet Euch nicht, hört Johannes die Stimme Gottes. Und er sieht bei den sieben Leuchtern sieben Sterne. Er erfährt, dass diese Sterne Engel sind, die in der Hand Gottes stehen. Für jeden Leuchter einen Engel. Für jede Kirchengemeinde einen Engel. Für jeden von Euch und für mich ein Stück Himmel auf dieser Erde. Da ist Gott und so ist Gott. Dem Himmel sei Dank! Amen!

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